Die Seen der Münchner (2):In der "Schweinderl-Bucht"

Der neckische Spitzname will warnen: Am Fohnsee entspannen sich auch FKK-Anhänger.

Claudia Wessel

Aussteigen. Stille. Die Geräusche der Autobahn noch im Ohr, steht man vor einem Parkscheinautomaten und lauscht ins Nichts. Hinter den Blättern der Bäume leuchtet es bunt von Badehosen und Sonnenschirmen. Und doch ist es so auffallend ruhig.

fohnseen badeseen münchen

Eine Idylle für gestresste Großstadtmenschen: Der Fohnsee mit bläulicher Alpenkette und den roten Dächern des Ortes Iffeldorf.

(Foto: Foto: SZ/Hess)

Zwei Wege führen in dem kleinen Dorf Iffeldorf bei Penzberg zum Fohnsee. Der eine die Osterseenstraße hinab in Richtung Campingplatz. Hier parkt man nur wenige Meter von der kleinen Bucht mit dem Rasenliegeplatz entfernt. Liegestühle, Kühltaschen, Luftmatratzen lassen sich bequem die wenigen Meter hinübertragen. Wobei man die Kühltaschen gar nicht braucht, denn hier es gibt ja das "Fohnseestüberl". Der teilweise überdachte Biergarten, der seit 1979 von der kroatischen Familie Karic bewirtschaftet wird, befindet sich direkt neben der Liegewiese. Kurze Wege, kroatische und bayerische Speisen, Steckerlfisch (nur am Wochenende) und kühles Weißbier immer in greifbarer Nähe - dieser Zugang zum Fohnsee spricht eindeutig die bequemeren Menschen an.

Der zweite Weg führt durchs Dorf hindurch bis zum Kriegerdenkmal und an diesem rechts vorbei. Hier gibt es ebenfalls einen kostenpflichtigen Parkplatz. Wer darauf sein Auto abstellt, sollte jedoch nicht allzu großes Gepäck mitbringen. Denn bis zum Seeufer muss man noch einen kleinen Spaziergang machen - der sich allerdings für gestresste Stadtmenschen wirklich lohnt. Vorbei an dem kleinen Gebäude, in welchem das Limnologische Institut der Universität München residiert, das regelmäßig die Wasserqualität des Fohnsees untersucht, vorbei an einer Scheune mit Holzduft und hinein ins Grillenzirpen.

Ein spezieller Platz

Die Grillen. Sie scheinen nur an dieser einen Stelle zu hausen, auf der Wiese am Wegesrand vor dem ersten Hügel. Wer hier den Pfad entlang stapft, muss unbedingt einmal stehen bleiben und einfach nur lauschen. Das Zirpen ist so laut, als sei es verstärkt und eigens für eine Filmkulisse eingespielt. Doch alles hier ist echt. Das Hintergrundbild mit der blauen Bergkette, den roten Dorfdächern und dem idyllischen Kirchturm. Der Geruch von Staub an einem heißen Tag. Und das Schild, das an dem Weidezaun prangt, der einen nach rund 100 Metern erwartet: "Nur FKK."

Ja, der zweite Weg zum Fohnsee führt zur "Schweinderl-Bucht", wie die Einheimischen angeblich diese Viehweide nennen, auf der sich die Nackten tummeln. "Viehweide" ist kein schlechter Scherz, sondern eine Realität. Das Grün, das sich über die zwei Hügel und wieder abwärts zum Seeufer erstreckt, gehört den Kühen.

Passionierte Fohnsee-Besucher dieses Teils, der übrigens eindeutig der schönere ist mit dem Blick über den gesamten See, sind den Euter-Wesen auch schon während des Sonnenbadens begegnet. So wie Bankkaufmann Klaus Pedretti und sein Freund, der Rentner Berthold Blanz, die heute einen Ausflug von München hierher gemacht haben. "Manchmal spazieren die Kühe plötzlich hier durch", erzählt Pedretti. "Die sind völlig harmlos." Damit sie nicht ins Wasser gehen, ist die Liegewiese mit Draht eingezäunt, Schilder warnen "Vorsicht Strom". Um zu baden, benutzt man die kleinen Durchgänge.

Es ist weniger bunt am FKK-Strand, was zum einen an der fehlenden Badekleidung liegt, zum anderen am Nichtvorhandensein von Kindern und zum dritten daran, dass hier kaum Liegestühle und anderes Zubehör angeschleppt werden. Es ist ruhiger und es ist idyllischer. Allerdings gibt es weder kühles Weißbier noch Toiletten.

An der "Grenze" zwischen Bayern und Finnland

Das Weißbier und der Djuwecreis sind triftige Gründe, die den Schwabinger Rentner Fritz Beck vom Fohnsee-Strand mit Badehose-Pflicht überzeugen. Mit seiner Frau Hella ist er heute zum ersten Mal hier, im Schlepptau seiner Freunde Albert und Helga Wittmann, die längst Fans und zwei bis drei Mal die Woche da sind. "Weil es so ruhig ist", sagen die Wittmanns. Natürlich nur, so lange die Kinder noch nicht einfallen. Weil es so abgelegen wirkt, so ländlich, und doch so nah an Schwabing ist.

Weil es in diesem Sommer einen Ventilator über dem Stammtisch gibt, könnten die Herren sagen, die an diesem Nachmittag gemütlich dort sitzen. "Es ist genial", sagt Werner Gebhard und deutet nach oben. "Keine Fliegen mehr!" Ein Fohnsee-Fan ist auch Herbert Röder. "Das Wasser erwärmt sich sehr schnell, hat aber durch unterirdische Quellen auch immer Frischwasserzufuhr und kühle Stellen." Er kommt wie seine Stammtischbrüder aus der näheren Umgebung, aus Penzberg. Zum FKK geht er nie. "Da sind eher die Münchner", weiß er.

Bankkaufmann Pedretti und Rentner Blanz sind nicht auf FKK fixiert. "Wir gehen auch oft woanders baden." Am Fohnsee aber lieben sie nunmal diesen Standort, auf dem Hügel, mit Blick auf den See und die dahinter liegenden, dichten Wälder und auf der anderen Seite auf das malerische Iffeldorf. "Hinten ist Oberbayern, vorne Finnland!" schwärmt Blanz. Und das 58 Kilometer von München.

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