Süddeutsche Zeitung

Diskussion um Dirigenten:Gergiev rechtfertigt sich

Der russische Dirigent Valery Gergiev - designierter Chef der Münchner Philharmoniker - wird immer wieder kritisiert, ein reaktionärer Putin-Freund zu sein. Nun erklärt er sich erstmals in einem Brief - und bezeichnet sich als heimatverbunden.

Von Helmut Mauró

Seit einiger Zeit schwelt eine Debatte um die politische Haltung des designierten Chefs der Münchner Philharmoniker, Valery Gergiev. Jetzt gibt es dazu erstmals ein offizielles Statement des russischen Stardirigenten. Letzten Samstag trafen sich in Linz Münchens Kulturreferent Hans-Georg Küppers, Intendant Paul Müller und Valery Gergiev zu einem klärenden Gespräch. Es ging um die Verantwortung für die Stadt München und für das Orchester, um den Umgang mit der Situation in der Ukraine und in Russland sowie um "eine Ideensammlung für nachhaltige Kooperationsmöglichkeiten mit der schwul-lesbischen Community in München".

Valery Gergiev hat nun ein Schreiben an die Abonnenten der Münchner Philharmoniker verfasst, in dem er seine Position begründet. "Der Größe und Verantwortung, die in dieser Aufgabe liegt, bin ich mir durchaus bewusst", schreibt Gergiev. "Ich bin aber auch Russe und meinem Heimatland eng verbunden." Er beschreibt seine verantwortliche Stellung beim Sankt Petersburger Mariinsky-Theater und folgert: "Daraus können im Falle politischer Entwicklungen Probleme entstehen, wie wir sie jetzt haben, und in die mich einige verwickelt sehen. Ich gelte in manchen Ländern als Vertreter einer 'anderen' Gesellschaft, die nicht entschieden genug für die Werte des Westens stehe."

Gergiev sieht die russische Kultur aber als eine europäische an. "Doch ich kann auch nicht außer Acht lassen, dass die russische Gesellschaft teilweise nach anderen fundamentalen Prinzipien lebt." So spiele die tiefe Verwurzelung in der orthodoxen Religion eine elementare Rolle. "Ich achte und respektiere das, was als Lebensmaxime in Russland den Menschen von hohem Wert ist. Dazu gehört auch das Festhalten an Tabus, die in den westlichen Ländern seit einigen Jahren nicht mehr gelten, aber zu deren Aufhebung es viele Anläufe und viel Zeit brauchte."

Persönlich aber werde man ihm weder Fehlverhalten noch Respektlosigkeit vorwerfen können. "Der Dialog darf nicht abreißen, niemals!" Der wird auch weitergehen müssen, wenn Gergiev seinen Standpunkt weiterhin so vage hält.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1970433
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 21.05.2014/ahem/tba
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.