Abschied nach 33 Jahren:Zufällig zur Lebensaufgabe

Renate Schwarz-Reis (Rektorin GS Grafing)

"Man ist die erste Ansprechpartnerin nach der Mama", das gefällt Renate Schwarz-Reis an ihrem Job.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Renate Schwarz-Reis hat als Rektorin der Grafinger Grundschule viel erreicht

Von Amelie Hörger, Grafing

Ein Kind der Grundschule Grafing hat einmal gesagt: "Du bist die Frau Schwarz-Weiß und du bist die Bestimmerin." So erzählt es zumindest Rektorin Renate Schwarz-Reis im Treppenhaus der Schule, die sie bald verlassen wird. Die beiden Namen könne man schließlich auch schnell einmal verwechseln, sie trage eben auch häufig schwarz-weiße Klamotten. Heute ist das anders, die Bluse der Rektorin leuchtet in türkisem Blau. Verwechslung ausgeschlossen.

Ihren Unterrichtsstil bezeichnet die Rektorin als "konsequent, aber gerecht", doch ohne ein gewisse Disziplin geht es für sie nicht. Was sehr strukturiert klingt, spiegelt sich auch im Büro von Schwarz-Reis wider. Von der Pinnwand, welche hinter dem Schreibtisch hängt, ist kaum mehr ein Fleckchen zu erkennen, so dicht sind hier die sauber angepinnten weißen Zettel aneinandergereiht. Ordner, Drucker und Computer stehen in Reih und Glied auf dem leeren Schreibtisch. Nur ein großer Blumenstrauß in Lilatönen klaut der sonst so weißen Kulisse die Show. Den habe sie von den bereits pensionierten Lehrkräften bekommen und zwar mit den Worten: "Der Altenklub wartet!" Als die scheidende Rektorin das erzählt, lacht sie amüsiert.

Vor inzwischen 33 Jahren, im Herbst 1985, kam die jetzt 63-Jährige als Lehrerin an die Grundschule Grafing, das kann sich Schwarz-Reis leicht merken, im selben Jahr wurde auch ihr Sohn geboren. Anfangs konnte sie sich nicht vorstellen einmal die Rektorin der Schule zu sein, schließlich hatte Schwarz-Reis nicht einmal den Beruf Lehrerin auf dem Zettel, als sie sich für einen Job entscheiden musste.

"Das war mehr ein Verlegenheitsstudium", gesteht sie. Damals gab es noch nicht die heutige Aufteilung in Grundschullehramt sowie ein Studium für die jeweils weiterführenden Schulen. Stattdessen studierte sie Volksschullehramt und absolvierte ihr Referendariat zunächst in Aßling und danach in Mühldorf an einer Mittelschule. Erst danach kam sie in eine Grundschule, zurück nach Grafing, wo sie schon ihr Abitur gemacht hatte, hier seien einfach ihre Wurzeln, so Schwarz-Reis.

Durch das gekippte Fenster im Rektorinnenbüro hört man plötzlich Kinderstimmen, und Schwarz-Reis fährt fort: "Die Kleinen sind in gewisser Weise dankbarer, anhänglicher, für die ist man die erste Ansprechpartnerin nach der Mama", so beschreibt sie ihren Wechsel von der Mittel- an die Grundschule. Nur in Mathematik, das Fach, welches Schwarz-Reis am liebsten unterrichtet, schlägt ihr manchmal nicht so viel Begeisterung entgegen, aber die Abneigung kann sie verstehen. Sie habe schließlich Mathe als Schülerin auch gehasst, erzählt sie, vor allem vor dem Abitur.

Auf die Frage, wie es eigentlich dazu kam, dass sie 2001 Konrektorin der Schule geworden ist, schaut Schwarz-Reis verträumt im Raum umher, zupft ein bisschen an der Gardine herum und lächelt dann: "Ich bin in das Amt so reingeschlittert." Als die dienstälteste Vollzeitangestellte hatte sie immer schon in der Verwaltung mitgemischt, und als die Stelle frei wurde, sprach viel für die erfahrene Lehrkraft aus Bruck. Vielleicht der Lieblingsposten von Schwarz-Reis, denn "da war man auf der einen Seite an den Schülern dran", aber auf der anderen Seite hatte man eben auch "gestalterische Möglichkeiten" in der Verwaltung. Als sie dann 2011 Rektorin wurde, stand die ehemalige Konrektorin vor einigen Herausforderungen.

Hierzu zählten die Einführung eines Ganztageszuges sowie der im Gegenzug von Schwarz-Reis geforderte Um- und Ausbau des Schulgebäudes. Jede Jahrgangsstufe an der Grundschule Grafing hat inzwischen eine gebundene Ganztagsklasse. Für die Kleinen sei das schon hart, sagt Schwarz-Reis. Sie würde aber wieder für eine Einführung plädieren, wenn sie noch einmal die Zeit zurückdrehen könnte, denn für manche sei das "schon eine gute Alternative". Der Zug kann aber nur mit genügend Platz optimal realisiert werden, Platz, den die Grundschule noch nicht hat. 2020 soll der Umbau fertig sein, der Pausenhof gleicht jetzt schon einer Kieswüste. Man merkt der Rektorin ein wenig das Bedauern darüber an, dass sie nicht mehr in den neuen Räumlichkeiten unterrichten kann, aber sie verspricht: "Ich komme bestimmt mal zu Besuch."

Herausforderungen wie diese Großprojekte scheint Schwarz-Reis nicht zu fürchten, sie machten den Job spannend, erklärt sie bestimmt und fügt hinzu: "Schwierig ist gar nichts, machbar ist alles." Das klingt kämpferisch, sie gibt allerdings zu, dass die kommenden zwei Jahre aufgrund der Umbaumaßnahmen sicherlich nicht leicht für das Kollegium sowie ihre Nachfolgerin Christiane Goldschmitt-Behmer werden. Offiziell in Rente geht Schwarz-Reis Mitte Februar 2019, im August beginnt aber schon die Ausgleichsphase, und dann steht erst einmal Urlaub mit ihrem Mann an. Mit dem Wohnmobil nach Frankreich und ein Flug in die Vereinigten Arabischen Emirate. "Außerhalb der Ferienzeiten" - bei diesen Worten strahlt Schwarz-Reis über das ganze Gesicht.

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