Dietmar Aluta-Oltyan:"Die Freude an der Arena hat man mir verleidet"

Der Ex-Chef des Alpine-Konzerns spricht erstmals über sein Geständnis, seine Verurteilung und die Vorgeschichte des Falles.

Stephan Handel

Zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung und 1,8 Millionen Euro Bewährungsauflage - damit endete für Dietmar Aluta-Oltyan, Geschäftsführer des Baukonzerns Alpine, der Korruptionsskandal um die Allianz-Arena. Mit der SZ sprach er am Stammsitz des Unternehmens in Salzburg erstmals über die Gründe für sein Geständnis.

Dietmar Aluta-Oltyan: "Ich geh' da nicht hin": die Allianz-Arena in roter Pracht.

"Ich geh' da nicht hin": die Allianz-Arena in roter Pracht.

(Foto: Foto: ddp)

SZ: Herr Aluta-Oltyan, seit der Verhaftung der Wildmosers haben Sie stets beteuert, nichts Unrechtes getan zu haben. Wie kam es zu dem Umschwung?

Aluta-Oltyan: Ich habe im Sommer 2001 eine Provision vereinbart mit Herrn Dung, über dessen Vermittlung die Alpine erst auf die Idee kam, das Stadion anzubieten. Mehr habe ich nicht gestanden. Da ist keine Unrechtshandlung dabei.

SZ: Ein Strafverfahren gegen den Geschäftsführer eines Konzerns ist doch eine Belastung für die tägliche Arbeit.

Aluta-Oltyan: Österreich kennt diesen Straftatbestand nicht. Wie sollte ich auf die Idee kommen, dass eine Belastung für das Unternehmen entstehen könnte?

SZ: In Ihrer Pressemitteilung zum Ausgang des Prozesses erklären Sie, Sie hätten die Entscheidung des Gerichts "trotz erheblicher Bedenken" angenommen. Welcher Art sind diese Bedenken?

Aluta-Oltyan: Ich hatte keine Wahl. Ein deutsches Gericht, dass Herrn Wildmoser für schuldig befunden hat, wird den Beihilfstäter nicht freisprechen.

SZ: Das klingt eher nach Taktik als nach Schuldeinsicht.

Aluta-Oltyan: Sie haben vollkommen recht. Ich habe mich in den Dienst des Unternehmens gestellt. Heute ist wenigstens festgestellt, dass es keine Untreue gab, dass die Summe nicht in den Baupreis eingerechnet war, dass es nie eine Übervorteilung des Bauherrn gab. Das war mir das Wichtigste.

SZ: Wenn Sie aber von Anfang an überzeugt waren, dass Sie eine Provision zahlen - warum waren dann die Konstruktionen mit Scheinrechnungen notwendig?

Aluta-Oltyan: Auch das ist sehr einfach zu erklären. Der Alpine ist es völlig egal, welcher Zweck auf einer Rechnung steht, wenn sie bei uns finanztechnisch, steuerlich in Ordnung ist.

SZ: Sie sagen also, der Vorschlag zur Verschleierung kam von Dung.

Aluta-Oltyan: Aber natürlich.

SZ: Der hat in seinem eigenen Prozess und auch am Montag als Zeuge gesagt, die Alpine habe nicht gewollt, dass irgendwo "Stadion" draufsteht.

Aluta-Oltyan: Vorsicht. Herr Dung hat am Montag gesagt, das wollten alle. Es ging letzten Endes um steuerliche Probleme, die die beiden Herrschaften in Deutschland hatten.

SZ: Rechnen Sie nun damit, dass das österreichische Ermittlungsverfahren gegen Sie eingestellt wird?

"Die Freude an der Arena hat man mir verleidet"

Aluta-Oltyan: Es ist zu fragen, warum Österreich nicht schon lange entschieden hat: Anklage oder Einstellung. Sondern warum Aluta der deutschen Justiz mehr oder minder ausgeliefert wurde, in klarem Wissen, dass in Österreich keine Unrechtstat vorlag.

Dietmar Aluta-Oltyan

Er ist sich keiner Schuld bewusst: Dietmar Aluta-Oltyan, hier bei einer Pressekonferenz kurz nach der Verhaftung der Wildmosers.

(Foto: Foto: AP)

SZ: Die Alpine ist in vielen Ländern der Welt tätig. Haben Sie aus den Erfahrungen in anderen Märkten heraus den strafrechtlichen Aspekt der Zahlungen unterschätzt?

Aluta-Oltyan: Provisionen sind wirtschaftsüblich, nicht branchenüblich. Es gibt Branchen mit solchen Zahlungen in völlig anderen Größenordnungen. Ohne Dung hätte sich die Alpine um den Auftrag nicht bemüht. Damit ist klar, dass die Investition richtig war.

SZ: Eine Maßnahme der so genannten "Selbstreinigung" der Alpine ist Ihr Ausscheiden aus der Geschäftsführung und der Wechsel in die Holding des Konzerns. Bedauern Sie diesen Schritt?

Aluta-Oltyan: Ich habe seit mehreren Jahren vorgehabt, meine Tätigkeit in der operativen Geschäftsführung zu beenden. Zum anderen war es notwendig, die Maßnahmen so zu setzen, dass kein Verdacht, auch kein unbegründeter, mit der Alpine in Zusammenhang gebracht werden kann.

SZ: Sie haben das Unternehmen aufgebaut, von 40 Mitarbeitern 1968 auf rund 8000 heute, bei einem Jahresumsatz von zwei Milliarden Euro. Fühlen Sie sich verjagt?

Aluta-Oltyan: Ich habe im Interesse des Unternehmens sehr rasch gehandelt. Das ist die eine Seite. Die andere - ich sag's mit einem österreichischen Wort: Ich bin ang'fressen. Der Zuspruch der Münchnerinnen und Münchner für unsere Leistung beweist exakt das Gegenteil von dem, was man mir vorwirft.

SZ: Waren Sie schon einmal in der Allianz-Arena bei einem Fußballspiel?

Aluta-Oltyan: Ich geh' da nicht hin. Die Freude an dem Bauwerk hat man mir wirklich verleidet.

SZ: Hat das Münchner Stadion für die Alpine einen Werbeeffekt? Bekommen Sie Anfragen für weitere Bauten?

Aluta-Oltyan: Der libysche Präsident Gaddafi war in München und hat sich das Stadion angeschaut. Außerdem: Moskau. Kiew. Istanbul. Singapur. Peking. Afrika. Kasachstan. Zagreb. In Dubai stehen wir in Verhandlungen. So gesehen: Ich würde alles wieder genau so machen.

SZ: Wenn wir auf den Skandal zurückkommen - wie nahm er aus Ihrer Erinnerung seinen Anfang?

Aluta-Oltyan: Ich war in Arlberg beim Skifahren. Da hat das Handy geläutet. Ich bekam mitgeteilt, dass in Salzburg 100 Leute das Haus überfallen haben.

"Die Freude an der Arena hat man mir verleidet"

Zunächst dachte ich: Das kann mir wurscht sein. Bis ich gehört habe, dass es Haftbefehle gegen mich und einige meiner Kollegen gibt.

SZ: Können Sie sich erklären, wer ein Interesse daran haben könnte, die Zahlungen an die Öffentlichkeit zu bringen?

Aluta-Oltyan: Ich denke, es gibt genug Interessenten. Die Stadion GmbH ist eine private Gesellschaft mit zwei ungleichen Partnern: Der FC Bayern, übermächtig, finanziell stark. Und 1860, ein Verein, der in der Bedeutung und in der Finanzkraft weit hinten steht, aber dieses Projekt fifty-fifty zu teilen hat. Zweitens: der Neid, dass Alpine das Stadion baut. Nur wenige meiner lieben Mitstreiter können es verwinden, dass die Sache ein Erfolg geworden ist.

SZ: Nur wenige Tage nach der Verhaftung der Wildmosers hat OB Ude, Aufsichtsrat der Löwen, schon einen Nachfolger für Wildmoser sen. als Vereinspräsident präsentiert. Das haben viele Münchner mit Verwunderung registriert.

Aluta-Oltyan: Ich stelle fest, dass OB Ude als wichtiges Mitglied des Gutachtergremiums seine eigene Vergabe in Frage stellt. Er muss vergessen haben, wie das Verfahren gelaufen ist, wie die Entscheidungen gefallen sind.

SZ: Wildmosers jun. Lage wird durch Ihr Geständnis nicht verbessert.

Aluta-Oltyan: Ich glaube, dass seine Lage durchaus komfortabel ist. Die Untreue ist weg, ein wesentlicher Aspekt. Und: Durch ihn ist das Angebot der Alpine um 24 Millionen Euro billiger geworden als am Anfang. Eigentlich sollte er eine Verdienstmedaille bekommen.

SZ: Neben Ihrer Bewährungsstrafe müssen Sie 1,8 Millionen Euro bezahlen. Kommt das aus Ihrer Tasche oder springt das Unternehmen ein?

Aluta-Oltyan: Wie Sie wissen, bin ich mit 22 Prozent an der Alpine beteiligt, so dass es mir möglich ist, diese Summe zu begleichen, die ich nicht als Strafe betrachte, sondern als eine Zuwendung an den Freistaat Bayern.

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