Ärger um 11-Millionen-Projekt:Licht und Luft

Entwurf Anbau Grundschule Grafing Blick von Norden Dachterrasse

So soll die Grafinger Grundschule nach der Sanierung einmal aussehen. Die neue Dachterrasse ist strenggenommen ein Teil des Pausenhofes - manche im Stadtrat sehen das jedoch anders. Simulation: Stadt Grafing/Privat

Im Grafinger Stadtrat hält sich hartnäckig das Gerücht, die Grundschule bekomme im Zuge ihrer Sanierung eine Luxus-Dachterrasse. Dabei ist alles ganz anders, sagen Rektorin Christiane Goldschmitt-Behmer und Bürgermeisterin Angelika Obermayr

Von Thorsten Rienth, Grafing

Für mehr als elf Millionen Euro erweitert Grafing gerade seine Grundschule. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Pflichtaufgabe, um welche die Stadt nicht umhinkommt. Mehr Schüler brauchen nun einmal mehr Platz. Doch selbst im Stadtrat hält sich ein hartnäckiger Vorwurf: dass die Kinder eine luxuriöse Dachterrasse bekämen, die man sich im Sinne der Haushaltsdisziplin hätte sparen können. In der jüngsten Sitzung war er wieder mehrfach zu hören - und Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) sieht sich ein weiteres Mal zur öffentlichen Klarstellung gezwungen: So sei das alles nicht.

Kinder brauchten gut beleuchtete Räume, einen Fluchtweg und einen kurzen Weg nach draußen, erklärte Obermayr. "Dafür ist die Dachterrasse die einfachste und sparsamste Lösung." Weder sei die Konstruktion Luxus noch sonst irgendwie überflüssig. Die zwei zusätzlichen Fluchttreppenhäuser, die im Falle eines Steildaches hätten gebaut werden müssen, wären wesentlich aufwendiger gewesen.

Warum die Geschichte trotzdem immer wieder andersherum erzählt werde, darauf könne sie sich keinen Reim machen. "Das Thema hatten wir mehrmals im Stadtrat - da herrschte jedes Mal eine große und fraktionsübergreifende Einigkeit", betont die Rathauschefin. Tatsächlich hatte der Stadtrat die Sanierung im November 2016 mit 20:1 Stimmen beschlossen. Schon zu dieser Zeit war das Flachdach des Anbaus mit der Dachterrasse auf seiner Decke in den Plänen skizziert. Als der Schulausschuss im Jahr darauf den endgültigen Entwurf behandelte, gab es gar überhaupt keine Gegenstimme.

Womöglich fußt die Kritik auf der Annahme, dass Flachdächer weniger wirtschaftlich seien als Steildächer. Yvonne Magdon zufolge, der Planungsverantwortlichen im Grafinger Technischen Bauamt, lässt sich diese Tendenz nicht verleugnen, die Differenz sei aber überschaubar. Und etwas anderes ohnehin viel wichtiger: "So eine Planung muss man immer im Gesamtkontext sehen." Und dabei schneide das Flachdach nicht schlechter ab.

Denn ohne Flachdach auf dem Anbau wäre das bislang leer stehende Dachgeschoss des parallel verlaufenden Altbaus nicht nutzbar gewesen. Außerdem sei das Flachdach auch ökologisch sehr sinnvoll. "Ein Drittel der Fläche wird extensiv begrünt." Das filtere Feinstaub, verbessere die Wärmedämmung und schütze die Dachoberfläche vor Wind und Wetter. Mit Luxus habe das nichts zu tun. "Das ist einfach nur eine nachhaltige und zukunftsorientierte Bauweise. Man nimmt am Boden Nutzfläche weg und gibt sie praktisch auf dem Dach wieder zurück."

Aus der politischen Debatte wolle sie sich als Grünen-Stadträtin natürlich heraushalten, erklärte die neue Grundschulrektorin Christiane Goldschmitt-Behmer. "Aus pädagogischer Sicht macht das alles aber großen Sinn: Die Kinder sollen auch oben im Dachgeschoss Tageslicht bekommen und schnell draußen an der frischen Luft sein."

Dass die Schule ausgebaut werden müsse, liege vor allem an zwei Faktoren. Zum einen, weil für die kommenden Jahre ein Anstieg der Schüler von heute 450 auf dann 600 prognostiziert sei. Zum anderen, weil sich die Lernwelt ändere. "Es geht weg vom Frontalunterricht und hin zur Gruppen- und Partnerarbeit", erklärt die Rektorin. Baulich spiegele sich das im Bedarf von zusätzlichen Differenzierungsräumen wider. So könnte zum Beispiel der eine Teil der Klasse die Mathe-Plus-Förderung besuchen, während andere Schüler derweil in eine "Deutsch für Ausländer"-Stunde gingen.

Dass der Grundschulausbau im Stadtrat aus fiskalischen Gründen Unbehagen hervorruft, liegt daran, dass acht der 11,5 Millionen Euro Gesamtkosten in diesem Jahr zu bezahlen sind. Rund sieben Millionen davon muss die Stadt als Kredit aufnahmen. Eine Überraschung ist dies gleichwohl nicht. Auch diesen Posten hatte der Stadtrat in seiner langfristigen Finanzplanung stets so bewilligt.

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