Duell der Doubles auf dem Nockherberg:Schmachtblicke zwischen Merkel und Ude

Das Double von Oberbürgermeister Ude hat seinen Glanzauftritt im Bademantel, die falsche Kanzlerin kann zwar gut schmachten, ihr fehlt aber die Merkel'sche Sprödigkeit: Beim Singspiel auf dem Nockherberg versuchen die Schauspieler, dem Original möglichst nahe zu kommen. Wem das wie gelungen ist: die Doubles in der Einzelkritik.

Tobias Dorfer, Birgit Kruse und Lisa Sonnabend

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Duell der Doubles auf dem Nockherberg:Angela Merkel (gespielt von Christin Marquitan)

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Quelle: Robert Haas

Das Double von OB Ude hat seinen Glanzauftritt im Bademantel, die falsche Kanzlerin kann zwar gut schmachten, ihr fehlt aber die Merkel'sche Sprödigkeit: Beim Singspiel auf dem Nockherberg versuchen die Schauspieler dem Original möglichst nahe zu kommen. Wem das wie gelungen ist: Die Doubles in der Einzelkritik.

Die Hände hält sie schon einmal wie die echte Kanzlerin: vor dem Bauch ineinandergefaltet. Allerdings ist dafür nicht Christin Marquitan verantwortlich, sondern der Designer, der ihr die Merkel-Hände kurzerhand auf den Stoff gedruckt hat. Und sonst? Marquitans erster Auftritt beim Nockherberg als Kanzlerin ist solide. Die Frisur sitzt, der Dialekt ebenfalls - und im Vergleich zu ihrer Vorgängerin besticht das neue Merkel-Double durch eine trainierte Singstimme. Kein Wunder, Christin Marquitan hat ein fünfjähriges Opernstudium hinter sich.

Langweilig: der (gescheiterte) Versuch, Baden-Württembergs Ministerpräsidenten zur Mitgliedschaft in der CDU zu überreden. Nett: das Abschluss-Duett. Ude im Bademantel am Flügel, die Kanzlerin wirft ihm wie ein Groupie Schmachtblicke zu. Wahrscheinlich wirft die echte Merkel in der Öffentlichkeit niemandem Schmachtblicke zu, gerade deshalb ist dieses Bild einfach großartig. Nur ein bisschen mehr Merkel'sche Sprödigkeit wäre schön gewesen. Denn eine Kanzlerin im kreuzfidelen Griechenlandrettungswahn ist in etwa so passend wie ein Christian-Ude-Imitator, der die "Münchnerinnen und Münchner" vergisst. Da hilft es auch nicht, wenn man die Eurokrise als Arie vortragen kann.

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Duell der Doubles auf dem Nockherberg:Winfried Kretschmann (gespielt von Michael Vogtmann)

Starkbieranstich auf dem Nockherberg

Quelle: dpa

Michael Vogtmann hat Glück. Denn Winfried Kretschmann, der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, war bislang beim Nockherberg-Singspiel nicht vertreten. Erst in diesem Jahr wurde er für Parteichefin Claudia Roth eingewechselt. Also hätte Vogtmann dem bodenständigen Schwaben seinen eigenen Stempel aufdrücken können. Immerhin, laaaaangsaaaam reeeden wie Kretschmann - kein Problem.

Auch an Vogtmanns Optik kann man nicht meckern, denn der falsche Kretschmann sieht beinahe aus wie der echte. Beeindruckend war auch, wie er beim Duett mit Angela Merkel die Mundharmonika spielte. Da kommt der Musikkabarettist in Vogtmann durch.

Allerdings haperte es mit dem südschwäbischen Dialekt - was man einem gebürtigen Straubinger nicht vorwerfen darf. Und auch die Sprüche waren ziemlich erwartbar. "Ich kann so langsam sprechen, dass ich 90 Prozent weniger CO2 ausstoße als herkömmliche Politiker", sagt der Bühnen-Kretschmann einmal. Gibt es denn keine anderen Themen für Baden-Württembergs Ministerpräsidenten? So ist es fraglich, ob Vogtmann und sein schwäbischer Freund im Singspiel eine Zukunft haben.

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Duell der Doubles auf dem Nockherberg:Christian Ude (gespielt von André Hartmann)

Starkbieranstich auf dem Nockherberg

Quelle: dpa

Christian Ude ist ja eigentlich ein recht eitler Fratz - und so traut man seinen Augen nicht, als sein Double André Hartmann auf der Bühne erscheint. Er trägt einen dunkelroten Anzug, der aus längst vergangenen Jahrzehnten zu stammen scheint. So ist der echte Ude doch nicht einmal in den Siebzigern rumgelaufen!

Bislang hatte der Münchner OB stets eine Sonderrolle inne. Seit Christian Ude SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl ist, gehört er erstmals ganz regulär zu der Riege der Landes- und Bundespolitiker auf dem Nockherberg. Und so steht er fast ständig neben dem Ministerpräsidenten auf der Bühne. Doch das Double lässt sich von der neuen Aufmerksamkeit nicht verwirren und zieht die Nummer gewohnt souverän durch. Er begrüßt seinen Konkurrenten mit einer täuschend echt imitierten Grußformel: "Meine lieben Seehofer und Seehoferinnen". Bei den darauffolgenden Sticheleien gegen Seehofer schneidet Ude aber oft schlecht ab: Der Bühnen-Horst sieht einfach viel besser aus in seinen schneidigen Lederhosen als der Großstadt-OB!

Seinen Glanzpunkt hat André Hartmann am Schluss des Singspiels: Ude macht einen auf Udo, Udo Jürgens. In Bademantel schreitet er zum Klavier und singt. "Mit 66 Jahren - da fängt der Ude an." Gekonnt - wie der echte Udo.

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Duell der Doubles auf dem Nockherberg:Horst Seehofer (gespielt von Wolfang Krebs)

Starkbieranstich auf dem Nockherberg

Quelle: dapd

Wenn man die Augen schließt und nur zuhört, könnte man meinen, der echte Horst Seehofer spricht. So gut hat Wolfgang Krebs inzwischen den bayerischen Ministerpräsidenten drauf. Und nicht nur die Tonlage stimmt, sondern auch der Ton, den Seehofer gegenüber seinen Kabinettsmitgliedern anschlägt: Sei es, wenn er mit seinem Finanzminister über den Schuldenabbau im Freistaat spricht oder mit seinem einstigen Generalsekretär Guttenberg über dessen politische Zukunft in der Partei. 

Und nicht nur das. Neben dem Ton trifft Krebs auch die Gestik perfekt. Krebs übt auch schon seit 2008, seit Seehofer das Amt des Ministerpräsidenten und CSU-Chefs übernommen hat. Dass die Gesten zwar weniger wuchtig wirken als bei dem Original ist einzig und allein der Größe geschuldet. Seehofer ist über 1,90 Meter groß.

Nur eines hat das Original besser drauf: Zwischentöne und Süffisanz. Macht aber nichts. Irgendeinen Unterschied muss es ja schließlich noch geben.

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Duell der Doubles auf dem Nockherberg:Markus Söder (gespielt von Stefan Zinner)

Starkbieranstich auf dem Nockherberg

Quelle: dpa

Wie sich die Zeiten doch ändern können. Einst, als sein parteiinterner Konkurrent Karl-Theodor zu Guttenberg noch der Liebling der Wähler und der Superstar seiner Partei war, wurde dem Franken Söder nur eine kleine Rolle im Singspiel zuteil - die des unsympathischen Nörglers. Damals saß Söder auch im Publikum und sein Missfallen über die Degradierung auf der Bühne war ihm anzusehen. Ganz anders in diesem Jahr.

Stefan Zinner hat dem Publikum einen Söder präsentiert, wie man ihn besser kaum hätte treffen können: brennend vor Ehrgeiz, selbstbewusst und sich und seiner Position innerhalb der Partei bewusst. Musste sich Söder einst mit der Europa- und danach mit der Umweltpolitik befassen, ist er nun der Herr über die Zahlen im Freistaat - diese Rolle spielt sein Double so überzeugend, dass man meinen könnte, der Echte steht auf der Bühne. Nur den fränkischen Dialekt hat das Original einfach besser drauf.

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Duell der Doubles auf dem Nockherberg:Christine Haderthauer (gespielt von Angela Ascher)

Starkbieranstich auf dem Nockherberg

Quelle: dpa

In der Politik sorgt Christine Haderthauer derzeit für weniger Schlagzeilen. Im Singspiel hingegen kommt sie groß raus. Autor Alfons Biedermann wollte wohl einfach nicht auf seine großartige Darstellerin Angela Ascher verzichten. Und die parodiert die Sozialministerin mal wieder hervorragend. Die Konkurrenz zum Ewig-Rivalen Markus Söder, der ihr den Posten als Finanzminister weggeschnappt hat, ist fein herausgearbeitet und gespielt.

Jeder Satz könnte auch von Haderthauer persönlich stammen: "Das ist alles nicht so gut gelaufen, eigentlich müsste ich das machen", sagt sie einmal zu Söder. Auch die Mimik beherrscht das Double perfekt: Der verbissene Blick, bei dem sie die Zähne fest aufeinander presst, das laute Lachen und dann doch die verletzliche Seite der Sozialministerin. Einmal bricht die Bühnen-Haderthauer in Tränen aus und singt: "Und am Ende weine ich. Jämmerlich."

Eine schöne, vielsagende Szene: Haderthauer strampelt sich auf einem Fitnessrad ab, um Energie zu erzeugen, damit Söder auf seiner Elektro-Gitarre spielen kann.

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Duell der Doubles auf dem Nockherberg:Karl-Theodor zu Guttenberg (gespielt von Stefan Murr)

Starkbieranstich auf dem Nockherberg

Quelle: dapd

Es gab eine Zeit, in der war die Rolle von Karl-Theodor zu Guttenberg in der CSU und damit auch im Singspiel klar: Er war der Hoffnungsträger der Partei, galt als potentieller Nachfolger von Horst Seehofer im Amt des CSU-Chefs.

Diese Zeiten sind vorbei - auch im Singspiel. Dass man in diesem Jahr nicht auf einen Auftritt des Wählerlieblings mit Adelstitel verzichten konnte, war klar. Erst vor wenigen Wochen hatte Seehofer höchstpersönlich den Rückzug Guttenbergs aus der Politik verkündet.

Jetzt tauchte er wieder auf, mal im noblen Designerzwirn, mal in der Lederhosen oder im ausgedienten Jogginganzug aus längst vergangenen Tagen. Doch hätte Stefan Murr nicht immer wieder ein neues Guttenberg-Buch präsentiert, man hätte den Oberfranken nur schwer wiedererkannt. Konturlos und blass blieb seine Figur - und eigentlich ohne rechte Aufgabe.

© Süddeutsche.de/afis/holz
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