Süddeutsche Zeitung

Adventstradition:Kommet doch all'

An diesem Samstag eröffnet in Ebersberg zum mittlerweile vierten Mal der Krippenweg. Bis zum Dreikönigstag sind in den Schaufenstern mehr als 60 kleine Kunstwerke zu bewundern

Von Anna Horst, Ebersberg

Läuft man dieser Tage mit aufmerksamem Blick durch Ebersberg, kann man sie in fast jedem Schaufenster entdecken: Weihnachtskrippen in den unterschiedlichsten Formen und Größen. Sie stehen dort anlässlich des vierten Ebersberger Krippenwegs, der heuer ohne den "Krippenpapst" Franz Kisters stattfindet. Viele der ausgestellten Krippen hat der ehemalige Küchenchef selbst gebaut oder gesammelt, der Krippenweg wurde von ihm ins Leben gerufen. Nach seinem Umzug hat sich ein würdiges Team, allen voran Stadtführer Thomas Warg, gefunden, welches das Projekt weiterführt. Unterstützung bekommt es auch von Martin Freundl vom Bund der Selbstständigen, der einige Ebersberger Ladenbesitzer zum Mitmachen animierte.

Eröffnet wird der Krippenweg an diesem Samstag um 15.45 Uhr vor dem Rathaus durch Bürgermeister Walter Brilmayer. Bis Anfang Januar finden Führungen immer donnerstags und samstags statt. Warg zeigt schon vorab einige Krippen in den weihnachtlichen Schaufenstern der Stadt, die größtenteils aus Kisters Fundus stammen. Etwa 60 Stück gebe es in diesem Jahr in Ebersberg zu entdecken, so Warg. "Aber die klappere ich natürlich nicht alle ab. " Die Eindrucksvollste von ihnen ist wohl die Ebersberger Stadtkrippe, die im Untergeschoss des e-Einz zu sehen ist. Entstanden ist sie in Kisters Keller, der die Krippe dann der Stadt geschenkt hat.

Mehrere Gebäude sind in dem riesigen Schaukasten im Einkaufszentrum zu sehen, davor und darin stehen allerlei Tiere, eine Schar von Verkündigungsengeln in blauem Gewand und mit rotem Federhut, die drei Weisen aus dem Morgenland tragen glitzernde Umhänge, und da in der Ecke blickt sogar der Teufel mit verzerrter Miene von einem Balkon herab. "Der Franz Kisters hat sich auch selber dargestellt", sagt Warg und deutet auf die Figur eines Jungen, der die Beine an einem Treppenabsatz baumeln lässt. Hinter ihm steht Kisters Schwester; die hat aber wohl das Gleichgewicht verloren und ist nach hinten umgekippt. "Und das, obwohl eigentlich sie immer aufpassen musste, dass nicht ihr Bruder irgendwo herunterfällt", lacht Warg.

Doch nicht alle Krippen stammen von Kisters, einige sind Privatbesitz, wie jene im Friseursalon Reif. Maria, Josef, Hirten und Co. sind dort nicht nur in den buntesten Farben, sondern auch in einer so großen Zahl vertreten, dass es "einem Wimmelbild gleicht", wie Warg sagt. Seit Eva Reif und ihr Mann im Jahr 1990 als frisch verheiratetes Paar anstatt einiger Haushaltsgegenstände Krippenfiguren kauften, wächst die Sammlung jedes Jahr um zwei Figuren. "Insgesamt dürften es jetzt schon über 50 Stück sein", sagt Reif.

Das krasse Gegenteil zur Krippe der Reifs ist die von Daniela Mauritz. "Ich hab mich sofort verliebt", sagt sie mit einem Strahlen in den Augen und nimmt stolz ihre Figürchen aus Eschenholz aus einem Karton. Sie sind schlicht gehalten, rund und fließend geformt und beinahe unbemalt. Nur hier und da blitzt eine goldene Krone oder ein silberner Engelsflügel hervor. Das entscheidende Merkmal: die Gesichter fehlen. "Das ist ein Stil, der nur wenigen und vermutlich eher jungen Leuten gefällt", sagt Mauritz.

Neben den hölzernen Figuren gibt es auch noch andere Varianten in Ebersberg zu entdecken: Da sind solche aus Ton, eine Krippe aus Papier, und auch eine aus Styropor. Im Dessousgeschäft von Claudia Wenig findet sich eine Krippenszenerie, die unter einer Baumwurzel aufgebaut ist, im Rathaus eine orientalische Krippe von Jürgen Lothmann und in der Tierarztpraxis in der Sieghardstraße hat man die Figuren in einem Geigenkasten drapiert. "Der Krippenweg zeigt auch einfach die Vielfalt, die es gibt, dadurch, dass so viele mitmachen", sagt Warg.

Schaufenster haben aber nicht nur die Geschäfte, sondern auch die Büros der Landtagsabgeordneten Thomas Huber (CSU) und Doris Rauscher (SPD). Klar, dass auch dort Krippen weihnachtliche Stimmung verbreiten. "Die Krippe vom letzten Jahr fand ich ehrlich gesagt hässlich, aber die heuer ist echt hübsch", erzählt sie. Geschmückt ist sie mit einer Lichterkette und Tannenzweigen "aus Schwiegermamas Garten", wie Rauscher mit einem Zwinkern verrät.

Die alpenländische Krippe von Kisters, die Hubers Fenster ziert, hat es sogar in eineinhalb Mal größerer Ausführung bis ins Maximilianeum geschafft: "Die habe ich letztes Jahr dort hingebracht, und jetzt wird sie immer zur Weihnachtszeit unter dem Tannenbaum dort aufgebaut", erzählt Huber. Und die kleinere Version habe er zu Hause stehen. Unterdessen zeigt Warg auf die Rückseite des Stalls, an der Fensterbänke und aufgeschichtete Holzscheite die Krippenrückseite schmücken. "Die meisten Krippen haben hinten einfach eine geschlossene Wand. Hier sieht man, mit wie viel Liebe zum Detail Kister gearbeitet hat."

Sich davon selbst ein Bild machen kann man bei der ersten Führung des Jahres, Treffpunkt ist an diesem Samstag um 15.45 Uhr vor dem Rathaus. Dann wird der Krippenweg bei musikalischer Untermalung durch den Posaunenchor und in Anwesenheit des Bürgermeisters Walter Brilmayers, Martin Freundls vom Bund der Selbstständigen, sowie des diesjährigen Christkinds eröffnet.

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Quelle:
SZ vom 01.12.2018
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