Deutsches Museum:Sanierung des Deutschen Museums wird teurer als geplant

Deutsches Museum: Großbaustelle im Museum: Fundamente, Decken und Wände werden erneuert, Fluchttreppenhäuser errichtet, Betonpfeiler saniert.

Großbaustelle im Museum: Fundamente, Decken und Wände werden erneuert, Fluchttreppenhäuser errichtet, Betonpfeiler saniert.

(Foto: Deutsches Museum)
  • Das Deutsche Museum wird derzeit saniert, die Hälfte der Ausstellungen ist geschlossen.
  • Wegen verschiedener Zwischenfälle werden die Arbeiten deutlich teurer als gedacht.
  • Es ist auch nicht mehr von 2019 als Datum der Wiedereröffnung des ersten Bauabschnitts die Rede, sondern von 2020. Das gesamte Haus soll dann 2025 fertig sein.
  • Mitarbeiter gehen allerdings davon aus, dass auch dieser Plan nicht einzuhalten ist - und machen sich Sorgen um ihre Zukunft.

Von Martina Scherf

Es staubt und knirscht unter den Stiefeln, Bohrer dröhnen, Schweißgeräte zischen. Wo einst die legendäre "Tante Ju" stand, türmen sich Schutthaufen. In den Wänden der früheren Luftfahrthalle des Deutschen Museums klaffen riesige Löcher. Mittendrin die Abgeordneten des Landtags in ihren grell-gelben Signalwesten, mit Helmen auf den Köpfen und Sicherheitsschuhen an den Füßen. So folgen sie Generaldirektor Wolfgang Heckl in die Eingeweide des Gebäudes, um sich ein Bild von der Sanierung zu machen. "Es ist eine Operation am offenen Herzen", sagt Heckl.

Vor allem ist die Sanierung des Museums ein Jahrhundertprojekt. Intern heißt sie nur "Zukini": Zukunftsinitiative. Seit der Eröffnung des Hauses 1925 war kaum etwas erneuert worden, nach dem Krieg wurden nur grobe Schäden behoben. Jetzt muss alles auf einmal angepackt werden: Brand- und Hochwasserschutz, Elektrik, Klimatechnik, Treppen, Fenster, Dächer, Ausstellungsräume, Serviceeinrichtungen und Gastronomie. "Wir hatten nicht mal die nötigen Fluchtwege", sagt Heckl. Und all das geschieht unter den strengen Augen der Denkmalschützer.

An einer der freigelegten Wände ist in Schönschrift ein Text zu lesen, er stammt noch aus Zeiten der Museumsgründung und erklärt das Prinzip der Lehmannschen "Heissluftmaschinen". An der Decke hängt ein riesiges graues Paket - "da ist unsere Boeing 737 drin", sagt Heckl. Das Flugzeugteil war zu groß für den Umzug. Mehr als 10 000 andere Objekte, vom Hammerklavier bis zum Hubschrauber, haben die Mitarbeiter inzwischen in angemietete Depots oder die Flugwerft Schleißheim ausgelagert - eine logistische Meisterleistung.

Die Hälfte der Ausstellungen ist derzeit geschlossen, aber die Zahl der Besucher ist kaum zurückgegangen. Und 25 000 Quadratmeter sind ja nach wie vor geöffnet, darunter ein Teil des Bergwerks, die Astronomie, die Physik, die Pharmazie, das Kinderreich oder das wunderbare neue Planetarium. Die Sanierung liege im Plan, erläutert Dieter Lang, der Generalbevollmächtigte für den Bau, "wir haben genug Zeitpuffer eingebaut". Allerdings ist jetzt schon von 2020 als Jahr der Wiedereröffnung des ersten Bauabschnitts die Rede, nicht mehr von 2019. Das gesamte Haus soll dann zu seinem 100. Geburtstag im Jahr 2025 fertig sein.

Aber es gibt unangenehme Überraschungen. Nicht nur eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg wurde gefunden, auch Asbest und Schwermetall - die Entsorgung kostet schnell mal 100 000 Euro, sagt Lang. Oder eine Normänderung bei den Schutzschaltern: 800 000 Euro. Und neulich war eine Betonsanierung notwendig, Zusatzkosten: 1,5 Millionen Euro.

Die Politiker stapfen durch den Bauschutt und sind sichtlich beeindruckt von den Dimensionen des Projekts. Sie sind es ja auch, die das Geld dafür bewilligen müssen. 400 Millionen Euro waren ursprünglich kalkuliert, 360 Millionen davon teilen sich Bund und Land, zehn Prozent sammelte das Museum von Spendern ein. Inzwischen ist das Volumen auf 445 Millionen Euro angewachsen - dafür wurden Haushaltsposten umgeschichtet. Ob das reicht? Die Situation in der Baubranche ist angespannt, die Preise explodieren. "Selbst für ausgeschriebene Millionenprojekte finden wir derzeit keine Anbieter", sagt Lang.

Nachdem zu Beginn der Planungen vor vier Jahren Kosten und Strukturen aus dem Ruder gelaufen waren, wurde zu den Kontrolleuren im Wissenschaftsministerium noch ein externes Controlling durch die Firma Ernest & Young engagiert. Es gibt monatliche gemeinsame Sitzungen; von dort dringt nichts nach außen. Wer sich allerdings unter den mehr als 500 Mitarbeitern des Deutschen Museums umhört, erfährt nicht nur, dass bei manchen die Nerven blank liegen, sondern auch, dass längst nicht alle daran glauben, dass der Zeitplan einzuhalten ist.

Was zur Unruhe der Mitarbeiter beiträgt

Auch machen sich Sorgen breit, wohin diese Zukunftsinitiative noch führen werde. "Angeblich wird alles hinterfragt", sagt ein Mitarbeiter. Denn wenn das Ausstellungsgebäude fertig ist, bleiben ja noch weitere Baustellen. Ursprünglich träumte Heckl davon, die ganze Insel sanieren zu können. Der Traum platzte, als die ersten Kostenschätzungen vorlagen: Das Geld reicht höchstens für den Sammlungsbau. Dennoch wird Heckl an diesem Donnerstag dem Verwaltungsrat neue Ideen für den vorderen Teil vorstellen: Bibliothek, Archiv, Werkstätten, Kongresssaal und Forum der Technik, das vorübergehend an einen Club vermietet ist. Es wäre das ideale Entree zur Insel. Auf jeden Fall soll alles transparenter werden, Gebäude und Isarufer sollen besser verbunden werden.

Da sind noch viele Fragen offen. Wenn der Verwaltungsrat am Donnerstag zustimmt, soll eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden. Dann wird auch diskutiert werden, ob die Gebäude aus den 1930er-Jahren von German Bestelmeyer ebenfalls im Bestand saniert werden. Es werde auch von Abriss geredet, ist zu hören - da ist allerdings der Denkmalschutz im Wege. Oder von Auslagerung einiger Bereiche. Bücher könne man ja digitalisieren, Werkstätten an Fremdfirmen vergeben. Heckl sagt allerdings: Die Werkstätten, die die berühmten Dioramen, die Schaukästen, herstellen, seien zentraler Bestandteil des Museums. Er will, dass sie künftig sogar sichtbarer werden, ebenso wie die historischen Raritäten der Bibliothek.

Zur Unruhe der Mitarbeiter trägt bei, dass in Nürnberg im Jahr 2020 eine Dependance des Deutschen Museums eröffnet wird. Das hat Finanzminister Markus Söder eingefädelt, bei der Vertragsunterzeichnung posierte er gemeinsam mit Heckl in Raumschiff-Enterprise-Kostümen. Beide lieben solche Inszenierungen. Ein Nürnberger Immobilienunternehmer und Söder-Freund bekommt für das Haus am Augustinerhof vom Deutschen Museum 25 Jahre lang 2,8 Millionen Euro pro Jahr an Miete. Das werde aber vom Freistaat gesondert finanziert, teilt das Ministerium mit. Später könne die Zweigstelle "gegebenenfalls zu einem Teil" von der Leibniz-Forschungsgesellschaft gefördert werden.

Aber jetzt muss erst einmal in München der erste Bauabschnitt fertig werden. Dort sollen 20 überarbeitete Ausstellungen einziehen. Ein einheitliches Design wird es nicht geben. Hinter den Kulissen arbeiten die Kuratoren an ihren eigenen Konzepten, nebenher laufen aufwendige Recherchen und Restaurierungen von Objekten. Otto Lilienthals Hängegleiter soll mit Computertomografen untersucht werden, um ihn restaurieren zu können.

Wie das modernisierte Gebäude aussehen wird, davon kann man sich in der Simulation der Architekten Schmidt-Schicketanz ein Bild machen. Das Restaurant auf der Dachterrasse wird verpachtet, die Bewerbungen dafür laufen bereits. Es wird einen Blick durch große Fenster auf die Flugzeuge im Inneren und auf die Isar im Freien bieten. Es soll einen eigenen Aufzug erhalten und auch abends geöffnet sein.

Noch aber sind hier überall Staub und Lärm. Das Foucaultsche Pendel, das im Turm hing und die Erdrotation sichtbar machte, ist ausgelagert und kann nicht daran erinnern, dass die Zeit unerbittlich voranschreitet. Den Politikern ist auf jeden Fall klar geworden, "dass das ein enorm aufwendiges Projekt ist", wie es der Ausschussvorsitzende Michael Piazolo (Freie Wähler) formuliert. Dann rechnet er schnell zusammen, was die vier jüngsten Großprojekte in München kosten: "370 Millionen plus x der neue Konzertsaal, 70 plus x das Haus der Kunst, 95 das Naturkundemuseum Biotopia und 120 das Gärtnerplatztheater . . .." Es sei schade, dass die "Premiumlage Museumsinsel" nicht in einem Guss modernisiert werde. Man werde wohl eher in Jahrzehnten als in Jahren rechnen müssen.

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