Dok-Fest-Tipp:Königinnenreich

In "Queen Lear" spielen fünf Türkinnen Shakespeare

Von Ayca Balci

Queen Lear

Ungewöhnliche Begegnungen: Laientheater im Taurusgebirge.

(Foto: Dok-Fest München)

"Wenn ich mit der Hacke aufs Feld kann, dann kann ich auch genauso gut mein Kostüm anziehen und auf die Theaterbühne gehen" - so denken Zeynep, Ümmü, Fatma, Behiye und Cennet. Die fünf Frauen aus einem ländlichen Dorf im Süden der Türkei gelten mit ihrer Theaterbegeisterung in der ärmlichen, patriarchalen und teils konservativ geprägten Gesellschaft als Exotinnen. Schon 2005 porträtierte die Regisseurin Pelin Esmer in ihrem Dokumentarfilm "The Play" die Anfänge der außergewöhnlichen Theatergruppe. Jetzt, 14 Jahre später, begleitet sie die fünf Dorffrauen erneut mit der Kamera auf einer 30-tägigen Tournee: Mit ihrem Bus fahren sie auf staubigen und unbefestigten Straßen in die abgelegensten Dörfer der südlichen Mittelmeerküste - in Dörfer, die vorher noch nie in den Genuss von Kino und Theater gekommen waren.

Im Repertoire: Shakespeares "King Lear". Weil es keinen Schauspieler für die männliche Hauptrolle gibt, wird sie eben von Fatma gespielt. Warum auch nicht? Selbst ist die Frau! Darum geht es den fünf letztlich: um Selbstbestimmung und -verwirklichung, ein Stück Selbstbewusstsein und dabei Vorbild für andere Dorffrauen zu sein. Dass die nomadischen Hirten in den Höhen des Taurusgebirges nicht viel mit Shakespeare anfangen können, spielt keine Rolle. So sehr geht es in "Queen Lear" nämlich gar nicht um das Originalstück. Die Laienmiminnen adaptieren die Tragödie und machen sie mit ihrem Jargon, ihrer Lebensgeschichte und all ihren gesellschaftlichen Problemen zu ihrem persönlichen Stück, das ganz anders als das düstere Original mit viel Humor, Ironie und einer improvisierenden Leichtigkeit daherkommt.

Queen Lear, Türkei 2019, Regie: Pelin Esmer, bis 24. Mai als Stream via dokfest-muenchen.de

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