Polizisten dürfen und müssen einen Einbrecher, den sie auf frischer Tat ertappen, verfolgen, stellen und festnehmen. Weniger klar sind Maßnahmen, bei denen Polizisten präventiv tätig werden, etwa bei Personenkontrollen. In diesen Situationen gibt es häufig Probleme, weil sich Bürger falsch behandelt fühlen. Manchmal kommt es gar zu Strafanzeigen, wie aktuell im Fall der jungen Frau, die in der Polizeiinspektion in der Au geschlagen wurde - aus Notwehr, wie der Polizist sagt. Wann also dürfen Beamte jemanden aufhalten? Und wann und in welcher Form dürfen sie körperlichen Gewalt anwenden? Der Handlungsrahmen für solche Maßnahmen ist im Polizeiaufgabengesetz beschrieben - wobei Polizisten sich auf einen gewissen Spielraum bei der Auslegung dieser Vorschriften berufen können.
Verhältnismäßigkeit
Die Polizei hat nach dem Gesetz bestimmte Befugnisse, die Identität von Personen festzustellen, Platzverweise zu erteilen oder Leute in Gewahrsam zu nehmen. Die Wahl der Mittel muss aber immer verhältnismäßig sein. "Die Polizisten müssen den geringstmöglichen Eingriff wählen", sagt Strafrechtlerin Angelika Lex, die schon oft Mandanten gegen vermeintliche polizeiliche Übergriffe verteidigt hat. Wenn also Polizisten jemanden anhalten, um seine Personalien zu kontrollieren, dann dürfen sie ihn dafür nicht gleich mit auf die Wache nehmen - außer mit dem Ausweis stimmt etwas nicht.
Personenkontrolle
Polizisten dürfen nicht über den Marienplatz laufen und jeden anhalten, der ihnen über den Weg läuft. "Es muss konkrete Anhaltspunkte geben, warum eine Kontrolle nötig sein soll", sagt Lex. Die kontrollierte Person muss dann auf jeden Fall Namen, Geburtsort, Anschrift und Staatsangehörigkeit angeben. Bestimmte Kleidung wie etwa Kapuzenpullis oder bestimmtes Aussehen wie Rastazöpfe dürfen allerdings kein Grund für eine Kontrolle sein. Polizisten, sagt Lex, seien deshalb verpflichtet, immer den Grund für ihre Maßnahmen mitzuteilen.
Ausweispflicht des Polizisten
Polizisten müssen sich ausweisen oder wenigstens ihren Vorgesetzten benennen. Es gibt allerdings Ausnahmen. "Wenn ein Verdächtiger flüchtet, muss ihm kein Beamter mit dem Dienstausweis in der Hand hinterherrennen", sagt Lex.
Gewahrsam und Festnahme
Liegt eine Straftat vor, können Polizisten Verdächtige festnehmen. Der Gewahrsam hat eine niedrigere Schwelle: In solchen Fällen kann die Polizei Personen auf die Wache bringen, bei denen Anhaltspunkte bestehen, dass sie sich oder andere gefährden. Dies trifft etwa auf Betrunkene zu oder auf Beteiligte eines Streits, der eskalieren könnte. Hegen Polizisten den Verdacht, dass jemand im Begriff ist, eine Straftat zu begehen - etwa weil er eine Waffe trägt - muss er ebenfalls auf die Wache. Anwälte und Polizisten streiten oft, wann ein Richter über die Notwendigkeit der Gewahrsamnahme entscheiden muss. Laut Lex muss dies "unverzüglich" geschehen, etwa durch richterliche Notdienste. Polizisten legten den Spielraum oft großzügiger aus. Wer auf eine Wache gebracht wird, muss spätestens am Ende des nächsten Tages wieder entlassen werden, außer ein Richter entscheidet anders.
Durchsuchungen
Für Durchsuchungen gilt ähnliches wie für normale Kontrollen: Polizisten müssen einen Grund haben und diesen auch nennen, um jemanden durchsuchen zu dürfen. Frauen dürfen nur von Frauen durchsucht werden, außer es besteht akute Gefahr für Leib und Leben.
Fesselung
Polizisten dürfen Personen fesseln, wenn diese Polizisten oder Dritte angreifen, Widerstand leisten oder Sachen beschädigen. Auch Personen, die befreit werden sollen oder fliehen, sich verletzen oder sich gar töten wollen, dürfen fixiert werden.
Zwang
Wenn sich jemand gegen polizeiliche Maßnahmen wehrt, dürfen Polizisten Zwang anwenden. Wenn es möglich ist, müssen Beamte dies auch vorher ankündigen. "Es gibt eine große Bandbreite an Zwangsmitteln", sagt Lex. Ob Fesseln, Schlagstock, Pfefferspray - auch hier gilt, dass Polizisten verpflichtet sind, das geringstmögliche Mittel zu wählen.
Rechte kontrollierter Personen
Wenn man der Auffassung ist, dass ein Polizist einen nicht ordentlich behandelt hat, kann man nach dem Vorfall dagegen vorgehen und etwa Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen - auch wenn man nur sauer ist, dass der Beamte einen geduzt hat.