Zornedinger Künstlerin:Sarah Hakenberg auf Sendung im Alten Kino

Sarah Hakenberg, Portrait, 2019

Heimspiel: Die Musikabarettistin Sarah Hakenberg kehrt immer wieder gerne in den Landkreis Ebersberg zurück. Nicht nur, weil ihre Eltern nach wie vor in Zorneding leben, sondern auch, weil Auftritte im Alten Kino immer etwas Besonderes sind.

(Foto: Matthias Döring)

Die Ebersberger Kleinkunstbühne präsentiert die in Zorneding aufgewachsene Musikkabarettistin in einer Online-Show mit Überraschungsgast.

Von Anja Blum, Ebersberg

Sarah Hakenberg ist positiv gespannt, vielleicht sogar ein bisschen aufgeregt. Zwar macht sie seit Jahren Kleinkunst, spielt bereits ihr viertes Programm, wurde unter anderem mit dem Deutschen Kabarettpreis und dem Münchner Ernst-Hoferichter-Preis ausgezeichnet - doch der Auftritt am Freitag, 12. März, in Ebersberg ist für die 42-Jährige doch etwas ganz Besonderes.

Nicht nur, weil er ein Heimspiel ist, und nicht nur, weil vor Ort kein Publikum anwesend sein wird, sondern vor allem, weil sich das Team des Alten Kinos für den Livestream mit Hakenberg ein ganz neues Format hat einfallen lassen: Neben einer gekürzten Version des aktuellen Programms wird es ein vorproduziertes Porträt der Künstlerin geben sowie ein Liveinterview und einen Chat mit den Zuschauern.

"Das ist also keinesfalls nur ein trauriger Abklatsch meiner normalen Abende, sondern eine eigene kleine TV-Sendung", freut sich Hakenberg. "Wahnsinn, welche Ideen das Alte Kino entwickelt!" Außerdem kündigt sie an, einen Überraschungsgast mitzubringen, eine befreundete Kollegin. Deren Name? Wird nicht verraten.

Besonders freut sich die Musikkabarettistin Hakenberg auf die Interaktion mit dem Publikum per Chat. "Es ist einfach schön, wenn man nicht in den toten Raum reinspielt, sondern wenigstens schriftlich Reaktionen bekommt, Fragen, Antworten und Applaus." Zumal im Alten Kino höchstwahrscheinlich einige der Künstlerin bekannte Gesichter online sein werden, schließlich ist Sarah Hakenberg im Landkreis Ebersberg, genauer gesagt in Zorneding, aufgewachsen. Kein Wunder also, dass ihre jüngsten Auftritte im Alten Kino allesamt ausverkauft waren.

Wo man herkommt, wo man lebt und warum - das ist übrigens auch das Thema des aktuellen Abends von Hakenberg. Nach Stationen in diversen deutschen Großstädten ist sie vor sieben Jahren der Liebe wegen nach Warburg in Ostwestfalen gezogen. Sehr weit weg von der Familie in Zorneding also. Und diesen Prozess, die neue Heimat, hat sie in ihrem Programm "Dann kam lange nichts" verarbeitet.

Das mit dem Titel kam so: "Ich habe mich mal mit einem Schweizer unterhalten, der einen Monat durch Deutschland gereist ist. Mit dem Zug ist er von Köln nach Kassel gefahren. Ich hab' ihn gefragt, wo der Zug überall gehalten hat." Er meinte: "Düsseldorf, Bochum, Dortmund - und dann kam lange nichts." Ostwestfalen eben. In der Ankündigung heißt es: "Ostwestfalen kennt niemand, außer den Ostwestfalen selbst. Es gibt einfach nichts, außer Kartoffelfesten und Reha-Kliniken - was die Sache nicht unbedingt besser macht."

Doch was sagen die neuen Nachbarn dazu, dass Hakenberg ihre neue Heimat auf die Schippe nimmt? "Ach, die empfinden das gar nicht als böse, die können toll über sich selber lachen", sagt die Kabarettistin und schiebt hinterher: "Ganz im Gegensatz zu den Bayern." Außerdem lebe sie ja ganz freiwillig und mittlerweile sogar sehr gerne in Warburg, "dieses Experiment gefällt uns immer besser". Irgendwie sei so eine eigenständig gewachsene Kleinstadt ja auch die goldene Mitte zwischen Großstadt und Land, gerade für eine junge Familie wie die ihre. "Mich erinnert das an Ebersberg oder Grafing früher, da war ich auch immer gerne."

Das Leben auf dem Land versus in der Stadt - wobei übrigens beide Modelle ihr Fett weg bekommen - ist aber nur der rote Faden des Abends, hinzu kommt ein bunter Strauß an Themen, die Hakenberg wie stets auch gerne in Liedern verpackt, von der Unsinnigkeit von Kreuzfahrten über wahnsinnig gewordene Mütter bis hin zu Nazis, die als Umzugshelfer abgeworben werden. "Auf die Zuschauer warten intelligente Bosheiten, fröhlicher Charme und unwiderstehliche Dreistigkeit - alles wie immer also, nur ein bisschen ostwestfälischer", schreibt das Alte Kino.

Das Thema Pandemie spart Sarah Hakenberg auf der Bühne bewusst aus. "Ich finde, das ist momentan wirklich überpräsent, deswegen spiele ich ein corona-freies Programm", sagt die 42-Jährige. Aber haben die Zwangspausen im Kulturbetrieb nicht gerade Künstlerinnen und Künstlern wie ihr extrem geschadet? "Ach, mir persönlich ist es erstaunlich gut gegangen, viele andere hat es viel schlimmer getroffen."

Denn einerseits seien die staatlichen Hilfen tatsächlich bei ihr angekommen - "ohne Urlaub und Restaurant reicht es" - außerdem habe das Berufsverbot in ihrem Fall auch Vorteile gehabt: "Endlich mal viel Zeit mit den Kindern - und keine Bettwanzen aus dem Hotel", sagt Hakenberg und lacht. Und auch das Timing mit dem neuen Programm habe bei ihr gestimmt: Die Premiere im Münchner Lustspielhaus hat im Oktober 2019 stattgefunden, und "danach konnte ich es bei vielen Auftritten noch sehr gut einspielen".

Besonders gerne gastiert Hakenberg übrigens in der Schweiz, denn das dortige Publikum teile ihren Humor: "nicht unter der Gürtellinie, aber sehr gerne böse, schwarz und subtil". Zudem sei die Kleinkunstszene dort besonders bunt. "Da falle ich überhaupt nicht auf, sondern bin eher die Angepasste."

Mit Online-Kunst hingegen tat sich Sarah Hakenberg zunächst schwer. Zu Beginn der Pandemie habe es so viele schlechte Videos aus irgendwelchen Wohnzimmern gegeben - "da war meine erste Reaktion: Das mache ich nicht. Ich verschleudere doch nicht meine Kunst!" Mittlerweile aber habe sich ja vieles verändert, von der neuen Gewohnheit, nicht zum Publikum, sondern unbefangen in eine Kamera zu sprechen, über die Aufnahmetechnik bis hin zu den Bezahlsystemen. Das Alte Kino zum Beispiel ermöglicht es seinen Gästen, beim Livestream selbst ihren Ticketpreis zu bestimmen. "Das finde ich total schön", schwärmt Sarah Hakenberg. Noch ein Grund also, gerne in Ebersberg zu spielen.

Sarah Hakenberg "Dann kam lange nichts" im Alten Kino. Der Livestream am Freitag, 12. März, beginnt um 20.30 Uhr auf https://live.alteskino.de. Die Plattform geht um 20.15 Uhr online. Tickets und Infos unter http://kultur-in-ebersberg.de/

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