Deutsches Museum:"Ich bin mir nicht zu schade, Klinken putzen zu gehen"

Wie der Physiker Wolfgang Heckl als neuer Generaldirektor das Deutsche Museum in München entstauben will.

Interview: Christine Burtscheidt

Der neue Generaldirektor des Deutschen Museums heißt Wolfgang Heckl. Unter 60Bewerbern setzte sich der Experimentalphysiker von der Universität München durch. Er wird am 1.Oktober die Nachfolge von Wolf Peter Fehlhammer antreten. Gegen seine Wahl gibt es im Museum aber auch Bedenken.

SZ: Sie haben als Kandidat überzeugt, weil Sie ein Übersetzer der Naturwissenschaften sind. Warum wurde das als so wichtige Eigenschaft angesehen?

Heckl: Wir haben gegenüber den angelsächsischen Ländern ein großes Defizit. Denn der deutsche Forscher sieht sich nicht als jemand, der mit der Öffentlichkeit kommuniziert. Allerdings kommt inzwischen auch einiges in Gang. Es gibt die Organisation "Wissenschaft im Dialog" und momentan findet in Stockholm das erste "European Science Open Forum" statt, dessen Idee es ist, auf europäischer Ebene die Wissenschaft unter das Volk zu bringen. Die nächste Tagung wird 2006 nach München kommen - und zwar an das Deutsche Museum.

SZ: Was versprechen Sie sich von einer besseren Vermittlung?

Heckl: In erster Linie eine bessere Akzeptanz. Wir haben ja Probleme allerorten. Wir müssen diese komplizierten Themen, auf denen unser Wohlstand beruht, auf eine breitere Basis stellen. Wie viel schief laufen kann, sieht man bei der Gen-Debatte. Hier ist genau nicht passiert, wofür ich werben will: dass man der Bevölkerung von vorneherein die Ängste nimmt, indem man erklärt, was man im Labor tut. Und nicht von oben herab sagt: Wir Wissenschaftler wissen schon, was für euch wichtig ist; glaubt uns nur! Das war vielleicht in den 50er-Jahren noch möglich.

SZ:Wie Ihr Vorgänger sind Sie Forscher und verstehen weniger vom Management oder Ausstellungsmachen. Im Museum gibt es deshalb Bedenken gegen Sie. Es wurden sogar Protestbriefe geschrieben.

Heckl: Wissenschaft, wie ich sie bisher betrieben habe, bedeutet immer auch Management. Und ich bin lernfähig. Das ist das Wichtigste. Zweitens bekomme ich eine Mannschaft. Es gibt ja sehr gute Mitarbeiter, die Ausstellungen machen können. Ich muss nicht im Detail alles verstehen. Ich muss aber integrieren können.

SZ: Die Finanzsituation des Museums soll nicht gerade bestens sein.

Heckl: Die ist nicht großartig. Da haben Sie einen heiklen Punkt angesprochen. Notwendig sind verstärkte Anstrengungen in der Politik, dem Sponsoring oder im Mäzenatentum. Da stehen uns gewaltige Aufgaben bevor. Ich bin aber jemand, der auf Leute zugehen kann. Außerdem habe ich relativ große Erfahrung im Verwalten. Und ein großer Freundeskreis wird uns helfen.

SZ: Der bisherige Direktor genießt einen guten Ruf als Außenpolitiker, einen umso schlechteren als Mann für das Museum. Selbst sein eigenes Feld, die Chemie, hat er nicht erneuert.

"Ich bin mir nicht zu schade, Klinken putzen zu gehen"

Heckl: Es ist vieles geschehen, aber alles ist eine Frage der Ressourcen, wenn man zu wenig Personal hat und ein Gebäude, das ständiger Pflege bedarf.

SZ: Wollen und können Sie die finanzielle Ausstattung verbessern?

Heckl: Das betrachte ich als eine meiner Hauptaufgaben. Ich werde mir nicht zu schade sein, Klinken putzen zu gehen.

SZ: Das Museum wirkt zum Teil verstaubt. Wie wollen Sie es modernisieren?

Heckl: Die Zukunft heißt Vernetzung. An den Schnittstellen der Wissenschaften entstehen zurzeit die Neuerungen. Man wird also nicht mehr eine Ausstellung allein über Physik machen, sondern die Physik in ihren Verbindungen mit anderen Disziplinen und deren Anwendungen zeigen. Ich will moderne Themen wie die Nanotechnologie reinholen. Wichtig ist aber auch die Wissenschaftsgeschichte. Dabei darf sie nicht nur historische Fakten abbilden. Sie muss sich auch mit modernen wissenschaftlich-technischen Entwicklungen auseinander setzen.

SZ: Es gibt intern Streit darüber, dass Teile aus dem Haupthaus in das Verkehrsmuseum auf der Theresienhöhe ausgelagert werden, dafür aber kein Konzept vorliegt. Wie stehen Sie dazu?

Heckl: Es ist eine gute Idee, an einem prominenten Platz in München verkehrstechnische Exponate zu versammeln. Wichtig ist aber, dass die Anbindung zwischen den Häusern bleibt. Man muss vom Haupthaus das Verkehrsmuseum problemlos erreichen können. Auch muss man ein attraktives Konzept für den neuen Standort haben. Dieses ist erst am entstehen.

SZ: Das Deutsche Museum soll frühzeitig Kinder für die Naturwissenschaften interessieren. Aber nach wie vor ist der Bergbau die Attraktion.

Heckl: Auch das Genlabor. Das ist total ausgelastet. Oder das Kinderreich, das es seit knapp einem Jahr gibt. Das werde ich ausbauen. Eine Lösung müssen wir auch für das "Forum" finden. Es ist seit 1992 privatwirtschaftlich organisiert, hat aber finanziell seine Probleme. Niemand ist hier glücklich darüber.

SZ: Was stellen Sie sich vor?

Heckl: Ziel wäre es, diesen Kinobereich wieder ins Deutsche Museum einzugliedern. Das haben auch der Freundeskreis und das Kuratorium so formuliert. Aber alles findet seine Grenzen dort, wo es personell und finanziell nicht mehr machbar ist. Das hat jüngst auch McKinsey in seinem Gutachten dem Verwaltungsrat bestätigt. Hier muss man mit dem Freistaat Bayern reden.

SZ: Glauben Sie ernsthaft, bei dem derzeitigen Sparkurs noch etwas für das Museum herausholen zu können?

Heckl: Im Moment spart der Staat. Aber die Wirtschaft zieht wieder an. In den modernen Technologien zeichnet sich die Wende schon ab. Freistaat, Bund und die Stadt München werden wieder mehr Geld haben. Dann wird man auch für das bedeutendste naturwissenschaftlich-technische Museum in Europa wieder mehr tun können.

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