Dok-Fest-Tipp:Verlustgefühle

Ein Film über Christoph Schlingensief

Von Josef Grübl

An der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) enden viele Filmkarrieren, bevor sie beginnen: Es gibt einfach deutlich mehr Bewerber als Studienplätze. Das wusste auch Christoph Schlingensief, der als junger Mann seinem HFF-Glück etwas auf die Sprünge helfen wollte: Jemand habe ihm geraten, erzählte er einmal, er solle sich in Sachen HFF direkt an Wim Wenders wenden. Der habe dort gute Connections. Dummerweise war der Regisseur gerade nicht in München, sondern in Venedig, was Schlingensief aber nicht abhielt: Er reiste ihm hinterher, traf ihn auch (und zufällig auch Isabella Rossellini); aus dem Filmstudium in München wurde am Ende aber doch nichts. Diese und viele andere Anekdoten erzählt Schlingensief in einem ihm gewidmeten Dokumentarfilm. Es ist ein lustiger Film, weil sein Protagonist so hinreißend komische Geschichten erzählen konnte. Es ist aber auch ein trauriger Film, weil der Künstler viel zu früh verstarb, 2010 im Alter von 49 Jahren. Bettina Böhler, die mehrere von Schlingensiefs Filmen schnitt, gibt hier ihr Regiedebüt. Sie hat sich durch Archive gewühlt und Arbeiten gesichtet. Herausgekommen ist eine dichte Künstlerbiografie, die den Verlust noch mal schmerzlich bewusst macht.

Schlingensief - In das Schweigen hineinschreien , D 2020, Regie: Bettina Böhler, als Stream via www.dokfest-muenchen.de

© SZ vom 09.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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