Süddeutsche Zeitung

Mobilität:Das Geschäft mit den E-Scootern muss strenge Regeln haben

Allein auf Versprechen der Anbieter und die Vernunft der Nutzer zu vertrauen, wäre naiv. Ein Desaster wie beim Radverleiher Obike sollte es nicht mehr geben.

Kommentar von Andreas Schubert

Sie sind leise, blasen keine Abgase in die Luft, und sie sollen dazu beitragen, dass Autofahrer auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Die neuen E-Scooter, die wohl bald zugelassen werden, sollen all jenen Menschen, denen es zu Fuß zur nächsten Bushaltestelle oder U-Bahnstation zu weit ist und die nicht radeln wollen, den Weg erleichtern. Das wäre ein Beitrag zur Verkehrswende, werben die Unternehmen, die solche Roller künftig in der Stadt verleihen wollen.

Die CSU im Rathaus gibt sich fortschrittlich und macht ebenfalls eifrig Werbung für die E-Scooter, von denen bald Tausende auf Münchens Radwegen und Straßen unterwegs sein könnten. Weil die Leihroller nicht an Stationen geliehen und zurückgegeben werden sollen, werden Tausende davon irgendwo auf Gehwegen abgestellt sein.

Man mag die Hoffnung gerne teilen, dass ein paar Tausend Roller ebenso viele Autofahrten am Tag ersetzen. Und man mag es den Firmen auch gerne glauben, wenn sie versichern, dass sie ein Chaos mit blockierten Gehwegen und achtlos hingeworfenen Rollern vermeiden wollen. Aber kann man es auch glauben? Die Mitarbeiter der Rollerverleiher werden kaum rund um die Uhr durch die City patrouillieren, um falsch geparkte Kleinvehikel aus dem Weg zu räumen. In San Francisco zum Beispiel, wo zu viele Trottoirs zugestellt waren, wurden zehn Anbieter aus der Stadt verbannt, unter ihnen waren Lime und Bird, die auch in München an den Start gehen wollen.

Deshalb ist Vorsicht angebracht, wenn sich ein Desaster wie mit dem Radverleiher Obike nicht wiederholen soll. Die Stadt muss so strenge Regeln aufstellen, wie es ihr nur möglich ist. Denn allein auf Versprechen der Anbieter und die Vernunft der Nutzer zu vertrauen, wäre naiv. Zudem sollte die Stadt darauf drängen, dass die Roller nicht nur im ohnehin gut angebundenen Stadtzentrum fahren dürfen. So nämlich wären sie kein Beitrag zu einer modernen Mobilität, sondern nur ein Lifestyle-Produkt, das kein Mensch wirklich braucht.

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Quelle:
SZ vom 26.04.2019
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