Niedergesäß gewinnt Stichwahl:Landrat mit hauchdünner Mehrheit

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Handschlag für den Sieger: Kurz nach Verkündung des Ergebnisses gehen die Kontrahenten aufeinander zu. CSU-Kandidat Robert Niedergesäß (links) nimmt die Glückwünsche seines Gegners Ernst Böhm von der SPD zur Wahl als Ebersberger Landrat entgegen. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Vaterstettens Bürgermeister Robert Niedergesäß (CSU) ist neuer Landrat im Kreis Ebersberg. Bei der Stichwahl hatte er nur einen minimalen Vorsprung: 50,96 Prozent stimmten für den bisherigen Rathauschef.

Wieland Bögel

Es war ein denkbar knappes Ergebnis: Mit gerade einmal 801 Stimmen Vorsprung hat der CSU-Kandidat, der 42-jährige Robert Niedergesäß, am Sonntag die Stichwahl zum neuen Landrat von Ebersberg gewonnen. Dies verdankt der Vaterstettener Bürgermeister vor allem den Wählern in seiner Heimatgemeinde. In der einwohnerstärksten Kommune des Landkreises erzielte die CSU ihr bestes Ergebnis, nahezu zwei Drittel der Vaterstettener wollten ihren Bürgermeister als neuen Landrat sehen.

Fast genau umgekehrt fiel das Ergebnis in der Heimatstadt des SPD-Bewerbers Ernst Böhm aus. In Grafing erzielte dieser 66 Prozent. Die Wahlbeteiligung ist im Vergleich zum Urnengang vor zwei Wochen noch einmal leicht gesunken, lediglich 41,45 Prozent der Wahlberechtigten und damit ein Prozent weniger als am 14. April zeigten Interesse an der Frage, wer ihr neuer Landrat werden sollte.

Dem Wahlsieger war die Anspannung deutlich anzusehen und er überspielte die Aufregung des Abends mit Fußballmetaphern. Es sei "ein Herzschlagfinale" gewesen, doch am Ende sei ihm "ein Sieg im Elfmeterschießen" gelungen, so Niedergesäß, als er kurz nach dem Ende der Auszählung im Landratsamt eintraf. Er habe mit einem knappen Ergebnis gerechnet, sagte der neue Landrat, dass er am Schluss lediglich mit ein paar Hundert Stimmen Abstand gewonnen habe, sei aber schon eine Überraschung gewesen.

Ähnlich äußern sich Niedergesäß' Vorgänger im Landratsamt. "Es war bis zum Schluss spannend", meinte der scheidende Landrat Gottlieb Fauth (CSU), der aus gesundheitlichen Gründen sein Amt vorzeitig aufgibt. Mit einem so knappen Ausgang der Wahl hätte er nicht gerechnet, so Fauth, "aber Stichwahlen haben eben ihre eigenen Gesetze". Von seinem Nachfolger erwartet Fauth, dass er "die Politik, die ich gemacht habe, weiter fortführen wird". Dass es gar so knapp werden würde, hätte auch Fauths Vorgänger, Altlandrat Hans Vollhardt, nicht erwartet.

Seinem Nach-Nachfolger könne er nur viel Glück für seine neuen Aufgaben wünschen, so Vollhardt, weiter wolle er das Wahlergebnis aber nicht kommentieren. CSU-Kreisvorsitzende Angelika Niebler hat die Auszählung auf einem Flug von Abu Dhabi nach Bahrein im Internet verfolgt, "das Ergebnis freut mich natürlich sehr". Der sehr knappe Ausgang habe sie zwar überrascht, meint die Kreisvorsitzende, aber "gewonnen ist gewonnen".

Von einem knappen Ergebnis sei er ebenfalls ausgegangen, so Wahlverlierer Böhm, "aber ich habe erwartet, dass ich gewinne". Trotz aller Enttäuschung über den Wahlausgang sei er nicht völlig unzufrieden mit dem Ergebnis. Denn dieses sei "für einen Kaltstart" durchaus respektabel, findet Böhm. Damit spielt er darauf an, dass der 55-Jährige in der Politik erst seit Anfang des Jahres aktiv ist. Ob er sich für ein anderes politisches Amt bewerben will, in der Vergangenheit war ein Sitz im Kreistag oder eine Kandidatur bei der Grafinger Bürgermeisterwahl im kommenden Frühjahr im Gespräch, ließ Böhm am Wahlabend noch offen. "Warten wir erstmal die Sommerferien ab", beschied er auf die Frage nach seiner politischen Zukunft.

Bei der SPD ist man derweil bemüht, der Niederlage auch gute Seiten abzugewinnen. Zwar habe der Landkreis Ebersberg "eine einmalige Chance verpasst", bedauert der Glonner Bürgermeister Martin Esterl, allerdings habe man die CSU im Wahlkampf ordentlich das Fürchten gelehrt: "Wenn man sieht, wie erleichtert die jetzt jubeln, das sagt doch alles." Er sei "natürlich enttäuscht", meint SPD-Kreisvorsitzender Thomas Vogt. "Aber diese Differenz - das ist ein Superergebnis." Vogt sieht in dem Ausgang der Landratswahl etwas, auf das man bei künftigen Urnengängen aufbauen kann: "Wir können sehr zuversichtlich in die kommenden Wahlen gehen." Auch Poings Bürgermeister Albert Hingerl, in dessen Gemeinde die SPD im Vergleich zum ersten Wahlgang von 30,1 auf 54,2 Prozent deutlich zugelegt hat, erklärt Böhm und die SPD zum eigentlichen Wahlsieger.

Damit hat er nicht ganz unrecht, denn tatsächlich hat Robert Niedergesäß in der Stichwahl gerade einmal drei Prozent der Stimmen mehr erhalten als im ersten Wahlgang. Wohingegen der Herausforderer immerhin ein Plus von 17 Prozent erreicht hat. Besonders deutlich ist dies neben Poing in den südlichen Landkreisgemeinden ausgefallen. Hatte Böhm am 14. April lediglich in Aßling, Ebersberg und Grafing eine Mehrheit, konnte er nun auch noch die Stimmbezirke Emmering, Bruck, Moosach und Kirchseeon dazugewinnen. Dieses Ergebnis dürfte allerdings weniger auf die Stärke der SPD, sondern eher auf die Schwäche der CSU beziehungsweise ihres Kandidaten im Süden und Osten des Landkreises zurückzuführen sein. Bereits im ersten Wahlgang konnte Böhm hier punkten, diesen Vorsprung hat er in der Stichwahl nun ausgebaut.

Das Ergebnis der Landratswahl wird auch für Vaterstetten Folgen haben, denn dort dürfte diese Woche der Bürgermeisterwahlkampf beginnen. Bislang hatten sich noch alle Parteien unter Verweis auf den Ausgang der Landratswahl mit der Nennung möglicher Kandidaten zurückgehalten. Immerhin wurde für den Fall eines Wahlsieges von Niedergesäß vom Gemeinderat aber bereits der Termin für die Bürgermeisterwahl auf den Tag der Landratswahl am 15. September festgelegt.

© SZ vom 29.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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