Die Sperrstunde fällt weg:Die Nacht wird nur ein bisschen länger

Testen, was der Gast will: Die meisten Wirte werden die neuen Öffnungszeiten nicht voll ausnützen

Von Jan Grossarth und Dominik Hutter

Der Weg nach Berlin ist noch weit. Zwar soll in diesem Frühjahr die Sperrstunde fallen - Wirte und Behörden glauben aber nicht, dass sich das Münchner Nachtleben allzu stark in die frühen Morgenstunden verlagert. Allerdings gilt eine Experimentierphase als wahrscheinlich, in der die Wirte ihre Late-Night-Chancen ausloten.

Die Sperrstunde fällt weg: undefined
(Foto: Foto: dpa)

"Wer unbedingt länger offen haben will, hat die Genehmigung dafür längst in der Tasche", berichtet Frank-Ulrich John, Sprecher des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands - immerhin wurde die einst so strikte Sperrzeitregelung schon in den vergangenen Jahren liberaler gehandhabt. "Die meisten anderen werden weiterhin um ein oder zwei Uhr zumachen".

Es gebe eben nur ein begrenztes Potenzial an Vier-Uhr-Essern. John erwartet dennoch viele Vorteile von der Liberalisierung, wie sie der Stadtrat aller Voraussicht nach in der übernächsten Woche beschließen wird. So bleibe dem Wirt die peinliche Szenerie erspart, aufs Taxi wartende Gäste bei Wind und Wetter gnadenlos vor die Tür schicken zu müssen.

Bei Privat-Feiern in der Kneipe entfalle die lästige Pflicht, vorsorglich eine Sperrzeitverkürzung zu beantragen. "Keiner muss mehr vorhersagen, wie lustig seine Party wohl wird." Zudem würden wohl einige Wirte in den nächsten Monaten ausprobieren, ob es sich vielleicht doch rechnet, länger aufzuhaben. Rasche Veränderungen im Ausgeh-Verhalten seien aber nicht zu erwarten. Auch die Berliner Situation habe sich in Jahrzehnten entwickelt.

"Es ist ein Spiel von Angebot und Nachfrage", glaubt Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle, der sich bei seinem Vorstoß auf ein Pilotprojekt in zehn Stadtvierteln stützt. Interessant dabei: Mit Ausnahme Sendlings befürworten sämtliche "teilnehmenden" Bezirksausschüsse die aus Berlin, Hamburg oder Köln bekannte "Putzstundenregelung", die nur noch eine einzige Sperrstunde zwischen 5 und 6Uhr früh vorsieht.

Auch in der Maxvorstadt, dem einzigen klassischen Ausgehviertel im Late-Night-Test, wurde eine wohltuende Entzerrung des Parksuch- und Gehweg-Lärms registriert - zumal Letzterer oft erst durch den Ein-Uhr-Frust ("und wohin jetzt?") ausgelöst wird. Am meisten ändern dürfte sich nach Ansicht Blume-Beyerles bei Diskotheken und Clubs. "Eben da, wohin die Leute ohnehin erst nach Mitternacht aufbrechen".

Ärger ist trotzdem wahrscheinlich, die Stadtteilpolitiker der jetzt noch sperrzeitberuhigten Innenstadt-Viertel sind alles andere als begeistert. In den Bars rund um den Gärtnerplatz etwa hat sich der örtliche Bezirksausschuss seit langem den Ruf als Spaßbremse erworben, und auch Haidhausen gilt nicht als Dorado ungehemmten Großstadt-Spaßes. Die Wirte selbst reagieren abwartend auf einen möglichen Fall der Sperrstunde.

Im "Sausalitos" in der Türkenstraße bleibt es trotz "Putzstundenregelung" beim Zapfenstreich. "Egal, was mit der Sperrstunde passiert, wir machen sowieso immer um eins bis halb zwei zu", sagt Geschäftsführerin Anny Klein. Auch rund um den Gärtnerplatz kommen die Gastronomen offensichtlich mit den bisherigen Regelungen gut aus.

Das "Klenze 17" würde am Wochenende laut Inhaber Dieter Beuermann weiter um drei Uhr schließen. "Ich mache nicht länger auf, weil sich das finanziell nicht trägt." Gleiches im "Sax": In der Woche um eins, an Wochenenden um dreiSchluss - "bis 4, 5 Uhr würde sich nicht rechnen, weil sich der Laden um zwei schon leert", weiß Barkeeper Sunny Makkir.

Ein Beispiel für die Testphase bietet "Pappasitos"-Chef Alex Spak. "Wenn die Sperrstunde fällt, würden wir vereinzelt darauf reagieren". Zum Beispiel mit Sonderaktionen am Mittwochabend, und "an Wochenenden würden wir vielleicht schon mal bis kurz nach drei aufmachen". In der "Nektar"-Bar in Haidhausen ist schon dezente Vorfreude zu vernehmen. "Bis halb fünf am Wochenende würde es sich bei uns immer lohnen", sagt Geschäftsführer Guido Kellermann. "Man sollte aber auch nicht alles bis zum Ende ausreizen."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: