Süddeutsche Zeitung

Am Amtsgericht:Ungleiches Duell 

Sägmühlen-Besitzer gewinnt in Ebersberg zwei Prozesse

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Der Prozess war schon beendet, für den Angeklagten stand bereits der zweite Erfolg innerhalb weniger Tage fest, da richtete Richterin Vera Hörauf ihr Wort noch einmal an den Gewinner: Weil es nun schon zum wiederholten Mal zu einer Zusammenkunft wegen seines Grundstücks in ihrem Gerichtssaal gekommen sei, erteilte sie ihm einen Rat: "Vielleicht können Sie das in Zukunft besser lösen", sagte Hörauf. Vielleicht war es auch nicht nur ein Rat, sondern gar ein Wunsch.

Nicht zum ersten Mal ist es im Amtsgericht Ebersberg und auch in anderen Gerichtssälen zu einem Prozess gekommen, an dem der Besitzer der Markt Schwabener Sägmühle eine Hauptrolle spielt. Sein Gegner diesmal war ein Mann, zu dem er offenbar zwei Jahre lang in harmonischem Verhältnis stand. Allerdings litt die Harmonie zuletzt arg. Sowohl am Dienstag als auch am Donnerstag stritten sich die beiden wegen des Grundstücks am Ortsrand der Gemeinde Markt Schwaben. Diesmal ging es um das Wohnrecht des 43-jährigen Florian B., der in einem Haus des Anwesens zur Miete wohnte - und schließlich vom Eigentümer eine Räumungsklage erhielt. Es war ein ungleiches Duell.

Seit Dienstag steht fest, dass die Klage wirkungsvoll ist, das Gericht folgte dem Eigentümer der Sägmühle weitestgehend, dem Beklagten B. wurden im Zivilprozess 80 Prozent der Prozesskosten auferlegt. Am Donnerstag ging es dann um eine Strafsache, B. hatte den Eigentümer wegen Nötigung verklagt, wobei es auch hier um das Mietverhältnis der beiden ging. Genauer gesagt beschuldigte B. seinen Vermieter, ihn aus dem Anwesen - also aus dem sogenannten Grünen Haus - ausgesperrt zu haben. Der Vorwurf: Der Eigentümer habe das Schloss am Zaun des Anwesens ausgetauscht und somit den Zugang verwehrt. Richterin Hörauf stellte das Verfahren jedoch auf Kosten der Staatskasse ein.

Der Knackpunkt: Kläger B. konnte aus Sicht des Gerichts keine Beweise für seine Behauptung liefern - weswegen es für den Angeklagten und seine Anwältin nicht sonderlich kompliziert wurde. Unter den Augen seiner Eltern - sie saßen als Zuschauer mit im Gerichtssaal, sagte B. im zweiten Prozess als Zeuge aus. Er hatte Fotos mitgebracht, mit denen er das ausgetauschte Schloss beweisen wollte, der Richterin reichte dies jedoch nicht aus. Zumal, wie B. einräumte, der metallene Bauzaun dennoch überwindbar gewesen wäre, indem man an einer anderen Stelle einen Draht entfernt und den Zaun mit etwas Kraftaufwand aus dem Betonfuß heben hätte können.

B., der finanziell offenbar wenig Spielräume hat, hatte in beiden Prozessen letztlich keinen anwaltlichen Beistand mehr (seine Eltern erklärten vor dem Gerichtssaal, dass sich die Familie dies nicht mehr leisten konnte) - ein Nachteil also in einem juristischen Streit mit dem Eigentümer der Sägmühle, der schon zahlreiche Prozesse mit der Gemeinde Markt Schwaben und vielen anderen Personen im Ort oder in anderen Teilen der Bundesrepublik ausgefochten hat - wobei es selten ein so ungleicher Kampf war wie diese Woche.

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Quelle:
SZ vom 16.03.2019
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