Süddeutsche Zeitung

Eataly in der Schranne:Köder für die Kunden

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Von Andreas Schubert, Rom

Ob nun das Forum Romanum, die Engelsburg oder die Via Appia: Wenn es um Attraktionen geht, überlassen die Römer diese gerne den Touristen. Ein bei Einheimischen ausgesprochen beliebtes Ausflugsziel ist dagegen die Eataly-Filiale am Bahnhof Ostiense. Dort, in einem für die Fußballweltmeisterschaft 1990 gebauten, aber nie genutzten Terminal hat vor zwei Jahren das bisher größte Haus der Kette eröffnet.

Und wer an einem beliebigen Samstag die Parkplatzsuche gerade noch so hinter sich gebracht hat, der ist spätestens von dem riesigen Angebot des Lebensmittelkaufhauses überfordert. Auf vier Etagen verteilt findet sich so ziemlich alles, was mit Essen zu tun hat.

"La vita è troppo breve per mangiare e bere male" steht auf einem Plakat in einem der mehr als 20 verschiedenen Restaurants des Eataly - das Leben ist zu kurz, um schlecht zu essen und zu trinken. In der Tat: Trotz der Größe des Hauses - mit 17 000 Quadratmetern Verkaufsfläche ist es mehr als dreimal so groß wie die Münchner Schranne - wird dort kein Discountramsch angeboten.

Bevor es ans Einkaufen geht, steuern viele Kunden erst einmal ein Pasta- oder Fischlokal an. Der Weg zur Essensmeile führt vorbei an Ständen mit einer unüberschaubaren Auswahl an Olivenöl, man passiert Wein-, Schnaps- und Kochbuchregale, wobei es angesichts des Andrangs am Wochenende nur langsam vorwärts geht. Immerhin hat man so ausreichend Zeit, sich schon vorher Gedanken zu machen, worauf man eigentlich Lust hat.

Spezialitäten, die sonst nicht überall zu haben sind

Beim Bummel nach dem Essen bekommt man eine Menge appetitlicher Fotomotive vor die Linse. In der Fischabteilung zum Beispiel liegen ganze Schwert- und Thunfische auf Eis, in der Fleischabteilung hängen unzählige Schinken, aus San Daniele, aus Parma und anderen Regionen. Wer vor einem Besuch im Eataly glaubte, die italienische Küche zu kennen, lernt hier noch einiges dazu. Denn zum Prinzip des Riesensupermarktes gehört es, auch regionale Spezialitäten anzubieten, die sonst nicht überall zu haben sind, seien es Meeräschenrogen aus Sardinien oder geräucherter Pferdeschinken aus dem Veneto.

Obwohl man ja nur ein paar Sachen fürs Abendessen kaufen wollte, ertappt man sich irgendwann dabei, dass der Einkaufswagen voller Zeug ist, das man eigentlich gar nicht braucht, die tiefe Alupfanne zum Vermischen der Nudeln mit Soße zum Beispiel, die sogenannte Saltapasta. Die stellt sich dann zu Hause zwar als nicht ganz so praktisch heraus wie zunächst gedacht. Aber während des Einkaufs schien eine Existenz ohne die Pfanne nicht mehr vorstellbar. Auch das kann Eataly: Bedürfnisse wecken. Und wer nicht weiß, was er mit den ganzen Sachen anfangen soll, kann gleich einen Kochkurs buchen. So ködert man Kunden, das dürfte auch in München funktionieren.

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Quelle:
SZ vom 22.12.2014
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