Dritte Startbahn:Fast jeder Zweite in Bayern lehnt Flughafenausbau ab

Keine Tricks beim Bau der dritten Startbahn

Gegner der am Flughafen München geplanten dritten Startbahn haben auf ein Plakat der Startbahn-Befürworter in München das Wort "NEIN" geschrieben.

(Foto: dpa)
  • Fast jeder zweite Bürger in Bayern spricht sich gegen den umstrittenen Bau einer dritten Start- und Landebahn am Flughafen im Erdinger Moos aus.
  • Grüne und Freie Wähler fordern, die Pläne zu verwerfen.
  • Flughafenchef Michael Kerkloh dagegen untermauerte erneut seine Forderung nach der dritten Piste.

Von Marco Völklein

Die Bevölkerung in Bayern steht dem umstrittenen Bau einer dritten Start- und Landebahn am Flughafen im Erdinger Moos einer Umfrage zufolge skeptisch gegenüber. Mit 47 Prozent lehnt fast jeder zweite Wahlberechtigte die Ausbaupläne ab.

Dies ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des Bayerischen Rundfunks unter 1000 Wahlberechtigten im Freistaat. Lediglich 36 Prozent der Befragten sind laut der Umfrage für eine Erweiterung des Airports.

Im vergangenen Sommer hatte sich bereits eine Mehrheit in einer Umfrage des Fernsehsenders Sat.1 gegen die dritte Piste ausgesprochen: Damals hatten 52 Prozent der Befragten erklärt, gegen den Bau des 1,6-Milliarden-Euro-Projekts zu sein. 34 Prozent waren dafür, die übrigen Befragten waren unentschlossen oder machten keine Angaben. Unter den im Großraum München Befragten hatte die Ablehnung damals bei 63 Prozent gelegen.

Flughafenchef Kerkloh pocht weiterhin auf den Ausbau

Der Landtagsabgeordnete Christian Magerl (Grüne) erklärte am Mittwoch, die CSU-Fraktion im Landtag wäre aus seiner Sicht "gut beraten, wenn sie das Unsinnsprojekt endlich beerdigen würde". Benno Zierer (Freie Wähler) ergänzte, die Zahlen aus der Umfrage zeigten, dass der Bau politisch nicht durchzusetzen sei. "Deshalb gehören diese Pläne endgültig ins Altpapier."

Mit fast 41 Millionen abgefertigten Passagieren hat die Betreibergesellschaft des Flughafens im gerade abgelaufenen Jahr erneut einen Rekord aufgestellt. Einen weiteren Höchstwert verzeichnete der Airport im Frachtbereich: Mit 336 000 Tonnen wuchs die Luftfracht um 8,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Zahl der An- und Abflüge stieg laut der Statistik des Airports 2015 um 0,9 Prozent auf 377 000. Dieses relativ geringe Wachstum rechtfertige "keinen Bau gegen den Willen der Bevölkerung", erklärte der SPD-Landtagsabgeordnete Florian von Brunn.

Flughafenchef Michael Kerkloh rechnet im laufenden Jahr indes mit einem Zuwachs bei An- und Abflügen um vier Prozent - und untermauerte erneut seine Forderung nach der dritten Piste: "Die weltweite Mobilität nimmt weiter zu", sagte Kerkloh. "Alle Prognosen sehen für den Luftverkehr erhebliche Steigerungen voraus." Darauf müsse München mit dem geplanten Ausbau reagieren.

Lärmschutzklausel aus dem Jahr 1974 aufgehoben

Die dafür nötige Baugenehmigung liegt seit einiger Zeit vor, vergangenes Jahr bestätigte das Bundesverwaltungsgericht diesen Bescheid. Eine weitere Klage gegen die Baugenehmigung wurde am Dienstag vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München verhandelt.

Theo Dittmann, ein pensionierter Beamter aus Kranzberg bei Freising, hatte bemängelt, dass die Genehmigungsbehörde im Planfeststellungsbeschluss eine Lärmschutzklausel aus dem Jahr 1974 aufgehoben hatte. Diese Klausel sei damals extra zum Schutz der Anlieger erlassen worden, sie gehöre "zum Nukleus des Flughafens", argumentierte Dittmanns Rechtsanwalt vor Gericht. Zudem befürchtet der Kranzberger, dass der Lärm künftig deutlich zunehmen wird.

"Dann pfeif' ich auf diesen Staat"

Doch das Gericht machte rasch klar, dass es Dittmanns Klage aller Voraussicht nach abweisen wird. Die Lärmberechnungen des Flughafens hätten gezeigt, dass in Kranzberg eher mit weniger als mit mehr Belastung zu rechnen sei, erklärte der Vorsitzende Richter Erwin Bauer.

Durch die dritte Piste ergebe sich "eine gänzlich andere Verteilung der Flüge". Zudem habe niemand Anspruch darauf, dass eine einmal erlassene Klausel nicht auch wieder abgeändert werden kann.

"Ansonsten könnte man auch ein Wohnhaus nicht später durch einen Anbau ergänzen", so Bauer. Kläger Dittmann indes wollte dem nicht folgen: "Wenn ich den Aussagen des Staates nicht mehr glauben darf, dann pfeif' ich auf diesen Staat." Der VGH wird sein Urteil voraussichtlich Mitte der kommenden Woche verkünden.

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