Deutscher Mietertag:Zwei Männer kämpfen gegen das Unrecht

Deutscher Mieterbund zum 65. Deutschen Mietertag

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück (rechts) und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude beim Deutschen Mietertag.

(Foto: dpa)

Überteuert und rar: Wer in der Stadt nach einer freien Wohnung sucht, verzweifelt schnell. Der Wohnraum ist knapp, die Preise steigen weiter. Der Deutsche Mieterbund warnt vor den Folgen - und bekommt Schützenhilfe von Peer Steinbrück und Christian Ude.

Von Ingrid Fuchs

Was auf dem deutschen Wohnungsmarkt passiert, nennt Franz-Georg Rips "schlichtweg unerträglich". Menschen aus der Mittelschicht, die bei einem Nettoeinkommen von 1000 bis 1300 Euro in einigen Städten bis zu 50 Prozent ihres Gehaltes für eine Wohnung hinlegen müssen. "In Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten fehlen heute schon mehr als 250.000 Mietwohnungen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Haushalte", warnt Rips. Ändere sich nicht schleunigst etwas beim Wohnungsbau, so werden im Jahr 2025 schätzungsweise eine Million Wohnungen fehlen. Und die Mietpreise? Die werden dann vollends explodieren.

Franz-Georg Rips ist Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), der von Donnerstag bis Samstag in München tagt - jener Stadt also mit den höchsten Mieten deutschlandweit. Vielleicht ist es deshalb so einfach, sich die drohenden Folgen dieser Entwicklungen auszumalen: Bilder von fensterlosen Kellerlöchern, zusammengepferchten Familien und Senioren die in winzigen Abstellkammern hausen müssen.

Teils sind derartige Szenen schon Realtität, alle paar Wochen berichten Medien von Migrantenfamilien, die in heruntergekommenen Wohnungen leben müssen. Der DMB setzt sich dafür ein, dass so etwas nicht einfach hingenommen wird und verteilt dafür gerne auch mal kräftig Schelte an die Politik.

Beim Mietrecht prallen elementare Interessen aufeinander

An diesem Freitag hat der Mieterbund einige jener Politiker in den Paulaner am Nockherberg eingeladen, die er für die Wohnungsmisere verantwortlich macht, darunter Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, beide SPD, sowie Bayerns Justiz- und Verbraucherministerin Beate Merk von der CSU.

Von vorneherein ist klar, dass es Merk nicht leicht haben wird. Sie lobt die bayerische Staatsregierung, die sich sehr für den Mieterschutz eingesetzt habe. Als Beispiel nennt Merk die Mietrechtsänderungen zum 1. Mai und verteidigt die Gesetzesänderung zugleich: "Es ist naturgemäß so, dass im Mietrecht elementare Interessen aufeinanderprallen."

Für die mehr als 400 Delegierten im Saal ist das zuviel. Das Mietrechtsänderungsgesetz gilt bei ihnen als missglückt und nicht weitreichend genug. Merks Rede wird von Buh-Rufen begleitet, von einzelnen Plätzen ertönt ein genervtes "Blablabla", nebenan die Frage einer ältern Dame: "Wer ist diese Frau da überhaupt?" Die Reaktion der Ministerin: ein verärgter Blick.

Auftritt ohne verbale Ausrutscher

Dagegen wirkt der Auftritt des SPD-Gespanns fast schon entspannt. Peer Steinbrück verzichtet auf verbale Entgleisungen. Das Thema Mieten hat er schon länger in seinem Wahlkampfrepertoire, die passenden Versprechen deshalb gleich parat: Sollte die SPD die Bundestagswahl im Herbst gewinnen, werde die Partei eine Mietpreisbremse bei Wiedervermietungen einführen - "flächendeckend für die gesamte Bundesrepublik". Maklergebühren sollen künftig von demjenigen übernommen werden, der ihn engagiert hat, in der Regel also der Vermieter. Zudem verspricht Steinbrück, die jährlichen Mittel für den Städtebau auf 700 Millionen Euro erhöhen zu wollen. Und erntet fast schon frenetischen Applaus.

Am Ende gibt's noch eine klare Wahlempfehlung vom Kanzlerkandidaten, für sich selbst, versteht sich. Die wollte der Mieterbund zwar bislang offiziell nicht abgeben. Doch der Verband betont fleißig, dass zumindest in den Wahlprogrammen von SPD und Grünen viele Forderungen der Mieter schon enthalten seien.

Und auch Ude betreibt Eigenwerbung. Er wettert als Oberbürgermeister der "Miethauptstadt" gegen die Landesregierung - schließlich sei die für Änderungen verantwortlich - und stellt in Aussicht, dass er es besser machen würde, falls er es denn vom Spitzenkandidaten zum Ministerpräsidenten schafft. Bekannt ist, dass sich Ude auch mal mit unkonventionellen Gesprächspartnern auseinandersetzt - rappenden Gorillas zum Beispiel.

Ude betont noch einmal das Ausmaß der Mietproblematik und weist zugleich darauf hin, dass das Thema keineswegs neu sei. Zum Beweis liest er eine Passage aus einem Buch vor. Die beschriebenen Probleme treffen auf die aktuelle Situation zu. Das Buch heißt übrigens "Wege aus der Wohnungsnot", stammt von Ude selbst und erschien bereits 1990. War wir daraus lernen? Die Wohnungsnot muss auch nach dem Wahlkampf noch ein Thema sein, alles andere wäre "schlichtweg unerträglich".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: