CSU-Ergebnis:"Kann mir nicht vorstellen, dass das ohne Konsequenzen bleibt"

CSU-Ergebnis: Nach einem Abstecher in den Landtag stößt Thomas Huber zu seinen Parteifreunden in Oberndorf: Zuspruch bekommt er von Christa Stewens, Walentina Dahms und Susanne Linhart (von links).

Nach einem Abstecher in den Landtag stößt Thomas Huber zu seinen Parteifreunden in Oberndorf: Zuspruch bekommt er von Christa Stewens, Walentina Dahms und Susanne Linhart (von links).

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Grafinger CSU-Direktkandidat Thomas Huber analysiert das Ergebnis seiner Partei bei der Landtagswahl. Freude sieht anders aus.

Von Viktoria Spinrad, Ebersberg

Als um 18.24 Uhr die erste Hochrechnung kommt, macht sich Erleichterung breit in der Stube. "Immerhin", sagt ein Christsozialer und deutet auf das iPad, das den ausgefallenen Fernseher im Gasthof Huber ersetzt. Der Bildschirm zeigt einen schwarzen Balken, knapp über 35 Prozent, es würde reichen für eine Koalition mit den Freien Wählern. Sie ist nicht ausgeblieben, die Klatsche, aber die Ebersberger Christsozialen waren vorbereitet.

Klatschen tun sie dennoch, als ihr Vorzeige-Christsozialer um 19.45 Uhr den Raum betritt. Der Landtagsabgeordnete Thomas Huber schüttelt Hände, tiefe Ringe unter den Augen, seine Frau berichtet vom morgendlichen Aufstehen um fünf in der Früh, sein Wahlkampfmanager von einem Wahlkampf, an dem es seit Ende Juni jeden Tag mindestens einen Auftritt gab, "und wenn es ein Biergartentermin in Oberpframmern war", sagt Stefan Geis.

Was stand nicht alles auf dem Spiel für die Partei, auch hier im Landkreis, der schließlich auch immer CSU-Hochburg war. Später wird feststehen, dass sich wie im gesamten Freistaat die absolute Mehrheit deutlich dezimiert hat. Fest steht im Stüberl aber zuallererst einmal, was die Demoskopen seit Wochen prognostiziert haben: Die Christsozialen haben eine Watschn erhalten. Die Ebersberger Vertreter finden klare Worte dazu. Landrat Robert Niedergesäß spricht von einem "wahnsinnig schlechten Ergebnis", auch wenn es "nicht der ganz große Gau" war.

Ebersbergs Bürgermeister Brilmayer: "Ein erwartetes Desaster"

Der Ebersberger Bürgermeister formuliert es so: "Ein erwartetes Desaster", sagt Walter Brilmayer trocken. Er sitzt in einer Sitzecke, zusammen mit seiner Frau, Kreishandwerksmeister Johann Schwaiger, der Ehrenvorsitzenden Christa Stewens. Und lässt sich Hendl und Bier trotzdem schmecken. Seine Analyse zu den Ursachen des zweitschlechtesten Ergebnisses der Partei, die man stets mit Bayern gleichsetzte: "Die Bürger können es nicht leiden, wenn um des Streites willen gestritten wird. Keiner mag Krawallbrüder."

Ähnlich sieht es Christa Stewens. Bedacht sagt sie: "Streit in der Politik ist niemals erfolgreich." Der Landrat sieht neben unnötigen Zuspitzungen und einem späten Rücktritts Seehofers vom Amt des Ministerpräsidenten auch andere Gründe dafür, dass sein Partei nun auf einen Koalitionspartner angewiesen sein wird. So hätten die Grünen Themen aufgegriffen, "die die Menschen bewegen".

Während der Jubel eben dieser Grünen darüber, erstmals zweitstärkste Kraft im Land zu sein, auf dem kleinen iPad aufleuchtet, lässt Huber dahinter die vergangenen Wochen Revue passieren. Mucksmäuschenstill wird es, als er spricht, über das "schmerzhafte Ergebnis", über Demut, das Ankämpfen gegen Stimmungen, vor Grabenkämpfen innerhalb der Partei warnt und sich bei seinem Team bedankt, mit dem er in aller Früh Brezn an den Bahnhöfen im Land verteilt hat.

Landrat Robert Niedergesäß fordert Veränderungen an der Parteispitze

Später wird feststehen, dass es für ihn wie von allen erwartet weitergeht: Wie vor fünf Jahren fährt er das Direktmandat für den Landkreis ein, wenn auch mit etwa zehn Prozent weniger als bei den vergangenen Wahlen. Doch wie geht es für die Partei nun in seiner Arbeitsstätte, dem Maximilianeum weiter? Eine Koalition mit den Freien Wählern wäre "die natürliche Koalition mit den meisten Schnittmengen", sagt er. Bezirksrätin Susanne Linhart sieht das ähnlich: Auch, wenn ihr der Parteivorsitzende Hubert Aiwanger eigentlich "zu populistisch sei", gebe es nun einmal mehr Gemeinsamkeiten als mit den Grünen.

Ist das CSU-Personal an der Landesspitze angesichts des Ergebnisses dann noch haltbar? Huber wiegt sein Bierglas in der Hand. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das völlig ohne Konsequenzen bleiben wird", sagt er. Ähnlich sieht es der Landrat. "Es wäre sinnvoll, jetzt mit Veränderungen an der Parteispitze zu reagieren, um Jüngeren Platz zu machen", meint Robert Niedergesäß.

Nach vorne guckt derweil die ehemalige Vorsitzende der Landtagsfraktion. Als alle schon in einen Nebenraum geflitzt sind, wo ein funktionierender Fernseher steht, sinniert Stewens in Jeans und Blümchensakko über eine neue Zeit der Kompromisse, die gerade in Zeiten des Populismus auch "heilsam und demokratiebelebend" sein könne - "auch für junge Leute".

Als er noch nicht sicher weiß, dass er auch Teil des neuen Kompromiss-Landtags sein wird, bekommt Thomas Huber eine Collage mit Bildern seines Wahlkampfs überreicht. In seinem müden Gesicht bilden sich jetzt Lachfältchen. Er geht etwas näher ran. "Da sind ja sogar Bilder vom Blaulichtempfang in Pfaffenhofen, wo mich die Presse rausgeschnitten hat!" Später steht fest: Rausgeschnitten aus der politischen Landschaft wird er nicht, es geht für fünf weitere Jahre ins Maximilianeum.

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