Jahrhundertprojekt:Die Sanierung des Deutschen Museums ist voller Überraschungen

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Bauarbeiter werkeln auf der Dachterrasse des Deutschen Museums am neuen Restaurant. (Foto: Florian Peljak)

Funken fliegen, Wände wackeln: Seit mehr als drei Jahren schon wird das Deutsche Museum aufwendig saniert. Das ist auch dringend nötig. Ein Besuch auf der Baustelle.

Von Manuel Kronenberg

Das schmale Holzbrett knarzt, als Dieter Lang mit seinen schweren Sicherheitsschuhen darauf tritt und die Plastikstreifen des Vorhangs beiseiteschiebt. Der mit Helm und gelber Warnschutzjacke bekleidete Mann läuft durch den Vorhang hindurch und betritt den staubigen Boden des hohen Turms. Lang legt seinen Kopf in den Nacken und blickt an den kahlen Betonwänden zur Spitze empor. Etwa 65 Meter geht es hier in die Höhe. Das Innere liegt da wie ein Rohbau. Aus verschiedenen Richtungen hört man Scheppern, Bohr- und Sägegeräusche. Der Turm ist nur ein kleiner Teil einer riesigen Baustelle. Seit mehr als drei Jahren wird das Deutsche Museum saniert - insgesamt soll eine Fläche von ungefähr 70 000 Quadratmetern umgebaut werden, das entspricht fast zehn Fußballfeldern.

"Hier hängt normalerweise das Foucaultsche Pendel", erklärt Lang. Eines der bekanntesten Exponate des Museums - für die Umbauarbeiten musste es wie die meisten anderen Stücke ins Depot gebracht und dort zwischengelagert werden. Einige Exponate sind allerdings auf der Baustelle geblieben, einfach weil sie zu sperrig oder zu schwer sind, um sie zu transportieren. Etwa der Seenotretter Theodor Heuss, der draußen auf dem Vorplatz steht. Oder die Ausstellungsstücke in der Wasser- und Brückenbauausstellung, über die ein Gerüst gebaut wurde, das sie vor den Bauarbeiten schützen soll.

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Lang verantwortet seit fast fünf Jahren als Generalbevollmächtigter die Modernisierung des alten Gebäudes auf der Museumsinsel. Der Mann mit dem weißen Bart und der runden Brille steigt die Treppenstufen hinauf. Die Sanierung durchzuführen sei dringend notwendig gewesen, erklärt er. Der Turm zum Beispiel habe überall Risse gehabt; an den Wänden sieht man zahlreiche ausgebesserte Stellen. Kein Wunder, ist doch seit der Eröffnung im Jahre 1925 nie eine gründliche Sanierung durchgeführt worden. Lediglich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Schäden grob ausgebessert.

Wenn Lang erzählt, was alles erneuert werden muss und in welchem Zustand das Gebäude vor der Sanierung war, könnte man denken, dass das Haus eigentlich längst hätte auseinanderfallen müssen. "Auf dem Papier ist es das auch", sagt Lang und lacht. Er meint damit, dass bisher keine der heute geltenden Vorschriften erfüllt waren: Statik, Hochwasserschutz, Brandschutz, Fluchtwege - all das muss beim Umbau den aktuellen Vorgaben der Behörden angepasst werden. Die Modernisierung des Ausstellungsgebäudes erfolgt in zwei Abschnitten, damit das Museum auch während der Arbeiten für Besucher zugänglich bleibt. Der erste Abschnitt soll im kommenden Jahr wieder eröffnet werden; anschließend soll mit dem Umbau im zweiten Abschnitt begonnen werden.

Lang geht weiter die Treppe hinauf. Im Innern des Turms, wo sich normalerweise das Foucaultsche Pendel befindet, ist jetzt ein Bauaufzug im Einsatz. Zwei Männer mit gelben Bauhelmen fahren aufwärts und machen an einer oberen Etage Halt. Ein lauter Knall ertönt, als sie die Rampe des Aufzugs umklappen. "Hee!", ruft da einer von unten. Die Antwort von oben: "Jetzt bist du wach!" Die Männer lachen.

Tatsächlich hält sich der Lärm auf der Baustelle in Grenzen. "Momentan ist es hier relativ ruhig", sagt Lang. Die lauten Arbeiten seien schon vorüber; vor noch nicht allzu langer Zeit hätte man sich hier gar nicht unterhalten können. "Wenn Sie hier eine Decke herausbrechen, haben die Museumsbesucher auch noch was davon", sagt er mit einem Augenzwinkern. "Wir haben Anfragen von drüben gehabt, warum es so wackelt."

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Lang betritt einen Raum, in dem später die Chemie-Ausstellung zu sehen sein wird. Noch ist hier alles kahl und grau. An den Wänden lehnen Stahlleitern und Gerüststangen. In der Mitte steht ein Mann mit Gehörschutz. Rote Funken sprühen, als er mit der Kreissäge Material zerteilt und den Abfall in einen blauen Container schmeißt, der hinter ihm steht. Auf der gesamten Baustelle arbeiten zurzeit mehr als 250 Leute, doch diese Zahl variiert, in der Spitze sind bis zu 400 Arbeiter gleichzeitig mit der Sanierung beschäftigt. So richtig bemerkt man das aber nicht, denn die vielen Arbeiter sind verteilt auf dem riesigen Gelände. So sieht man immer wieder nur einzelne oder eine Handvoll Bauarbeiter auf einem Fleck. So wie der Handwerker in der künftigen Chemie-Ausstellung. Oder der Mann im Nebenraum, der gerade Stahlanker in eine neu eingezogene Brandwand bohrt, damit die Mauer stabil weitergebaut werden kann. Oder die zwei Männer, die im Kellergeschoss in der späteren Heizzentrale an den Rohren arbeiten.

Lang geht weiter und betritt den Raum, der bald wieder die Musik-Ausstellung beherbergen wird. Dann deutet er auf eine Empore auf der anderen Seite - dort steht normalerweise eine große Orgel. "Da haben wir erst während der Arbeiten gemerkt, dass die Empore kaputt ist", erzählt Lang und setzt eine betont genervte Miene auf.

Nicht nur die Dimension des Gebäudes, der laufende Museumsbetrieb und die Handhabung der Exponate stellen die Bauarbeiter vor große Herausforderungen; hinzu kommt, dass das Gebäude unter Denkmalschutz steht. "Wir bauen ein uraltes Gebäude um. Da weiß man nicht, was einen erwartet", erklärt Lang. Man müsse mit allerlei Überraschungen rechnen, obwohl für Voruntersuchungen 1300 Löcher in die Wände gebohrt wurden. "Beim Putzabschlagen haben wir zum Beispiel erst gemerkt, dass der Beton wie Blätterteig ist." Da habe man noch erheblich nachbessern und teilweise ganze Deckenabschnitte austauschen müssen, die man eigentlich drin lassen wollte.

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Über eine hölzerne Treppe geht es jetzt nach ganz oben. Lang will zeigen, dass es nur in den unteren Etagen noch so roh aussieht; das oberste Stockwerk ist schon fast fertig. Er läuft an einem Mann vorbei, der mit einem großen Gerät den Boden abschleift. Hier kann schon bald Estrich verlegt werden. Weiter und hinaus auf die Dachterrasse. Vier Männer sitzen dort auf einer Holzrampe, rauchen und essen ihr Mittagsbrot. Lang deutet auf die großen Fenster, die bereits eingesetzt wurden. Hinter den Scheiben wird sich künftig das Museumsrestaurant "Frau im Mond" befinden, betrieben von den Machern des Flushing Meadows und des Cafés im Vorhoelzer Forum. "Das sieht hier schon so aus, als könnte nächste Woche das Restaurant einziehen."

Viel länger sollen die Bauarbeiten im ersten Abschnitt nicht mehr dauern. Ende 2019 soll damit begonnen werden, die Ausstellungen in dem sanierten Gebäudeteil aufzubauen. Ein Jahr später soll er eröffnet werden, dann beginnt die Sanierung des zweiten Abschnitts. Tausende Objekte müssen dann wieder ausgeräumt werden. Und alle hoffen, bis 2025 mit der Modernisierung fertig zu sein - zum 100. Geburtstag des Deutschen Museums.

© SZ vom 03.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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