Süddeutsche Zeitung

E-Government:München will deutlich mehr Service im Internet anbieten

  • München wächst, die Wartezeiten in den Behörden werden immer länger. Darum will die Stadt nun das E-Government ausbauen.
  • Der Begriff bezeichnet das Prinzip, online etwa Anträge stellen oder Gebühren bezahlen zu können.
  • Eine wichtige Rolle wird dabei das neue IT-Referat spielen, das seinen Dienst im Januar aufnimmt.

Von Heiner Effern

Die Stadt will ihren Service im Internet deutlich ausbauen und eine einheitliche Strategie dafür entwickeln. Eine Werbeoffensive soll für mehr Akzeptanz bei den Bürgern, aber auch innerhalb der Verwaltung sorgen. Als nächste konkrete Schritte sollen unter anderem Bauanträge komplett online einzureichen sein.

Eltern sollen die Kosten für die Anfahrt ihrer Kinder zur Schule nur mit ein paar Klicks beantragen können. Dazu sollen Bürger deutlich leichter Gebühren oder andere Forderungen der Stadt elektronisch bezahlen können. Der Einsatz von Portalen wie Paypal oder Paydirekt wird geprüft. Über alle Referate und Behörden hinweg werden Online-Terminvereinbarungen angestrebt.

Neben dem Ausbau dieses sogenannten E-Governments sollen auch Online-Plattformen die Kommunikation zwischen Stadt und Bürgern erleichtern. Über diese sollen unkompliziert Ideen, Wünsche und Kritik geäußert, aber auch Informationen ausgetauscht werden.

Die Verantwortung für die Strategie und die Umsetzung sollen beim neuen IT-Referat liegen, das am 1. Januar 2018 den Betrieb aufnehmen soll. Dessen künftiger Chef Thomas Bönig sagte Mitte Oktober nach seiner Wahl durch den Stadtrat, dass er München zur "digitalen Hauptstadt" Deutschlands machen wolle. "Privat erwarten wir doch auch, dass wir online einkaufen können."

Dieses Ziel hat offensichtlich auch die Verwaltung motiviert. "Digitale Transformation ist derzeit in aller Munde. Das Internet ist im Geschäftsleben und im Alltag der Menschen angekommen." Mit dieser nicht ganz exklusiven Erkenntnis überschrieb sie ihre Vorlage, mit der sie tatsächlich in die "Champions League der Online-Kommunen" aufsteigen will.

Ein ehrgeiziges Ziel: In allen bisherigen Tabellen zum Angebot im Netz dümpelt München maximal im Mittelfeld der Bundesliga. Ausgeben will die Stadt dafür in den kommenden fünf Jahren gut 20 Millionen Euro - gerade die Hälfte des Betrags, den die Champions-League-Kollegen von der Säbener Straße für einen französischen Mittelfeldspieler ausgeben. Trotz Kritik von den Grünen, denen der Ausbau des E-Governments noch zu langsam vorangeht, beschloss der Verwaltungsausschuss die neue Strategie einstimmig.

"Es ist gerade jungen Menschen einfach nicht mehr vermittelbar, dass es für einfache Vorgänge, wie den Wohnsitz an- oder umzumelden, viel Zeit und gute Nerven braucht", kommentierte Anne Hübner, IT-Expertin der SPD-Fraktion, den Beschluss. Ihre Partei will einen Online-Service, der noch deutlich weiter geht: Der neue Ausweis, das Anmelden des Autos, die Geburtsurkunde fürs Baby, all das soll künftig von zu Hause aus zu erledigen sein. "Dabei sind wir auf einem guten Weg, aber auch gerade erst am Anfang", räumte sie ein. Bürger und Beschäftigte sollten sich aber keine Sorgen machen, dass ein verstecktes Sparmodell für den Haushalt dahinterstecke.

"Alle sollen profitieren. Die Nutzer der Online-Angebote, diejenigen, die weiter zur Behörde gehen wollen und dort weniger lange warten müssen und auch die Beschäftigten der Stadt, denen manche Arbeit abgenommen werden wird." Auch die CSU bekannte sich klar zum E-Government. "Unsere Bürger verdienen einen modernen Service, der ihnen Zeit und Nerven spart. Behördengänge sollen so weit wie möglich reduziert werden", erklärte Stadträtin Sabine Pfeiler.

Der Oberbürgermeister fordert "quick wins"

Eine Kluft zwischen Theorie und Praxis bescheinigte Grünen-Fraktionschef Florian Roth den städtischen Bemühungen zum E-Government. Das klinge alles gut, aber im Alltag hinke München beim Online-Service deutlich hinterher. "Agil und schnell" sei die Stadt auch mit den paar angestrebten Neuheiten dieses Beschlusses noch lange nicht. Es brauche viel mehr Kompetenzen, eine klare Strategie und die nötigen Ressourcen.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sieht das auch so. Er nannte es "ein Gebot der Zeit", im E-Government besser zu werden. Rhetorisch voll in der Szene forderte er neben einer Strategie auch "quick wins", also schnelle Erfolge. Das Engagement der Stadt sei aber nicht kurzfristig angelegt. "Wir werden diese Aufgabe dauerhaft leisten müssen." Die nötigen Stellen werden deshalb nicht befristet vergeben.

Damit ihre Online-Services intern wie extern mehr Präsenz bekommen, will die Stadt eine Werbekampagne starten und dafür auch eine Agentur engagieren. Denn was nützen neue Angebote, wenn sie keiner mag, kennt oder findet. Diese Dienste müsse die Stadt "viel prominenter platzieren", sagte SPD-Stadträtin Hübner. Und vor allem müssten sie wesentliche Bereiche des Lebens abdecken. "So viele Baumfällanträge stellt man ja nicht."

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Quelle:
SZ vom 09.11.2017/bhi
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