Die neuen Referenten:Ein Cineast und eine Krimi-Freundin

München hat zwei neue Stadtminister: Rosemarie Hingerl führt das Baureferat, Ernst Wolowocz wird Kämmerer.

Von Jan Bielicki und Alfred Dürr

Nur zwei sind gegangen. Die beiden Senioren unter den städtischen Referenten, Stadtkämmerer Klaus Jungfer (SPD) und Baureferent Horst Haffner (FDP), beide mit 63 und 62 nahe der Pensionsgrenze, haben nicht mehr kandidiert. Darum muss OB Christian Ude von Juli an in der Referentenrunde nur in zwei neue Gesichter blicken: in die von Rosemarie Hingerl und Ernst Wolowicz.

Das heißt: Das schüttere Barthaar und die dicken Augengläser des neuen Kämmerers Wolowicz sind Ude nur zu gut vertraut. Wolowicz saß schon bisher immer in der Referentenrunde - und stets auch in den kleineren, geheimeren Entscheidungszirkeln, bestehend manchmal nur aus ihm und seinem OB allein, in denen sich die Stadtpolitik entwickelte.

Der 50-jährige Politologe ist engster politischer Zuarbeiter und Berater des Oberbürgermeisters. Einst Chef der Münchner Jungsozialisten, leitete der SPD-Mann schon das OB-Büro des Ude-Vorgängers Georg Kronawitter, doch seit Udes Amtsantritt ist er eine wirkliche Macht im Rathaus: Lange Jahre führte er von seinem Schreibtisch, räumlich nur durch das Sekretariat von dem seines Chefs getrennt, in Personalunion das OB-Büro und das Direktorium, das die zentralen Aufgaben der Stadtverwaltung bündelt.

Der im Hintergrund schuftende Stratege Wolowicz, seit eineinhalb Jahren nur noch Direktoriumschef, hat für seinen Chef stets all das mit den Details und den Zahlen geregelt.

Den Kämmererjob sieht der durchaus machtbewusste Politikprofi denn auch im Zentrum künftiger Kommunalpolitik: "Es geht um nicht weniger als den Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung", beschreibt der designierte Kämmerer seine "schwierige Aufgabe".

Verhindern will er eine Überschuldung Münchens, welche die Stadt unter die Kuratel der Bezirksregierung bringen könnte: "Dann hätten wir zwar noch einen Stadtrat, aber der hätte nichts zu sagen."

Dabei hält er städtische Schulden "nicht per se für unmoralisch" - wenn denn das aufgenommene Geld in Investitionen auch für künftige Generationen fließt. Doch die Gemeindefinanzen, so fürchtet er, werden schon deshalb prekär bleiben, weil bei den derzeitigen Verhandlungen in Bundestag und Bundesrat "eine strukturelle Reform wohl auf der Strecke bleibt".

Wenn es darum gehe, die städtischen Einnahmen zu verbessern und die Ausgaben einzuschränken, werde er darum "keine Tabus nennen". Ein erfolgreicher Finanzpolitiker, so der Filmfan Wolowicz, "muss es mit James Bond halten: Sag niemals nie!"

Im politischen Umfeld des OB ist Rosemarie Hingerl, 47, nie aufgetaucht. Dem Rathauschef ist sie aber schon bald positiv aufgefallen. Er hat sie schließlich dazu ermuntert, als Baureferentin zu kandidieren. Nicht ein Parteibuch oder eine genau ausgearbeitete Karriereplanung habe sie ganz nach oben gebracht, sagt sie ganz glücklich nach der Abstimmung - "Ich habe einfach immer meine Arbeit mit großem Einsatz gemacht".

Der Stadtrat hat dies mit der nahezu einstimmigen Wahl zur Baureferentin honoriert. Erstmals steht eine Frau an der Spitze der Behörde mit 4000 Beschäftigten. Das Baureferat errichtet und unterhält öffentliche Gebäude und Anlagen - von Schulen über Plätze, Parks, Straßen, Tunnel bis hin zu U-Bahnhöfen und Klärwerken.

Die gebürtige Münchnerin und gelernte Architektin war schon mit 27 Jahren Leiterin eines Sachgebiets in der Abteilung Hochbau.Von hier aus machte sie ihren Weg an die Spitze des Referats und war seit Mitte 2001 Stellvertreterin des Baureferenten Horst Haffner.

Kaum Privatleben, keine Kinder, keine Zeit für eine Familie. Ja, so ist das, sagt Hingerl, wenn man seine Arbeit in den Mittelpunkt stellt - und sich in einer Männerwelt (in der Runde der Hauptabteilungsleiter ist keine Frau) behaupten muss. Entspannung findet sie auf Reisen (schwärmt von Schottland), mit Musik (hört Classic Rock von Led Zeppelin bis Uriah Heep) oder beim Krimi-Lesen.

Was aber nutzt der ganze Tatendrang, wenn kaum mehr Geld für Bauaktivitäten vorhanden ist? 20 Prozent des Personals im Baureferat ist in den vergangenen zehn Jahren abgebaut worden. Bis zum Jahr 2007 müssen weitere 17 Prozent der Stellen eingespart werden. Dazu kommen umfangreiche Neu- und Umorganisationen im Haus. Rationalisierung ist das Ziel.

Die Krise ist für Rosemarie Hingerl die Herausforderung: "Mit weniger Personal müssen wir die Leistungsfähigkeit des Baureferats für die Bürger erhalten und das Haus zu einem effizienten Dienstleister entwickeln." Dem Stadtrat hat sich Hingerl als kompetente und engagierte Bewerberin präsentiert. Das Gremium hat sich überzeugen lassen und ihr einen großen Vertrauensvorschuss gegeben.

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