Änderung im Bebauunsplan:Anzing will Spielothek verhindern

Lesezeit: 2 min

"Gegen den Charakter der Gemeinde": Anzing will einen Investor fernhalten, der eine Spielothek bauen will und ändert dazu den Bebauungsplan. Ob die Begründung ausreicht?

Lena Grundhuber

Manche nennen es eine "Landplage": Seit einigen Jahren entstehen immer mehr Spielhallen in Bayern, viele Kommunen können die Anträge der Betreiber aus rechtlichen Gründen nicht einfach ablehnen. Die kleine Gemeinde Anzing hat nun genau das versucht, und zwar auf einem naheliegenden Wege: Mit einer Änderung des Bebauungsplans, die der Gemeinderat in seiner Sitzung am vergangenen Dienstag einstimmig beschloss.

Im Juli dieses Jahres war bei der Gemeinde ein Bauantrag zum Neubau einer Spielothek im nördlichen Gewerbegebiet eingegangen. Der Antragsteller, die Projektentwicklungsfirma Schöb aus Kempten, will vier Räume mit je zwölf Geldspielgeräten errichten, mit Betriebszeiten zwischen 6 und 5 Uhr, ohne Gastronomie. Das betreffende Areal gehört nicht der Gemeinde, sondern der RS-Unternehmensgruppe, die mit der Firma Schöb nach Angaben des Geschäftsführers Richard Salzmann einen Kaufvertrag geschlossen hat, der allerdings erst wirksam wird, wenn die Genehmigung des Bauvorhabens erteilt ist.

In Anzing indes ist man wenig begeistert von der Aussicht auf eine derartige Vergnügungsstätte. "Wir als Gemeinde wollen keine Spielhalle", sagt Bürgermeister Franz Finauer (UBA). Sein Stellvertreter Peter Moossmann (CSU) sieht noch ganz andere Szenarien vor seinem geistigen Auge heraufziehen: "Da geht's nur am Anfang ums Spielen. Was danach kommt, ist gefährlicher, als wir uns das vorstellen", warnte Moossmann in der Sitzung.

Nach Rücksprache mit dem Bayerischen Gemeindetag meint die Gemeinde nun eine Möglichkeit gefunden zu haben, das Vorhaben unterbinden zu können: Die Ablehnung des Antrags ist verbunden mit einer Änderung des Bebauungsplans, der bisher keine Einschränkungen im Gewerbegebiet vorsieht. Mit der Änderung sollen "künftig Nutzungen ausgeschlossen werden können, die dem Charakter des Gewerbegebiets und der Gemeinde Anzing zuwiderlaufen. Dazu zählen insbesondere Vergnügungsstätten", so heißt es nun im Beschluss. Die endgültige Begründung soll von einem Fachanwalt formuliert werden. Damit nichts passieren kann, bis der neue Bebauungsplan in Kraft tritt, beschloss die Gemeinde außerdem eine Veränderungssperre.

"Ein ganz normaler Vorgang", sagt Franz Dirnberger, Baurechtsexperte des Bayerischen Gemeindetags. Es sei zulässig, innerhalb eines Baugebiets bestimmte Nutzungen auszuschließen; allerdings brauche die Gemeinde einen städtebaulichen Grund dafür. In ihrer Begründung argumentiert die Gemeinde folglich auch mit ihrem "ländlichen Dorfcharakter", mit dem das Gewerbegebiet harmonieren solle. Bürgermeister Finauer ist zuversichtlich: "Für eine ländliche Gemeinde ist eine Spielothek mit Sicherheit leichter zu verhindern, als für eine Stadt oder eine große Kommune." Auch Franz Dirnberger hält das Vorgehen Anzings für durchaus aussichtsreich. Wenn der Investor der Meinung sei, die Gemeinde habe sich rechtswidrig verhalten, müsse er klagen. In der Praxis scheuten die Investoren das Prozessrisiko meist und zögen lieber weiter. Spielhallen seien in letzter Zeit verstärkt Thema, sagt der Experte. "Man hat den Eindruck, in Zeiten des konjunkturellen Niedergangs haben Spielotheken Hochkonjunktur."

Tatsächlich hat sich die Zahl der Spielautomaten in Bayern seit 2000 mehr als verdoppelt, viele Kommunen versuchen, den Bau von Spielotheken zu verhindern. Die Oppositionsparteien im bayerischen Landtag, SPD und Grüne, fordern eine Steuer auf die Umsätze der Spielautomaten, die die Kommunen selbständig erheben könnten. Erst im Juni hatten die Fraktionen entsprechende Gesetzentwürfe vorgestellt. Franz Dirnberger hält Steuern nicht für das Mittel der Wahl: "Steuern sollten Einnahmequellen sein und kein ordnungspolitisches Instrument." Die Änderung des Bebauungsplans könnte Anzing jedoch noch etwas kosten. Da wären etwa die Planungskosten für den Bauantrag - und eventuell Schadensersatz für die Investoren.

© SZ vom 06.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: