Druck auf die Politik:"Jeder Mensch braucht ein Zuhause"

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Die Caritas fordert vor der Landtagswahl mehr Anstrengungen beim Sozialwohnungsbau und beim Pflegemangel

Von Anna Hoben

Die Politik muss sich im Kampf gegen die Wohnungsnot mehr anstrengen. Das fordert der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising. "Wir würden es sehr begrüßen, wenn Bundesinnenminister Horst Seehofer wenigstens hin und wieder seinem anderen Aufgabenbereich, dem des Bauministeriums, mehr Aufmerksamkeit schenkt", sagte Caritasdirektor Georg Falterbaum am Mittwoch. Der CSU-Mann in Berlin solle beim Bauen nicht nur an Transit- und Ankerzentren für Flüchtlinge, sondern auch an Sozialwohnungen denken. Wohnungsnot betreffe nicht mehr nur Randgruppen, sondern auch die bürgerliche Mitte. Mit ihrer Jahreskampagne "Jeder Mensch braucht ein Zuhause" zeigt sich die Caritas zurzeit auf Plätzen und Stadtteilfesten in Oberbayern.

Mit der großen sozialen Frage der Gegenwart, dem Wohnen, sind auch die übrigen Themen verknüpft, zu denen die Caritas im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl Forderungen an die Politik formuliert. Dringenden Handlungsbedarf sieht der Verband etwa in punkto Fachkräftemangel. In der Pflege fordert die Caritas eine Ausbildungsoffensive, deutlich mehr Geld im System und eine bessere Anerkennung aller Berufsgruppen, wie Vorstandsmitglied Gabriele Stark-Angermeier ausführte. Quereinsteiger brauchten berufsbegleitende Qualifizierungsangebote.

Verbandsdirektor Falterbaum warnte vor den Folgen des derzeitigen politischen Diskurses und kritisierte dabei heftig die CSU. "Wer Worte wie Anti-Abschiebe-Industrie oder Asyltourismus benutzt, heizt an." Und er beginne einen Wettlauf mit rechten Populisten, "der nicht zu gewinnen ist". Dass Ehrenamtliche, die sich für Flüchtlinge einsetzen, zunehmend für ihr Engagement angefeindet werden, sieht Falterbaum auch als Ergebnis einer sprachlichen Verrohung in der Debatte. Er richtete einen dezidierten Appell an die Politik für eine gerechte und solidarische Gesellschaft, in der eine Kultur der Offenheit und des Zusammenhalts gelebt werde.

"Ehrenamtliche haben unseren größten Respekt. Sie zu kritisieren ist schäbig", so der Direktor des größten Sozialverbandes in Oberbayern. Egal wie gering die Bleibeperspektive der Flüchtlinge in Deutschland sei, "wenn sie einmal hier sind, müssen sie ordentlich behandelt werden". Genau dazu trügen die Ehrenamtlichen bei. Der Grundsatz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" gelte für jeden einzelnen. Die Unterbringung Asylsuchender in großen Transit- oder Ankerzentren sieht die Caritas deshalb "äußerst kritisch", insbesondere bei längeren Aufenthalten. "Solche Kasernen sind auf Exklusion ausgerichtet, schüren Aggressionen und verhindern Integration." Darüber hinaus fordert der Verband den Zugang aller Asylsuchenden zum Arbeitsmarkt, unabhängig von Verfahrensstand und Herkunftsland. Dies könne auch ein Anreiz für Flüchtlinge sein, ihre Identität feststellen zu lassen.

Knapp 9000 Mitarbeiter hat der Caritasverband in München und Oberbayern, sie sind tätig in 350 sozialen Einrichtungen und Diensten. Dazu kommen rund 10 000 Ehrenamtliche. Insgesamt betreut die Caritas 65 000 Klienten. Das Geschäftsjahr 2017 schloss der Verband mit einem Überschuss von 2,1 Millionen Euro ab. "Angesichts der vielen Angebote, die nicht ausreichend oder teils gar nicht refinanziert sind, grenzt dies an eine Meisterleistung", so Finanzvorstand Thomas Schwarz. Das Ergebnis habe mit positiven Einmaleffekten zu tun, etwa dem Verkauf eines Grundstücks in Dornach bei München.

© SZ vom 19.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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