Süddeutsche Zeitung

Theater "Viel Lärm um Nichts":Schiller mal anders

Lesezeit: 2 min

Intrige und Inquisition: Das Theater "Viel Lärm um Nichts" bringt "Don Karlos" in einer neuen Bearbeitung auf die Bühne.

Von Christina Rehm

Ein Kreuz und unzählige Degen hängen von der Decke herunter, Notizen liegen verstreut am Boden und eine rote Kutte baumelt an der Wand. Die Bühnenkulisse gibt einen ersten Hinweis auf die Inquisition, die später noch eine Rolle spielt. Wispernde Stimmen ertönen aus den Lautsprechern und leiten das Theaterstück "Der Karl, der Posa und der Philipp und die Sache mit der Eboli" ein. Inszeniert hat er selbst, Andreas Seyferth, Impresario des Theaters "Viel Lärm um Nichts".

Spanien im 16. Jahrhundert: Kronprinz Karlos, das Gesicht verdeckt von einer Maske, spielt auf einem Klavier. Der Auftritt von Karlos' altem Jugendfreund, dem Marquis von Posa, unterbricht das Klavierspiel. Die beiden treffen nach langer Zeit wieder aufeinander. Dabei erzählt der Infant: "Ich brauche Liebe." Und meint, diese Liebe in der neuen Frau seines Vaters, der Königin, gefunden zu haben. Sein Freund Posa dagegen will eine Welt ohne Machtmissbrauch. Und König Philipp, einsam an der Spitze des Landes, will "einen Menschen" und "einen Freund". Diesen sieht er im Marquis.

Margrit Carls liefert in ihrer Textversion eindringliche Dialoge, unterbrochen von absurden Kurzszenen. Die sonderbaren Situationen erschaffen eine verlotterte Frau (Urte Gudian), die über die Bühne schlurft, Kleidersäcke hinter sich herzieht und unverständliches Gebrabbel von sich gibt sowie die Figur des Buntscheckigen (David Fink). Passend zum Namen besteht sein Outfit aus einem wilden Mustermix, an der Kleidung hängen noch die Etiketten, und er läuft in schnellen Schritten über die Bühne, während er Anweisungen von einer Stimme aus seinem Telefon befolgt. Wie zum Beispiel einen Zettel vorlesen. "Warum der alte Schinken?", liest der Buntscheckige gehorsam ab. Gute Frage, doch diese Auslegung von Schillers dramatischem Gedicht lässt den "alten Schinken" neu aufleben.

Die Intensität der Handlung nimmt zu, als Karlos (Danielle Green) den König (Margrit Carls) um die Vollmacht über das Heer in Flandern bittet. Der Vater lehnt ab, Karlos schreit auf und schleudert wutentbrannt Kleidung über die Bühne. Dann kommt es zur "Sache mit der Eboli". David Fink, der zwischen den verschiedensten Charakteren wechselt, schlüpft in ihre Rolle. Indem er sich ein Kleid überhängt. Karlos und Eboli treffen aufeinander, es gibt ein "Missverständnis", und die Eboli ist auf Rache aus. Sie intrigiert gegen Karlos. Um diesen zu retten, opfert sich Posa (Judith Bopp). Das Geräusch eines Schusses ertönt, Posa sinkt zu Boden.

"Der Tote war mein Freund", wirft Karlos dem König vor, der auch beteiligt war. Der Infant hämmert in die Klaviertasten, versteckt sein Gesicht und seine Gefühle wie zu Beginn wieder unter einer Maske. Der Konflikt findet seinen Höhepunkt, als der König mit den Worten "Kardinal! Ich habe das Meinige getan. Tun Sie das Ihre" seinen Sohn der Inquisition überantwortet. Mit solchen, teilweise absurden Szenen, sonderbaren Figuren und viel Bewegung auf der Bühne zeigt das Theater-Ensemble "Viel Lärm um Nichts" Schillers Stück in einem neuen Licht.

"Der Karl, der Posa und der Philipp und die Sache mit der Eboli", bis 17. Mai, 20 Uhr, Pasinger Fabrik, August-Exter-Str. 1, Karten unter theaterviellaermumnichts.de

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6479310
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.