Das Wohnmobil bleibt mitten auf der Straße stehen. Und dann passiert erst einmal ein paar Sekunden lang: nichts. Auf einmal ertönt ein durchdringender Hupton – der Fahrer hat wohl erst jetzt das Plakat gelesen, das einer der Demonstranten am Fahrbahnrand hochhält: „Hupen gegen die AfD“. Gelächter, Jubel, Applaus – der bärtige Wohnmobilchauffeur fährt winkend davon. Zurück bleiben die Protestierenden am Straßenrand – etwa 70 werden es am Ende sein. Sie wollen an diesem wunderbaren Sommerabend Flagge zeigen für Demokratie und Vielfalt und gegen die extreme Rechte. Anlass ist eine Veranstaltung des AfD-Kreisverbands, die an diesem Abend im Landgasthof Bruckhof angekündigt ist.

Es ist am Freitag nicht das erste Mal, dass sich die Rechtspopulisten in der kleinen Gemeinde „im besten Landgasthof im Landkreis Ebersberg“ treffen, wie die AfD es selbst auf der Plattform X geschrieben hat. Aber das erste Mal, dass so viele Menschen dagegen auf die Straße gehen. Als eine der Ersten kommt Gisela Schilling aus Grafing zur Gegendemo. „Schützt unsere Kinder vor Rechts-Radikalen der AfD“ steht auf ihrem Schild, das sie dabeihat. Sie war schon auf vielen Demos, erzählt sie, in Aßling sei sie fast allein dagestanden. Es sei ihr ein Bedürfnis, Flagge zu zeigen: „Ich will nicht, dass meine drei Enkelkinder im Geiste der AfD aufwachsen.“
Doch auch viele junge Menschen stehen zusammen, etwa Dennis aus Vaterstetten, im Kilt, blonde Strähnen fallen ihm ins Gesicht. „Mir bedeutet das Thema sehr viel, ich möchte mich dafür einsetzen, dass sich eine Partei wie die AfD im Landkreis nicht festsetzen kann“, erzählt er. Wenig später steigt er auf die Metallkiste, die als improvisierte Rednertribüne dient, und sagt etwas Ähnliches auch noch ins Megafon.


Zuvor hatte eine junge Frau, die 18-jährige Versammlungsleiterin Kristina, sich auf die Kiste gestellt, etwas nervös, aber mit deutlichen Worten. „Ihr seid nicht für das verantwortlich, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon“, zitiert sie den Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer, und beschreibt dann ihre Liebe für Emmering, für die Landschaft, für die Menschen, für den Zusammenhalt in den Vereinen. Aber gerade, weil ihr Emmering so wichtig sei, könne sie eben nicht den Mund halten, sagt sie und wechselt dabei vom akzentfreien Hochdeutsch ins Bairische: Die AfD sei eine Partei, deren Politik dazu führen könne, dass sich die Geschichte eben doch wiederhole.
Ein Beispiel der AfD-Rhetorik führt Benedikt Mayer, Grünen-Kreisrat und Emmeringer, vor Augen: „Wir müssen den Karnickeln in den Parlamenten den verdienten Nackenschlag versetzen“, das hatte der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende im Landtag einmal über die politischen Gegner gesagt. „Ein Aufruf zur Gewalt“, so Mayer, „kann nie eine Lösung sein.“ Deshalb müsse man immer wieder aufstehen und seine Stimme erheben.
Mehr als eine Stunde lang wechseln sich Reden und Musik auf dem schmalen Gehsteig-Streifen schräg gegenüber vom Landgasthof ab. Vom gut besuchten Biergarten – es gibt Spareribs als Spezialität – lugen immer wieder Besucher auf die andere Straßenseite. Auf die Frage, ob sie gleich die andere Veranstaltung, die der AfD, besuchen wollen, winken sie ab: „Wir gehen auf gar keine Veranstaltung, wir sind hier nur im Biergarten.“ Marthe Balzer von „Bunt statt Braun“, die die Demo mitorganisiert hat, ist am Ende hochzufrieden. Für 20 Menschen habe man die Veranstaltung angemeldet, am Ende waren es mehr als dreimal so viele: „Das ist der Hammer!“