Süddeutsche Zeitung

Die Geissens gegen die Klatschpresse:Die Yacht ist Privatsphäre

Lesezeit: 2 min

Die Geissens zeigen ihr Leben seit 2011 im Fernsehen. Vom Magazin "Closer" fühlten sie sich in ihrer Privatsphäre verletzt und klagten. Vor dem Landgericht München I bekommen sie nun Recht - zumindest teilweise.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Auch die Geissens haben ein Anrecht auf ihre Privatsphäre. Zumindest in diesem Punkt hat die "schrecklich glamouröse Familie" (RTL II) gegen das Klatschmagazin Closer vor dem Landgericht München I einen Punktsieg errungen. Doch das geforderte Schmerzensgeld werden Carmen und Robert Geiss nicht bekommen. Und auch über ihre merkwürdigen Kindergeburtstagsfeiern müssen sie sich negative Kommentare gefallen lassen.

Das Klatschblatt hatte in einem Artikel die Frage aufgeworfen, ob die Eheleute Geiss "sozial inadäquat" viel Alkohol tränken - noch dazu in Gegenwart ihrer Kinder. Dieser Artikel war mit Fotos garniert, unter anderem von Robert Geiss mit Bierflasche auf seiner Yacht in Gegenwart der Töchter. Allerdings waren dabei die beiden damals neun und zehn Jahre alten Mädchen verwechselt worden.

Privatleben für Kinder unter besonderem Schutz

Die Kinder zu zeigen, sei presserechtlich nicht zulässig, sagt nun das Landgericht München I. Bei der privaten Yacht handle es sich "um einen erkennbar abgetrennten Privatraum" - nicht zu vergleichen mit einem Besuch in einem Hafenrestaurant oder einem Spaziergang am Hafen. Dieses Privatleben genieße gerade für Kinder einen besonders hohen Stellenwert und damit einen besonderen Schutz.

Dieses Schutzinteresse werde auch durch die - "in der Tat ungewöhnlich weitgehende" - Öffnung des Privatlebens der Familie Geiss nicht aufgehoben, stellt das Gericht fest. Auch derjenige, der sein Privatleben so weit wie diese Familie öffnet, gebe damit nicht die Möglichkeit des Rückzuges auf, meint die Pressekammer. Denn die Sendungen zeigten immer nur einen Ausschnitt aus dem Leben der Familie - "jenseits dessen ein Rückzug möglich bleibt und gerade für Kinder bleiben muss".

"Closer" darf Bilder mit biertrinkendem Vater nicht mehr zeigen

Das Konzept der Sendung ist nach Auffassung des Gerichts trotz allem darauf ausgerichtet, diesen Rückzugsbereich zu schützen. Die Familie stelle sich in einzelnen, von ihnen ausgewählten und bestimmten Situationen ihres Privatlebens der Öffentlichkeit, sagt die Kammer, "machen aber damit keineswegs ihr gesamtes Privatleben zum Gegenstand der Berichterstattung". Closer darf künftig die Bilder der Töchter mit dem biertrinkenden Vater nicht mehr zeigen.

Die Berichterstattung über ein Familienfest ist nach Ansicht der Kammer aber akzeptabel: Diese Zeitschrift hatte sich angesichts auffällig gekleideter Personen bei Geissens Kindergeburtstag gefragt, was eine Domina mit ihrem Sex-Sklaven dort zu suchen habe. Tatsächlich soll es sich laut Carmen Geiss nur um eine stilisierte Polizistin mit ihrem "Polizeihund" als Einlasskontrolle gehandelt haben. Hier handle es sich um "eine wertende, zugespitzte und plakative Beschreibung". sagt das Gericht.

Die kritische Einordnung und Bewertung als "Sexspiele" oder der Akteure als "Domina" und "Sexsklave" sei "auch nicht gänzlich unnachvollziehbar". Die Äußerungen stellten "weder eine Schmähung der Kläger, noch eine Formalbeleidigung oder eine Verletzung ihrer Menschenwürde dar". Die Presse habe das Recht zu gewissen Übertreibungen oder Provokationen, die durchaus auch verletzen, schockieren oder beunruhigen dürfen, wird im Urteil festgestellt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1971389
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.05.2014
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.