Süddeutsche Zeitung

Digitalisierung:Kein Internet und leere Braukessel

Berufsschulen müssen die Arbeitswelt nachbilden. Bei der Digitalisierung klappt das nur teilweise. Zu Besuch bei der Münchner Berufsschule für Braugewerbe.

Von Benjamin Probst

Eine Schule, die Bier braut und eine Bar hat, klingt verlockend. Wären da nicht der fehlende Wlan-Zugang für die Schüler oder die ständigen Macken der digitalen Technik. Besonders Berufsschulen müssten auf dem aktuellen Stand sein, um die Schüler angemessen für die Arbeitswelt auszubilden, so Gernot Raab, Schulleiter der städtischen Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe. Konkret heißt das, es braucht Computerprogramme aus der Wirtschaft und die Möglichkeit, Laptops oder Tablets aus den Betrieben in den Unterricht mitzunehmen. IT-Referentin Laura Dornheim und Stadtschulrat Florian Kraus haben sich bei einem Besuch des Berufsschulzentrums am Simon-Knoll-Platz ein Bild vom Digitalisierungsfortschritt gemacht. Es stellte sich heraus: In München besteht durchaus noch Nachholbedarf.

Die wohl größte Hürde bei der Digitalisierung von Berufsschulen sind die mitgebrachten Endgeräte der Schüler. Zum einen gibt es für diese keinen Wlan-Zugang. So berichtete eine Schülerin, sie nutze im Unterricht immer den eigenen Handy-Hotspot, um auf ihrem Tablet zu arbeiten. Zum anderen fehlt es an Steckdosen, und die Schüler müssen sich um die wenigen, ungleich verteilten Buchsen platzieren. Auch die Lehrer haben Probleme. Deren Geräte sind zwar von der Stadt und können sich deshalb in das Wlan einklinken, manchmal brauche es aber zehn Minuten, bis die Laptops starten, erzählt eine Lehrkraft.

Digitaler-Zugang trifft auf Sicherheitsbedenken

Bei 45 Minuten Unterricht sei das viel zu lang, pflichtete Dornheim bei. Sie will jetzt bewerkstelligen, dass künftig auch Geräte der Schüler auf das Wlan zugreifen können. Die Verteilung der Steckdosen sei aber oft den alten Gebäuden geschuldet.

Was branchenspezifische Computerprogramme für die Ausbildung angeht, ist das Berufsschulzentrum am Simon-Knoll-Platz eigentlich gut aufgestellt. Die Küche nutzt zum Beispiel ein Warenwirtschaftsprogramm, das einem portionsgenau Einkäufe errechnet und die Brauer haben eine moderne Software, mit der sich ihre Kessel exakt steuern lassen. Wartungen und Sicherheitsbedenken erschweren die Arbeit mit den Programmen aber teilweise.

So soll für die Braukessel demnächst ein neues Programm kommen, das sich auch von zu Hause aus steuern lässt. Für die Berufsschule, deren Brauer aus ganz Südbayern kommen, würde das die Pendelzeiten deutlich reduzieren. Aber allen den Zugriff zu gewähren, stellt ein Sicherheitsrisiko dar, das erst einmal gelöst werden muss. Auch beim Warenwirtschaftsprogramm muss der städtische IT-Dienstleister LHM-Services eventuell kreativ werden, denn hier könnte bald ein Wechsel des Programms notwendig sein, da unklar ist, wer sich künftig um den Support kümmert. Die Lehrerschaft fürchtet um ihre Datenbank, wünscht sich - wenn nötig - einen einfachen Übergang und vor allem eine feste Planstelle für die IT-Betreuung der Schule.

Die Stadt hat zum Jahresbeginn die Zuständigkeiten verschoben: Der städtische IT-Dienstleister LHM-Services ist nun nicht mehr beim Referat für Bildung und Sport angesiedelt, sondern dem IT-Referat zugeordnet. Das soll unter anderem helfen, die Anschaffung und Fehlerbehebung von Computerprogrammen zu beschleunigen. Die neuen Prozesse müssten sich erst einspielen, man mache aber bereits Fortschritte, so Dornheim, und für große Schulzentren seien eigene IT-Planstellen ebenfalls sinnvoll. Die Stadt München will bis 2025 "die grundlegende Digitalisierung" sämtlicher Bildungseinrichtungen abgeschlossen haben.

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