Organisierte Kriminalität:Münchner Polizei gelingen mehrere Erfolge

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300 Kilogramm Haschisch hat die Münchner Polizei vor Kurzem sichergestellt. Die Beschlagnahmung ist nicht der einzige Ermittlungserfolg in jüngster Zeit. 

Von Martin Bernstein

Am Freitag hat die Münchner Polizei berichtet, wie sie einen Drogendealer-Ring ausgehoben hat. 300 Kilogramm Haschisch hatte die Bande von Berlin nach München gebracht - per Bahn. Mindestens zehn junge Männer und Jugendliche waren in verschiedenen Funktionen beteiligt. Die Kontakte des mutmaßlichen Haupttäters reichten nach Angaben der Ermittler bis ins arabische Milieu der Bundeshauptstadt. Ob auch juristisch der Vorwurf der "Bandenabrede" aufrecht erhalten werden kann, wird die Gerichtsverhandlung erweisen.

Von solchen juristischen Feinheiten abgesehen sind der Polizei in den vergangenen Wochen und Monaten mehrere Erfolge im Kampf gegen die Bandenkriminalität gelungen - meist dank internationaler Zusammenarbeit. Im vergangenen Jahr führte das Präsidium 16 Verfahren gegen das organisierte Verbrechen, vor allem aus dem Bereich der Wirtschafts- und Eigentumskriminalität. 72,7 Prozent der Tatverdächtigen waren Nichtdeutsche - Deutsche stellen aber bayernweit die größte Tatverdächtigen-Gruppe.

Einbrecher aus Georgien

Mitte Mai nahm die Münchner Polizei drei mutmaßliche Mitglieder einer georgischen Wohnungseinbrecher-Bande auf frischer Tat fest. Die Tatverdächtigen waren bereits kurz vor der Rückreise in ihr Heimatland. Mindestens zehn Einbrüche binnen gut drei Wochen sollen auf das Konto der Bande gehen. Ermittler schließen nicht aus, dass die Gruppe nicht auf eigene Rechnung handelte, sondern als Teil der "Russisch-Eurasischen Organisierten Kriminalität" (REOK) zu betrachten ist. Das Landeskriminalamt kennt mehrere in Bayern lebende, georgischstämmige kriminelle "Autoritäten", die unmittelbare Kontakte zur obersten Führungsebene (Eigenbezeichnung "Diebe im Gesetz") der georgischen Mafia unterhalten und die selbst lokal als Führungspersönlichkeiten und "Streitschlichter" gelten.

Falsche Polizisten aus der Türkei

Eine offenbar bundesweit agierende Betrügerbande hat in München Anfang April einer 88 Jahre alten Frau Geld und Schmuck im Gesamtwert von rund 200 000 Euro abgenommen. Die Ermittler der "Arbeitsgruppe Phänomene" bei der Münchner Polizei konnten wenig später drei mutmaßliche Mitglieder der Gruppe festnehmen, alle drei türkischstämmig. Auch die Hintermänner vermutet die Kriminalpolizei wie bei vielen ähnlichen Fällen in der Türkei. "Wir werten das als organisierte Kriminalität", erklärte Kriminaloberrat Andreas Huber Ende April. Insgesamt richteten solche Banden in diesem Jahr bereits einen hohen sechsstelligen Schaden in München an.

Drogenschmuggler aus Albanien

Der Fahndungserfolg liegt schon gut ein Jahr zurück - doch noch immer wird nach mindestens einem mutmaßlichen Mittäter gesucht. Und nach den Hintermännern. Die Bande, die der albanisch dominierten Westbalkan-Mafia zugerechnet wird, steht zurzeit in München und Landshut vor Gericht. Ihr wird vorgeworfen, rund 1,7 Tonnen Kokain geschmuggelt zu haben - versteckt in Bananenkisten aus Ecuador, aus denen Einbrecher sie in deutschen Reifehallen wieder bergen sollten. Auch in der Oberländerstraße in München. Vor einem Jahr flog die Masche auf: Kokainpakete, die die Bande nicht gefunden hatte, waren in Supermärkten im Obstregal entdeckt worden. Bei der Polizei packte einer der Männer aus. Er fühlte sich als "kleiner Fisch" von seinen Landsleuten in der Ehre verletzt: "Ich doch auch Albaner!"

Automatenknacker aus Holland

Im Oktober hatte ein Spezialkommando der Münchner Polizei eine Bande auf frischer Tat gestellt, die einen Geldautomaten in der Filiale der Sparda-Bank in Germering sprengen wollte. Drei mutmaßliche Mitglieder der sogenannten "Audi-Bande" wurden damals festgenommen, einer konnte fliehen. Ende Mai haben die Ermittler nun vier weitere Frauen und Männer verhaftet, die zu der Bande gehören sollen. Eine 23-jährige Frau wurde in Amsterdam verhaftet, tags darauf wurden in der Region Gelderland Haftbefehle gegen zwei 25-jährige Männer sowie einen 21-Jährigen vollstreckt. Ihren Spitznamen hat die etwa 250 Köpfe starke Bande von ihren schnellen, hoch motorisierten Autos. Die Täter sind überwiegend junge Niederländer marokkanischer Abstammung aus den Vorstädten von Amsterdam und Utrecht.

Trickdiebe aus Rumänien

Die Münchner Polizei hat ihren Kollegen von den italienischen Carabinieri Ende Mai in der Aktion "Abbraccio" (Umarmung) geholfen, eine europaweit agierende Gruppierung aus dem Bereich der organisierten Kriminalität auffliegen zu lassen. In geklauten Autos näherten sich die Bandenmitgliedern ihren Opfern - um ihnen dann bei einer Umarmung Schmuck und teure Uhren, zumeist der Marke Rolex, abzunehmen. Die europäische Polizeibehörde Europol bezifferte allein den Wert der rund 1600 gestohlenen Autos auf mehr als 13 Millionen Euro. Ein für den Modus "Hug and mug" (umarmen und ausrauben) besonders typischer Fall ereignete sich im Oktober in Großhadern. Die Ermittlungen, an denen auch Polizeieinheiten aus Rumänien und Spanien beteiligt waren, begannen im April 2017. Zehn von 42 identifizierten Bandenmitgliedern wurden jetzt festgenommen. Die Gruppe stammt aus dem Südosten Rumäniens.

Geldwäscher aus Kalabrien

Zahlenmäßig größte Gruppierung der italienischen Mafia ist in Bayern die kalabrische 'Ndrangheta. Dreimal ging die Münchner Polizei 2018 sie vor, ein Logistiker und ein Erpresser, der München wohl als "Rückzugsraum" nutzte, wurden festgenommen, im Dezember ein Lokal und Wohnungen durchsucht. 18 bis 20 'Ndrangheta-Stützpunkte soll es in Deutschland geben. München ist neben Nürnberg und dem Allgäu einer der Schwerpunkte in Bayern. Für das bayerische Innenministerium steht fest, dass Mitglieder von Mafia-Organisationen "Bayern ... auch zur Begehung von Straftaten und mutmaßlich zur Investition inkriminierter Gelder nutzen". Das Bundeskriminalamt sieht eine "besondere Gefährdung des Immobiliensektors durch Geldwäscheaktivitäten".

© SZ vom 12.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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