Dritte Liga:Im freien Fall

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Die Luft wird dünner: Bayerns Fiete Arp und Jamie Lawrence (v.li.) gegen die Lübecker Saven Mende (verdeckt) und Tommy Grupe (re.). (Foto: Markus Fischer/imago images/Passion2Press)

Einen Tag nach der Ankündigung, dass Trainer Holger Seitz vorzeitig seinen Posten räumt, verliert Bayern II das Abstiegsduell gegen Lübeck.

Von Christoph Leischwitz, München

Die Luft wird dünner: Bayerns Fiete Arp und Jamie Lawrence (v.li.) gegen die Lübecker Saven Mende (verdeckt) und Tommy Grupe (re.). (Foto: Markus Fischer/imago images/Passion2Press)

Seine letzten Sekunden als Trainer des FC Bayern München II verbrachte Holger Seitz mit verschränkten Armen, schüttelndem Kopf und einem ungläubigen Blick auf den leeren Rasen. Für 30 Spiele war der sportliche Leiter im Nachwuchszentrum jetzt auch hauptverantwortlich gewesen für die U23, die er vor zwei Jahren zum Aufstieg geführt hatte, die in der vergangenen Saison Meister wurde, dann aber in Sebastian Hoeneß ihren Meistertrainer an den Bundesligisten Hoffenheim abgeben musste. Also war er nochmal eingesprungen. Es sollte keine leichte Aufgabe werden, das war dem 46-Jährigen von Beginn an klar, und das hat sich auch bewahrheitet. Nach zuletzt vier Niederlagen in Serie und dem 2:3 gegen den Tabellen-Vorletzten VfB Lübeck am Samstag hätte man fast das Gefühl bekommen können, als ob der sportliche Leiter Seitz den Trainer Seitz rausgeworfen hätte. Fest steht jedenfalls, dass er seinen Nachfolgern Danny Schwarz und Martin Demichelis eine Mannschaft hinterlässt, die im freien Fall in den Abstiegskampf geschlittert ist.

Der Trainerwechsel, vom Verein bekanntgegeben am Karfreitag, kam auf den ersten Blick überraschend. Normalerweise werden Trainer in so einer Saisonphase gefeuert. Beim FC Bayern München II ist die Situation ein wenig anders. Da ist zum einen Seitz' Doppelbelastung. Für die sportliche Leitung stünden in den kommenden Wochen wichtige Entscheidungen an, sagt Seitz, und verweist auf die Kaderplanung der U17 und der U19. Zweitens habe Danny Schwarz gerade seine letzte Prüfung zum Fußballlehrer beim DFB absolviert. Durchfallen wird er nicht; die Übergangszeit, in der eine Profimannschaft ohne die Fußballlehrer-Lizenz arbeiten darf, beträgt 15 Werktage. Drittens, und das kommt dann einer Absetzung des Trainers noch am nächsten, erhofft man sich vom Wechsel natürlich schon einen Impuls, nachdem die Mannschaft zuletzt so bemüht, aber erfolglos spielte.

Die U19-Trainer Schwarz und Demichelis übernehmen. Wohl auch, weil die Junioren-Bundesligen vor dem Abbruch stehen

Es gibt noch einen weiteren Grund: Offensichtlich gehen die Bayern davon aus, dass die Junioren-Bundesligen die Saison abbrechen werden. Schwarz und Demichelis waren zuletzt als gleichberechtigtes Duo Trainer der U19. Insofern kennen sie einige der jüngeren Spieler im U-23-Kader ohnehin schon sehr gut. "Ich bin ja jetzt auch nicht raus", ergänzt Seitz, er werde künftig ja lediglich "ein paar Reihen weiter hinten" sitzen, auf der Tribüne eben. Ob der langjährige Co-Trainer Dirk Teschke weiter dem U23-Trainerteam angehören wird, soll übrigens noch im Lauf der Woche geklärt werden.

In der Schlussphase des Lübeck-Spiels, in dem sich die jungen Bayern zweimal nach Führung schnelle Gegentore einfingen, habe er überhaupt keinen Kopf gehabt darüber nachzudenken, dass es sich gerade um seine letzten Trainer-Minuten handelte. Aber es war Seitz anzumerken, dass ihn dieser Abgang wurmte. Ein bisschen seien die schlechten Ergebnisse schon auch der Tatsache geschuldet, dass die Spiele "extrem unglücklich" gelaufen seien, dass die Zeitpunkte der Gegentore "brutal" seien und den Gegner immer wieder aufgebaut hätten.

In der letzten halben Stunde geben die Bayern einen Vorsprung aus der Hand

Das Spiel gegen den Aufsteiger aus dem hohen Norden darf man demnach als brutalen Höhepunkt einer Entwicklung der vergangenen Wochen verstehen: Eigentlich schien das 1:0 der Bayern zu einem psychologisch günstigen Zeitpunkt gefallen zu sein. Angelo Stiller brachte den Ball kurz vor der Pause noch im Tor unter, nachdem zwei Großchancen liegen geblieben waren (42.). Das 1:1 fiel aber nur eine Minute später. Die erneute Führung durch Torben Rhein, ebenfalls im dritten Versuch, schien die Verhältnisse wieder gerade zu rücken (53.), für den 18-Jährigen war es der Premierentreffer im Profifußball. Für den gesperrten Kapitän Nicolas Feldhahn spielte Maximilian Welzmüller diesmal in der Innenverteidigung, und er verschuldete mit einem Handspiel den Strafstoß, der zum 2:2 führte (57.). Nach dem zweiten Ausgleich "haben wir erhebliche Probleme gehabt, unser Spiel weiter umzusetzen", sagte Seitz. Und das 2:3 fiel dann wie schon beim ersten Treffer, nach einem der berüchtigten weiten Einwürfe von Ryan Malone (84.).

Auf Schwarz und Demichelis warten zu ihrem Start zwei besonders harte Brocken: ein Auswärtsspiel beim Dritten Ingolstadt, ein Heimspiel gegen den Zweiten Rostock. Sollte jedoch die Mannschaft tatsächlich noch absteigen, dann wird dies trotzdem kaum dem spät berufenen Duo zugesprochen werden. Holger Seitz würde dann wohl in den Drittliga-Geschichtsbüchern als gleichzeitig Auf- und Abstiegstrainer geführt werden.

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