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Abschied:"Den einen Weg zum Dirigenten gibt es nicht"

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Der Vaterstettener Maximilian Leinekugel, 23, zieht im Herbst für ein Masterstudium Orchesterdirigieren nach Birmingham

Interview von Alexandra Leuthner, Vaterstetten

Vor drei Jahren hatte der Vaterstettener Maximilian Leinekugel seinen ersten Auftritt als Dirigent des von ihm gegründeten Ensembles Munich Classical Players in Zorneding. Seither sind unzählige Konzerte für den erst 23-jährigen Musikwissenschaftsstudenten dazugekommen. Er leitet auch das Animato Münchner Orchester und das Collegium Muwicum. Sein Engagement für den Nachwuchs hat ihm 2018 einen Tassilo-Preis der SZ eingebracht. In den nächsten Wochen gibt er fünf Konzerte, bevor er im Herbst einen Masterstudiengang im Orchesterdirigieren am Royal Birmingham Conservatoire beginnt. Hier erklärt er, was das für ihn und seine Projekte bedeutet.

SZ: Herr Leinekugel, Sie sind so jung und geben schon Abschiedskonzerte?

Leinekugel: Ja, das kann ich mir selbst noch gar nicht vorstellen, insbesondere nach zweieinhalb Jahren guter Zusammenarbeit etwa mit dem Animato Orchester.

Auch für die Mitglieder der Orchester bedeutet Ihr Weggang eine große Veränderung. Wie gehen die Musiker damit um?

Natürlich ist es erst mal eine große Unsicherheit, wenn da ein Neuer kommt. Aber auf der anderen Seite ist das für ein Orchester auch gut, wenn mal ein anderer Dirigent vorne steht. Einer Fußballmannschaft schadet ein neuer Trainer auch nicht unbedingt, der ihr neue Impulse geben und sie in eine andere Richtung lenken kann. Die Leitung der Munich Classical Players werde ich aber ohnehin behalten, und wir werden unser Engagement in den kommenden Jahren noch ausdehnen.

Das bedeutet sehr viele Reisen für Sie von Birmingham aus, ohnehin investieren Sie ja viel Zeit in ihre Orchester. Machen Sie überhaupt etwas anderes als Musik?

Wir spielen ja (noch) keine 100 Konzerte im Jahr - das geht also auch von England aus. Musik ist meine große Leidenschaft, und wenn man ein Leben als Dirigent anstrebt, dann muss man viel investieren.

Haben Sie schon eine Vorstellung davon, was Sie nach dem Studium machen?

Den einen Weg zum Dirigenten gibt es nicht. Ich bin froh, an der Uni in England nun den Master machen zu können und so nach all der praktischen Erfahrung noch einen Feinschliff zu bekommen. Wie es danach weitergeht, wird sich zeigen.

Wie groß ist denn die Konkurrenz auf dem Dirigentenmarkt?

Statistisch gesehen ist es sehr schwer, einen Studienplatz zu bekommen. Deshalb habe mich auch an mehreren Unis in England beworben. Natürlich ist der Andrang nicht mit den Bewerberzahlen für BWL zu vergleichen - aber im Verhältnis zum doch sehr begrenzten Stellenmarkt für Dirigenten ist die Konkurrenz sehr hoch.

Wie bewirbt man sich denn um einen Studienplatz für Orchesterdirigieren?

In England mit einem Dirigiervideo; wenn man eingeladen wird, muss man eine klassische Aufnahmeprüfung machen. Die vorzubereitenden Stücke werden einige Wochen vorher mitgeteilt, das Orchester - meist das Hochschulorchester oder ein Teil davon - kennt man aber nicht.

Eine komische Situation, oder?

Aber eine, die immer wieder vorkommt. Bei der ersten Probe mit einem neuen Orchester kennt man auch keinen.

Warum haben Sie sich gerade in England beworben?

Ich habe den Eindruck, dass die Dirigenten-Ausbildung dort etwas moderner ist, zumindest ist sie doch weniger geschichtlich geprägt. Bei uns ist sie sehr an den Mechanismen des Opernbetriebs ausgerichtet, am klassischen Bild vom Kapellmeister, der sich am Opernhaus hocharbeitet. In England steht vor allem die sinfonische Musik im Vordergrund.

Eine Rückkehr in die Heimat ist für Sie aber nicht ausgeschlossen, oder?

Überhaupt nicht! München und Umgebung, auch Österreich und die Schweiz, das ist ja ein Ballungsraum für klassische Musik. Den wird es wahrscheinlich nirgendwo anders so geben.

Maximilian Leinekugel tritt am Sonntag, 7. Juli, 11.30 Uhr mit dem Amato Orchester in der Kultur-Etage Riem auf. Am Sonntag, 21. Juli, 18 Uhr, dirigiert er die Munich Classical Players im Rathausgarten Haar. Am Freitag, 26. Juli, folgt noch ein Auftritt mit dem Collegium Muwicum, ab 20 Uhr in der Großen Aula der LMU.

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Quelle:
SZ vom 06.07.2019
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