Dreharbeiten am Münchner Viktualienmarkt:Zwischenmenschliche G'schaftigkeit

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Vielleicht der charmanteste Ort der Stadt: der Münchner Viktualienmarkt. Leben und Leben lassen ist die Devise und es bleibt immer Zeit für ein Geplänkel. Kein Wunder, dass Franz Xaver Bogner hier gerne Filme dreht

Astrid Becker

Wenn Franz Xaver Bogner mal wieder am Viktualienmarkt dreht, dann bleibt nichts, wie es war. In solchen Fällen wird der Platz nahezu hermetisch abgeriegelt, die echten Händler verwandeln sich allenfalls in Set-Beobachter - verkauft wird dann nichts. Stattdessen werden Kameras herumgeschoben, und Bogner sitzt auf seinem Regiestuhl und gibt Anweisungen. Wer ihn dabei schon einmal erlebt hat, kann erahnen, wie sehr dieser Ort seine Phantasie beflügelt.

Dreharbeiten zu "München 7" am Viktualienmarkt Die Schauspielerin Christine Neubauer (l) in der Rolle 'Elfi', der Regisseur Franz Xaver Bogner (M) und Kabarettistin Monika Gruber in der Rolle 'Moni' (r). (Foto: picture alliance / dpa)

Bogner war schon immer vom Viktualienmarkt fasziniert. Und er ist nicht der einzige. Tausende Menschen bummeln von Montag bis Samstag über den Markt - Münchner ebenso wie Touristen. Der Viktualienmarkt gehört zu den berühmtesten Märkten des Landes - und ist mit einer Fläche von 22.000 Quadratmetern auch der größte. Doch seine Anziehungskraft rührt nicht von seinen Ausmaßen her. Es ist vielmehr seine ganz besondere Lebendigkeit und sein Charme, der ihn so liebenswert macht.

Schon früh am Morgen, etwa gegen fünf Uhr, beginnt hier ganz langsam das Leben, zu einer Zeit also, in der sich wohl die meisten Münchner noch eine Runde Schlaf gönnen. Gemächlich sorgen die Händler um diese Uhrzeit für die Dekoration ihrer Stände, hängen Lampen auf, schrauben am Gestänge herum und heben ihre Waren auf die Auslagen. Richtig wach wird der Riese Viktualienmarkt jedoch erst Stunden später, wenn die ersten Besucher nach Erdbeeren, Blumen, frischen Eiern oder Fisch verlangen - und so manch' ein Standlbesitzer plötzlich in eine merkwürdig anmutende G'schaftigkeit verfällt.

Bogner beschrieb dieses Phänomen einmal so: Der Viktualienmarkt, sagte er, sei der Platz Münchens, an dem offensichtlich am meisten gearbeitet werde: "Mit Betonung auf offensichtlich." Denn in Wahrheit lässt sich hier kaum jemand aus der Ruhe bringen. Wenn sich hier Händler aufregen oder gar in Hektik verfallen, dann geschieht dies eigentlich nur, wenn die Stadt mal wieder Pläne hat, die nicht recht ins Konzept passen wollen: wie damals, als die Schrannenhalle gebaut werden sollte, oder wie heute, da eine umfassende Sanierung des Marktes ansteht und keiner so recht weiß, was das genau für ihn bedeutet.

Normalerweise jedoch hat hier die Devise leben und leben lassen oberstes Gebot. Deshalb bleibt immer Zeit für Geplänkel: "Darf man der schönen Dame heute einen ganz besonderen Wunsch erfüllen?", "Mei, heit schaust aber gar ned guad aus. War's recht spät gestern?" Derlei Fragen sind häufig zu hören - zumindest, wenn es sich beim so Angesprochenen um einen Stammkunden handelt.

Vielleicht ist es genau dieses Persönliche, das hier vorherrscht wie auf einem Wochenmarkt auf dem Land, das Bogner bewogen hat, hier seine Kultserie "München 7" zu drehen. Denn auch er verarbeitet darin durchwegs das Zwischenmenschliche, das diesen Ort so sehr bestimmt - und natürlich seine Standlfrauen, von denen Bogner einmal sagte, als kleiner Bub nur sie im Kopf gehabt zu haben. Ihnen widmete er maßgebliche Charaktere in seiner Serie: die Gemüsehändlerin Elfie (Christine Neubauer), die in der soeben gelaufenen zweiten Staffel Konkurrenz von der Moni (Monika Gruber) bekommt - im privaten wie im geschäftlichen Bereich.

Im wirklichen Leben herrscht eher traute Einigkeit unter den Frauen am Markt - viele Stunden verbringen sie im Winter miteinander, um für ihren bekannten Tanz am Faschingsdienstag zu üben. Trotzdem: Der Viktualienmarkt ist einfach ganz großes Kino.

© SZ vom 26.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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