Die Schlüsselszene des Spiels erregte noch lange nach dem Schlusspfiff die Gemüter: Noch zwei Minuten waren zu spielen in der Drittligapartie zwischen dem MSV Duisburg und Türkgücü München, als der ballführende Münchner Yi-Young Park im eigenen Strafraum vom Duisburger David Tomic einfach umgerumpelt wurde, den folgenden Schuss konnte Torwart René Vollath lediglich wegpatschen und Orhan Ademi musste nur noch abstauben. Es war der 3:2-Siegtreffer durch eine regelwidrige Koproduktion zweier Spieler, die erst eine Minute vorher eingewechselt worden waren.
Und so jubelten die Duisburger ausgelassen, während Türkgücü-Trainer Serdar Dayat in der folgenden Pressekonferenz tobte: "Der Schiedsrichter macht die Augen zu und lässt weiterspielen. Wenn er gepfiffen hätte, hätten wir einen Punkt mitgenommen und eine gute Rückfahrt gehabt. So kann ich jetzt acht Stunden die Augen zumachen und über ein verlorenes Spiel nachdenken."
Das Führungstor von Türkgücü durch Röser entspringt einem sehenswerten Konter
Auch wenn Referee Tobias Fritsch in dieser Szene tatsächlich falsch lag, was auch Duisburgs Coach Pavel Dotchev einräumte, hatten sich die Münchner die Niederlage doch in Teilen selbst zuzuschreiben, immerhin gaben sie einen 2:0-Pausenvorsprung aus der Hand. In der ersten Halbzeit zeigten sie sich effizient und konzentriert. Sehenswert, wie Türkgücü mit einem blitzartig vorgetragenen Konter das Führungstor herauskombinierte: Ausgehend von Keeper Vollath lief die Kugel über Ünal Tosun auf der linken Seite, sein Zuspiel legte Sebastian Maier perfekt in den Lauf von Sturmspitze Lucas Röser, dessen Schuss unhaltbar für MSV-Torwart Leo Weinkauf im Winkel einschlug, weil ihm der Ball beinahe über den Spann gerutscht wäre (9.).
Es lief auch weiterhin gut, weil die Gastgeber, obwohl wieder mal angefeuert durch ein nimmermüdes Hupkonzert ihrer Fans vom benachbarten Stadionparkplatz, vorne nicht zwingend waren. Und dann nutzte der aufgerückte Verteidiger Maxime Awoudja eine Freistoßflanke von Maier per Kopf zum 0:2 (41.).
Was nach der Pause passierte, war nicht nur für Sebastian Maier "unerklärlich", wie er bei Magentasport sagte: "Wir haben den Gegner, der in der Tabelle hinten drin steht, schon am Boden und lassen ihn wieder aufkommen." Das begann schon wenige Sekunden nach Wiederanpfiff, als Vollath einen Schuss von Leroy-Jacques Mickels nach vorne abklatschte, Moritz Stoppelkamp die Übersicht behielt und querlegte, ehe Aziz Bouhaddouz zum 1:2 abstauben konnte (47.). Die Gastgeber machten weiter Dampf, Türkgücü bekam mehr und mehr Probleme. Dann schlug der Münchner Verteidiger Alexander Sorge im eigenen Sechzehner nach dem Ball, traf aber nur Gegenspieler Bouhaddouz - ein klarer Elfmeter, den Stoppelkamp ganz locker zum 2:2 verwandelte (65.).
Es folgte die umstrittene Szene, die zum 3:2 für den MSV führte - und eine letzte Großchance für Türkgücü, als der wegen seiner noch nicht ganz auskurierten Fußsohlenverletzung erst spät eingewechselte Petar Sliskovic aus spitzem Winkel das Außennetz anvisierte (90.+2). Und damit nicht wie beim 2:1-Sieg im Hinspiel, als er doppelt gegen seinen Ex-Klub traf, zum Helden avancierte.
Muss Trainer Dayat im Sommer schon wieder gehen? Der Geschäftsführer gibt eine kryptische Antwort
Und so wartet Dayat auch nach vier Partien als verantwortlicher Trainer auf seinen ersten Sieg - und muss sich dazu noch mit einer Personalie beschäftigen, die auch in Duisburg für Gesprächsstoff sorgte: Sercan Sararer stand nicht im Kader, nach SZ-Informationen hatte ihn die Klubführung suspendiert, weil ein Streit um die Option auf Vertragsverlängerung, die der Verein im Sommer gerne ziehen würde, eskaliert ist. Dem widersprachen die Verantwortlichen am Wochenende entschieden. Geschäftsführer Max Kothny sagte, es sei "nichts passiert", er sei "vom Medienecho überrascht". Man habe am Mittwoch gegen Unterhaching ein "extrem wichtiges Pokalspiel", so Kothny: "Deshalb haben wir einfach rotiert, Sercan muss ein bisschen regenerieren." Coach Dayat fügte nach dem Spiel hinzu: "Wir werden gucken, wie er sich fühlt und dann am Dienstag entscheiden, ob er dabei ist."
Den Gerüchten, wonach der Trainer schon zum Saisonende wieder seinen Hut nehmen müsse, trat Kothny im Fernsehinterview übrigens eher halbherzig entgegen. Dayat arbeite "einwandfrei", die Spieler würden sich mit ihm weiterentwickeln, befand der Geschäftsführer und verschlüsselte seine Botschaft vorsichtshalber mit einer doppelten Verneinung: "Es ist nicht ausgeschlossen, dass er nächste Saison nicht dabei ist."