Süddeutsche Zeitung

Messe Make Munich:Selber machen statt konsumieren

Wer gerne bastelt, tüftelt oder programmiert, der kann sich auf der Messe Make Munich mit Gleichgesinnten austauschen.

Von Günther Knoll

Der Bastler von heute nennt sich Maker. Das bedeutet aber nicht, dass Schrauben für ihn nur noch ein Nebenaspekt ist. Auch wer im Internet zu Hause ist, selbst programmiert, sich mit 3-D-Druck und Laser auskennt, muss noch über handwerkliche Fähigkeiten verfügen, wenn er selbst etwas herstellen will. "Do it yourself 2.0" nennt Martin Laarmann die Bewegung, deren Mitgliedern es darum gehe, "Dinge selber zu machen, statt sie einfach zu konsumieren".

Laarmann ist Geschäftsführer der Make Germany GmbH, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Maker-Szene zusammenzubringen. Diese Szene nennt sich Community, und diese Betonung der Gemeinschaft hat Sinn, denn es geht den Makern darum, gemeinsam Informationen zu sammeln und auszutauschen. Im Gegensatz zu manchem Bastler und Tüftler alten Schlags wollen sie ihre Ideen öffentlich machen. Nach dem Motto: Wissen und Können soll für jeden zugänglich sein, Unterstützung ist Ehrensache.

Ein Forum dafür ist die Make Munich, ein "Do-it-yourself-Festival" in Form einer Messe. Organisiert wird sie von der Make Germany GmbH mit Hilfe der Maker Community. Am Samstag und Sonntag, 16. und 17. Januar, geht die dritte Auflage über die Bühne, diesmal in der Zenith-Halle.

Nähen und Löten

Bei der Make Munich im November 2014 war der damalige Austragungsort, die Tonhalle in der Kultfabrik, fast zu klein geworden für Aussteller und 3500 Besucher. Diesmal rechnet man mit einer fünfstelligen Besucherzahl, wie Laarmann sagt, auch die Ausstellungsfläche hat sich verdreifacht.

Fast hundert Maker und Maker-Start-Ups sowie die Sponsoren und Partner der Messe zeigen ihre Projekte und Produkte. Das ist aber nur ein Teil, denn des Motto für 2016 lautet "Just make it". Dementsprechend gibt es zahlreiche Workshops, in denen die Besucher dieser Aufforderung Folge leisten können, die Stände von 14 Ausstellern bieten sich für das Publikum als Orte zum Mitmachen und ausprobieren an.

Das Programm reicht vom Schmuckbasteln bis zum Nähen und Löten. Es gibt Workshops zum Bau von Robotern, Musikinstrumenten und sogar einer eigenen Pflanzenkläranlage und auch zum Programmieren. Eine wichtige Rolle in der Makerszene spielt das Upcycling, bei dem es nicht nur um die bloße Wiederverwertung geht, sondern um das Schaffen neuer Stücke aus Abfall, wobei die Qualität gesteigert, gleichzeitig aber weniger Energie verbraucht wird als beim Recycling.

Durch Kontakte nach Slowenien und Italien ist die Messe auch internationaler geworden, wie Mitinitiatorin Jenny Ludwig anmerkte. Das diene auch dazu, "weg vom reinen Bastlerimage" zu kommen. Die Messe ist in fünf große Themenbereiche gegliedert. So präsentiert sich zum Beispiel die Robotik unter anderem mit Robotern, die abends sogar zu einem großen Show-Wettkampf, dem Hebocom, einer Art Sumo für Roboter, antreten. Und natürlich wird auch der Robo-Cup vertreten sein, bei dem humanoide Roboter gegeneinander Fußball spielen. Fernziel ist es laut Laarmann, dass 2050 der Roboter-Weltmeister gegen den Fifa-Weltmeister antritt.

Für viele Maker spielen Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein eine große Rolle. Im Bereich "Green Maker" wird unter anderem das Projekt Sunzilla vorgestellt: Ein mobiler, kompakter Solargenerator, entwickelt von Makern in Berlin für Veranstaltungen auf einem Floss. Damit ist der Sunzilla auch ideal für die dezentrale Energieproduktion in entlegenen Gebieten. Der Austausch und das Offenlegen von Informationen spielen gerade bei den Green Makern eine große Rolle, denen es auch darum geht, die Welt zu verbessern.

Neueste Technik kann im Ausstellungsbereich "Electric Innovators" erlebt und ausprobiert werden. Elektronik-Bastler können sich hier nicht nur Anregungen holen, sondern auch das nötige Wissen. Was man alles mit 3D-Druck machen kann, das können die Besucher ebenfalls bestaunen. Maker machen auch Mode, dafür gibt es die "Fashtech-Area" mit intelligenter Sportbekleidung und recycelten Textilien.

Hightechwerkstatt und Vorträge

Ein großer Bereich der Messe ist für offene Werkstätten und Fablab München reserviert. Fablab steht für fabrication laboratory, eine offene Hightech-Werkstatt und ein Ort, an dem man fast alles selber machen kann, ausgestattet mit modernster Technik und Technologie. Das Laboratorium soll auch ein Forum sein, an dem Wissen, Kreativität und Soziokultur gebündelt und ausgetauscht werden können.

Abgerundet wird das Programm der Make Munich mit Vorträgen und Präsentationen, für die es zwei eigene Bühnen gibt. Unter anderem spricht Bruce Sterling, der als Guru der Maker-Community gilt, über die Zukunft dieser Bewegung. Diese wird unter anderem im "Internet der Dinge" gesehen, in dem moderne Kommunikationstechnologie nicht zur Überwachung der Menschen genutzt wird, sondern zur Steuerung der Dinge.

Daraus ist die Idee der "Casa Jasmina" entstand, einer Wohnung in Turin, die Labor, Werkstatt und Ausstellungsraum zugleich ist. Dort werden innovative italienische Technik und Design verwirklicht und vernetzt. Wichtig dabei: Die Geräte stammen nicht von einem Anbieter, es gilt das Prinzip des "Open Source", das heißt offene Standards zur Interoperabilität. Gelenkt und gesteuert wird alles von einem Gerät namens Arduino.

Ähnliches wolle man auch in München schaffen, kündigt Laarmann an. Und die bayerische Antwort auf den Arduino wird bei der Messe gleich vorgestellt: der Bayduino. Dass der für Schüler in Serie geht, hoffen die Entwickler. Laarmann hält das nicht für ausgeschlossen. Der Freistaat und die Stadt München hätten sich sofort bereit gezeigt, die Messe zu unterstützen. Man sieht da offensichtlich Potenzial.

Make Munich - Münchens Maker Messe, 16. und 17. Januar, geöffnet jeweils von 10 bis 18 Uhr, Tagesticket 13 Euro. Zenith-Halle, Lilienthalallee 29, München-Freimann , U-Bahnhof Freimann (U6). Infos unter www.make-munich.de

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SZ vom 15.01.2016/dit
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