Nach jahrelangem Streit:Das Museumsviertel kann ganz neu gedacht werden

Kunstareal

Hier soll der Kunstcampus entstehen, Franz Herzog von Bayern fordert einen großen Wurf.

(Foto: Thomas Kronewiter)
  • Das Kunstareal mit dem zweiten Bauabschnitt der Pinakothek der Moderne kann unabhängig von den Plänen des Architekten Stephan Braunfels realisiert werden.
  • Die Stiftung Pinakothek der Moderne hat dem Architekten des Pinakotheken-Baus die Nutzungsrechte für diesen zweiten Bauabschnitt abgekauft.
  • Franz Herzog von Bayern, Oberhaupt des Hauses Wittelsbach und Schirmherr der Stiftung, schwebt ein Kunstcampus von Weltrang vor.

Von Evelyn Vogel

Das Kunstareal rund um die Pinakothek der Moderne in München kann ganz neu gedacht und geplant werden. Die Stiftung Pinakothek der Moderne hat von dem Architekten Stephan Braunfels die Nutzung des Urheberrechts am zweiten Bauabschnitt auf dem Gelände der ehemaligen Türkenkaserne erworben. Damit ist der jahrelange Rechtsstreit, den sich der Freistaat und der Architekt geliefert hatten, gelöst. Es sei "eine ganz große Hürde genommen", so Kunstminister Bernd Sibler (CSU), der die frohe Botschaft am Montag gemeinsam mit Franz Herzog von Bayern, dem Schirmherrn der Stiftung Pinakothek der Moderne, und Markus Michalke, dem Vorsitzenden des Stiftungsrats, verkündete.

Franz Herzog von Bayern forderte: "Es muss ein ganz großer Wurf werden." Man werde sich Zeit lassen, um darüber nachzudenken, "wie ein Museum der Zukunft" aussehe. Er wünsche sich, dass am Ende "ein Campus von Weltrang" entstehe. Die "zukunftweisende Lösung", die Kunst und Wissenschaft verbindet, so alle Beteiligten, hatte die Stiftung nach "monatelangen intensiven Verhandlungen" erzielt. Darüber, wie viel die Stiftung für die Nutzungsrechte gezahlt hat, sei gegenseitiges Stillschweigen vereinbart worden, betonte Markus Michalke. Nur so viel ließ er durchblicken, dass man die Aufwendung für den Rechteerwerb aus dem Stiftungsvermögen bestreiten konnte.

Der ausgehandelte Vertrag gewährt der Stiftung weitgehende Planungsfreiheit für das Kunstareal. Wie Michalke ausführte, ist man an bisherige Planungen von Braunfels bezüglich des zweiten Bauabschnitts nicht gebunden und hat sehr viel Freiheit, so lange die Integrität des ersten Bauabschnitts nicht verletzt werde. Übergänge von neu entstehenden Gebäuden zur Pinakothek der Moderne sollen aber möglich sein. Einzig ein zehn Meter breiter Freiraum zwischen dem Museum und neuen Gebäuden muss erhalten bleiben. Man könnte also - ähnlich den Braunfeldschen Planungen aus den Neunzigerjahren - ein L-förmiges Gebäude entlang der Gabelsberger- und Türkenstraße errichten. Das wäre der klassische zweite Bauabschnitt, der damals als neue Heimstatt für die Graphische Sammlung gedacht war.

Man kann aber auch, ja man will sogar, komplett neu denken. Denn mittlerweile ist auch klar, dass das Areal entlang der Theresienstraße mit den LMU-Gebäuden und dem Museum Reich der Kristalle nach 2025 zur Disposition steht. Die Gebäude dort sind derart in die Jahre gekommen, dass man nicht mehr von Sanierung spricht, sondern von Abriss und Neubau ausgehen muss. Nun soll ein Gesamtkonzept für das Areal zwischen Gabelsberger-, Theresien-, Türken- und Barer Straße entwickelt werden.

Wo, wie, von wem und für wen gebaut wird, ist dabei noch völlig offen. Man wolle keine überkommenen Konzepte verwirklichen, das wurde allseits betont. Doch ist allen klar, dass der Raumbedarf der Graphischen Sammlung am dringlichsten ist. Außerdem, so Sibler, sei dies ein zentrales politische Argument in der Diskussion um Haushaltsmittel.

Dass für die Finanzierung weiterer Museen auf dem Kunstareal bürgerschaftliches Engagement gefragt sein wird, scheint allseits klar zu sein. Michalke sagte, um "die Unvollendete" zu vollenden "werden wir wieder in die Bütt müssen". Schon der Bau der Pinakothek der Moderne, unter deren Dach vier Museen versammelt sind, war nur durch private Mittel möglich geworden. Der damalige Kunstminister Hans Zehetmair hatte gefordert, dass zehn Prozent der Bausumme für den Bau der Pinakothek der Moderne durch private Fördermittel gesammelt werden. Daraufhin hatte sich die Stiftung Pinakothek der Moderne gegründet, um den Bau zu ermöglichen. 2002 war das Museum mit der Staatsgemäldesammlung, dem Architektur-, dem Designmuseum und der Graphischen Sammlung eröffnet worden. Die Baukosten betrugen 120 Millionen Euro.

Schon während der zehnjährigen Planungs- und Bauphase gab es zahlreiche Auseinandersetzungen, unter anderem wegen des Kostenrahmens. Als dann das Museum Brandhorst gebaut wurde und der zweite Bauabschnitt für die Graphische Sammlung zurückgestellt wurde, war das offensichtlich Wasser auf die Mühlen des Architekten. Über die Jahre haben sich Freistaat und Braunfels heillos zerstritten. Der Architekt schien für die nächsten Jahrzehnte alle weiterführenden Planungen auf dem Areal blockieren zu können.

Dass es nun dem Stiftungsrat gelungen ist, die Nutzungsrechte von Braunfels zu erwerben, sehen die Beteiligten als großes Glück. Nun wolle man sich Zeit lassen, um sich in aller Welt umzusehen und sich beraten zu lassen.

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