München ist eine Filmstadt. Das wissen selbst Menschen aus anderen Städten wie Berlin, die sich ebenfalls als Filmstadt bezeichnen. Was sich aber genau hinter diesem Etikett verbirgt, darüber gehen in München die Meinungen auseinander: Während die einen von den vielen Filmen und Serien schwärmen, die hier entstehen oder von Filmfirmen wie Arri oder der Constantin Film, denken andere an die Bavaria Filmstadt in Geiselgasteig. Dort kann man immer noch durch „Das Boot“ steigen oder in den Zauberspiegel aus „Chantal im Märchenland“ schauen.
Dabei gibt es nur eine Filmstadt München, zumindest dem Titel nach. Der Verein setzt sich seit seiner Gründung im Jahr 1984 als Dachverband für eine ganze Reihe von Münchner Filminitiativen ein: Er kümmert sich um die kommunale Filmarbeit und koordiniert Filmreihen wie Underdox, Bimovie oder Judoks sowie Festivals wie das Dok-Fest, Kino Asyl, Bunter Hund, Türkische Filmtage oder das Queer Film Festival. Mit ihren 16 Mitgliedsvereinen sorgt die Filmstadt München für eine cineastische Vielfalt, die selbst bundesweit ihresgleichen sucht. Über das ganze Jahr verteilt finden rund 400 Veranstaltungen statt, so werden insgesamt etwa 100 000 Besucher und Besucherinnen erreicht. „Eine einzigartige Erfolgsgeschichte“ sei das, lässt Münchens Zweiter Bürgermeister Dominik Krause in der Geburtstagsbroschüre ausrichten.
Beim Festakt zum runden Filmstadt-Geburtstag Mitte September im Filmmuseum fehlte der ursprünglich angekündigte Krause zwar, gefeiert wurde trotzdem. 40 Jahre Filmstadt: Das sind viele Gesichter und Geschichten, die allermeisten Menschen arbeiten ehrenamtlich und schon seit vielen Jahren für ihre Festivals oder Reihen. Auch Monika Haas ist lange dabei, sie übernahm im Jahr 2016 die Geschäftsführung der Filmstadt. Der Stadtrat hat im Jubiläumsjahr eine zweite Stelle genehmigt, seitdem wird sie von Franziska Viehbacher unterstützt, die viele vom Dok-Fest oder den Lateinamerikanischen Filmtagen kennen. Das fällt beim Festakt ohnehin auf: Obwohl die Veranstaltungen so unterschiedlich sind, kennen sich deren Organisatorinnen und Organisatoren bestens. Auch das ist ein Verdienst der Filmstadt.
Bei der Panel-Diskussion, an der unter anderem der SPD-Stadtrat Lars Mentrup oder Konstantinos Mitsis von der Griechischen Filmwoche teilnahmen, kamen Themen zur Sprache, die die Filmstadt schon lange beschäftigen. So reichen etwa die Forderungen nach einem eigenen Filmhaus bis in die Siebzigerjahre zurück: Einem Ort also, um sich zu treffen und auszutauschen, um Filme zu zeigen und darüber zu diskutieren. Gerade in einer Zwischennutzungsstadt wie München sei es schwer, geeignete (und bezahlbare) Räume zu finden, sagte Mitsis. Ein Filmhaus fänden alle gut – dass es ein solches geben wird, ist eher unrealistisch. „Die Haushaltslage ist so schlecht wie nie“, sagte Mentrup. Man könne höchstens darüber nachdenken, wie man es angehe, wenn denn irgendwann wieder Geld dafür da sei.
Auch die Forderung nach einer besseren finanziellen Ausstattung der einzelnen Veranstaltungen hat man leider schon viel zu oft gehört: Ein Festival zu organisieren, geht regelmäßig mit Selbstausbeutungstendenzen einher. Umso mehr überraschte vor Kurzem der Kinobetreiber Matthias Helwig, als er vor Beginn des von ihm veranstalteten Fünf-Seen-Filmfestivals verkündete, dass er nicht weitermachen könne, wenn es keine hinreichende finanzielle Unterstützung mehr gebe. „Man muss auch einfach einmal sagen, wenn es nicht mehr geht“, sagte Monika Haas auf dem Podium.
Wie es weitergeht, hängt auch von den Mitgliedsvereinen selbst ab: Die meisten von ihnen haben Nachwuchssorgen und müssen die viele Arbeit auf zu wenigen Schultern verteilen. Da können Festivalmitarbeiterinnen noch so sehr von ihren Veranstaltungen schwärmen: Die Aussicht auf lange Abende und ständig leere Kassen ist nicht ganz so attraktiv für Außenstehende.
Nach draußen zieht es die Filmstadt auch seit etwa einem Jahr: Beim „Projekt Stadtteilkultur“ gehe es darum, Kino in Stadtteile zu bringen, in denen es keine Kinos gibt. Die ersten Veranstaltungen in Riem oder Neuperlach seien sehr gut angenommen worden, sagte Haas. Gut möglich also, dass die Filmstadt München in den nächsten Jahren noch größer wird.