Süddeutsche Zeitung

Deutsches Museum:Neues Tor zum alten Blech

Sechs Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm: Das Verkehrszentrum des Deutschen Museums bekommt eine repräsentative Eingangshalle - und hofft auf mehr Besucher.

Dominik Hutter

Umständlich ist das schon: Erst einen Kran aufstellen und dann sämtliche Baumaterialien hoch über das Hallendach hieven. Eine halbe Million Euro kostet dieses Transportverfahren zusätzlich. Geht aber leider nicht anders: Denn der hellgrau gepflasterte Vorplatz des Verkehrszentrums an der Theresienhöhe ist zwar schön anzusehen, aber leider nicht stabil genug, um schwere Baufahrzeuge zu tragen.

Maximal 7,5Tonnen hält der erst vor wenigen Jahren verlegte Plattensee aus - zum Beliefern einer Baustelle ist das geradezu ein Witz. Und so müssen die Einzelteile für den neue Eingangsbereich von der Hallenrückseite aus, über Heimeranstraße und Petra-Moll-Weg, angeliefert werden.

Dafür aber erhält die Zweigstelle des Deutschen Museums nun endlich den repräsentativen Zugang, der eigentlich von Anfang an vorgesehen war. Am Donnerstag beginnt mit dem Aufstellen des Krans der Wiederaufbau der historischen Hallenanbauten, die im Sommer 2005 überraschend und zum Entsetzen der Museumsverantwortlichen wegen akuter Baufälligkeit abgerissen werden mussten.

Bisher wird die Hintertür genutzt

Da das Geld für die Wiederherstellung fehlte, betreten die Besucher das Verkehrsmuseum derzeit durch die "Hintertür" - Halle III, in der sich Kasse und Garderobe befinden, ist eigentlich der Schlusspunkt der vor einigen Jahren völlig neu konzipierten Mobilitätsschau. Nach Fertigstellung des neuen Eingangsportals, das an der repräsentativen Ostfassade von Halle I Platz findet, starten die Besucher ihren Rundgang im Bereich Stadtverkehr.

Sechs Millionen Euro kosten die Arbeiten, die im Mai 2011 abgeschlossen sein sollen. Der Geldsegen ist ein Produkt der Wirtschaftskrise - er stammt aus dem Konjunkturprogramm II. "Ich hoffe, das Museum wird dadurch sichtbarer", meint Sylvia Hladky, die Leiterin des Verkehrszentrums.

Denn die umfangreiche Sammlung von Autos, Zügen und Fahrrädern, die zu den attraktivsten Verkehrsmuseen Europas gehört, könnte durchaus noch zusätzliche Besucher verkraften. Rund 100000 sind es Hladky zufolge pro Jahr, "das Potential liegt aber locker bei 150000 bis 200000". Zum Vergleich: Das Haupthaus des Deutschen Museums auf der Isarinsel lockt pro Jahr gut eine Million Besucher an.

"Wir sind noch nicht allzu bekannt", seufzt Hladky, "selbst viele Münchner kennen uns nicht." Immerhin taucht das 2003 und 2006 in zwei Etappen eröffnete Verkehrszentrum in immer mehr Reiseführern auf. "Man braucht einen langen Atem." Da nur wenig Geld für Werbung zur Verfügung steht, soll zumindest in der Haupthalle auf der Museumsinsel deutlicher auf die Zweigstelle hingewiesen werden.

Der neue Eingangsbereich, der direkt am großen Vorplatz samt Kongresshalle, Restaurant und Biergarten errichtet wird, besteht aus drei Teilen: zwei Seitenflügeln, die in ihrer historischen Form wiederaufgebaut werden, und einem Mitteltrakt, dessen halbrunden Vorgängerbau die Messegesellschaft bereits Ende der 1960er Jahre durch eine belanglose Stahlkonstruktion ersetzen ließ.

Nun wird die halbrunde Form wiederhergestellt - allerdings in moderner Architektur. In den Bauten sollen neben dem eigentlichen Eingang, also Kasse und Garderobe, auch ein Seminarraum, Museumsbüros sowie Wasch- und Umkleideräume fürs Personal untergebracht werden. Auch Hladky selbst will dort einziehen. Derzeit befindet sich ihr Büro provisorisch in einer Villa am Ostende des Museumsbereichs, nahe der im Freien aufgestellten historischen Zugspitzbahn.

"Überraschungen gewöhnt"

Was aus den freiwerdenden Flächen in Halle III wird, ist noch unklar. Hladky fallen auf Anhieb jede Menge Themen und Exponate ein, die den Platz von Kasse und Garderobe wieder auffüllen könnten. Die aktuelle Konkurrenz verschiedener Antriebssysteme etwa, Fahrzeugdesign oder die Grenzerfahrungen der Mobilität, die sich die Menschen in diversen Fahrgeschäften - etwa auf der Wiesn - gönnen.

Ob bei den Bauarbeiten Termine und Kostendeckel eingehalten werden, ist freilich unklar. "Wir sind inzwischen Überraschungen gewöhnt", erklärt Hladky. Denn schon der Umbau der 100Jahre alten Messehallen fürs Verkehrszentrum gestaltete sich deutlich komplizierter als erwartet.

Gingen die Planer einst davon aus, nur Haustechnik und Brandschutz modernisieren zu müssen, erwiesen sich die Hallen schließlich als derart marode, dass sie in großen Teilen ab- und wiederaufgebaut werden mussten. Aus einst geschätzten neun Millionen Euro für den Museumsumzug wurden schließlich 50Millionen - bezahlt von Freistaat und Stadt München. Die 1908 eröffneten Messebauten gelten heute als architektonische Kleinode. Halle III war damals Europas größte freitragende Eisenbetonkonstruktion.

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SZ vom 02.09.2009/pfau
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