Ausstellung in München:Alles Quak

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Im Ägyptischen Museum München verführt die "Duckomenta" zum Schmunzeln und Staunen. Die außergewöhnliche Schau enthüllt: Die Wiege der Kunst steht in Entenhausen. Und auch Da Vinci und Munch wird man nach dem Besuch mit anderen Augen sehen.

Von Veronika Kügle, München

Vor dem Ägyptischen Museum sind die gelben Fahnen gehisst, darauf blickt stolz Königin Sat-Djeducki Richtung Alte Pinakothek. Nein, das ist kein Tippfehler. Das Gesicht der Herrscherin aus dem alten Ägypten ist hier das einer Ente, daneben läutet der Satz "Auf den Spuren der Enten" die "Duckomenta" ein.

Schon auf den Treppenstufen in die unteren Räume des Museums sind sich die Macher der Ausstellung für kein noch so albernes Wortspiel zu schade. Auf dem Boden weisen gelbe Abdrücke von Entenpaddeln auf "1,5 Entensprünge Abstand" hin. Konsequent geht es weiter: von "In ducks we trust" über den Erfinder des Buchdrucks Johannes Duckenberg bis hin zum Dötzi, dem Erpel aus dem Gletschereis, der gleich zu Beginn in einem Schaukasten zu bewundern ist. Zerbrechlich liegt er da, im Kunstschnee, den Schnabel halb geöffnet. Im Text nebendran steht, man habe sich auch nicht erklären können, "wie er mit der Statur ins Hochgebirge gelangt ist".

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Darf man sich mit historisch so wichtigen Funden und Kunstwerken einen Spaß erlauben? Man darf, findet jedenfalls Arnulf Schlüter, der stellvertretende Direktor des Museums. Die "Duckomenta" sei eine "Einführung in eine Parallelwelt", in der eine Sippe Enten die Menschen schon seit Anbeginn der Zeit begleiten. Der Philosophie zufolge waren die Enten seit jeher die Berater der Menschen, erst so hätten Größen wie Einstein oder Da Vinci ihr volles Potenzial entfalten können, erklärt Anke Doepner, die Geschäftsführerin von Interduck. Die Idee: "Wir möchten die Besucher mit Geschichte und Kultur konfrontieren und dabei ein gutes Gefühl erzeugen."

Gemeinsam hat sie mit anderen Studierenden der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig in den Achtzigerjahren das Projekt ins Leben gerufen, damals wären sie mit ihrer eher lockeren Herangehensweise an große Kunst noch Pioniere in der Künstlerszene gewesen. Die fünfköpfige Berliner Künstlergruppe kennt offensichtlich ihr Handwerk und legt Wert auf Details. Schon der Enten-Neandertaler trägt einen Vogelkopf als Talisman um den Hals. Die Interduck-Mitglieder würden stets Originalmaterialien verwenden und sich vorher intensiv mit den Künstlern der Vorlage auseinandersetzen, betont Doepner. Jede Ente, jeder Erpel habe dabei ein eigenes Gesicht, so würden individuelle Charaktere entstehen, es gäbe "keine Modellsheets wie bei Disney".

Beeindruckend sind vor allem die Feinheiten der Enten-Version der Mona Lisa, Van Goghs Selbstportrait oder das "Schlaraffenland" von Pieter Bruegel. Casper David Friedrichs "Wanderer über dem Nebelmeer" ist haarscharf - oder in dem Fall federscharf - gemalt und im Biedermeier-Gemälde hat "der arme Poet" diesmal auf dem langen Schnabel mehr als genug Platz für seine Lesebrille. Besonders witzig wirken Da Vincis berühmte Proportionsstudie, erklärt an einer dickbäuchigen Ente oder Munchs "Schrei" mit weitaufgerissenem Schnabel. Auch der Diskuswerfer sieht mit dünnen Ärmchen und hochkonzentrierter Mimik niedlich aus.

Kaum ein weltberühmtes Werk wird hier ausgelassen und so wird die "Duckomenta" tatsächlich zu einem niederschwelligen Angebot für alle, die ihr kunstgeschichtliches Grundwissen auffrischen wollen und sich dabei, wie die Macher selbst, nicht ganz so ernst nehmen. "Es bereitet uns große Freude, diese Geschichten auszuspinnen", sagt Doepner.

Über 600 Werke hat Interduck mittlerweile im Sortiment, das Ägyptische Museum beschränkt sich auf "die Highlights", so Arnulf Schlüter. Der vergoldete Sargdeckel von Königin Sat-Djeducki, das Titel-Motiv der Ausstellung, ist übrigens ein Exemplar nur für München, "das wir auch nicht mehr hergeben", wie Schlüter sagt. Das Vorbild ist schließlich auch hier zu Hause.

Duckomenta, bis 30. Januar 2022, Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, Gabelsbergerstraße 35

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