Süddeutsche Zeitung

Der Westend-Mord:"Züge einer Hinrichtung"

Ein 41-jähriger Grieche wurde durch mehrere Kopfschüsse getötet - die Fahnder vermuten einen Serienkiller hinter der schrecklichen Tat.

Von Monika Maier-Albang

Der Mord an einem 41-jährigen Schlüsseldienstmitarbeiter in der Trappentreustraße 4 war nicht, wie zunächst angenommen, ein Raubmord.

Der Grieche Theodorous Boulgarides, der am Mittwochabend durch Kopfschüsse getötet wurde, ist das siebte Opfer einer bundesweiten Mordserie, die ins Drogenmilieu verweisen könnte. Das Bundeskriminalamt ermittelt. Es wurden 25.000 Euro Belohnung ausgelobt.

Der bislang unbekannte Täter muss in der Zeit zwischen 18.15 Uhr und 19 Uhr den Schlüsselnotdienst-Laden von Theodorous Boulgarides betreten und sofort geschossen haben. Es gibt keine Zeichen für einen Kampf.

Wie bei den anderen Taten trage auch der Mord an Boulgarides vielmehr "Züge einer Hinrichtung", sagt Oberstaatsanwalt Peter Boie. Das Opfer wurde mit derselben tschechische Pistole der Marke "Ceska" vom Kaliber 7,65 ermordet, mit der auch die türkischen Geschäftsleute erschossen wurden.

Spur in die Niederlande

Seit dem Jahr 2000 schlug der Täter dreimal in Nürnberg, einmal je in Hamburg und Rostock und nun zum zweiten Mal in München zu. Am 29. August 2001 war der Gemüsehändler Habil Kilic in der Bad Schachener Straße mit zwei Kugeln in den Kopf hingerichtet worden.

Die Polizei vermutet, dass hinter der Mordserie ein Kampf im Drogenmilieu steckt. Möglicherweise führt die Spur in die Niederlande. Es könnte aber auch um Geldwäsche oder auch um Schutzgelderpressung gehen, sagte ein Sprecher.

In Nürnberg gibt es bereits eine Sonderkommission "Halbmond". Auch in München ist nun eine 20-köpfige "Arbeitsgruppe Theo" eingesetzt. Die Fäden laufen beim Bundeskriminalamt zusammen.

Dennoch ist man bislang mit den Ermittlungen noch nicht sehr weit gekommen. Sie werden erschwert dadurch, dass sich die Opfer untereinander nicht kannten und unauffällige Bürger waren.

Auch Theodorous Boulgarides hatte sich nie etwas zu schulden kommen lassen. Sein Bruder gab bei der Polizei an, dass Boulgarides früher als Fahrkartenkontrolleur bei der Bahn gearbeitet habe.

Als freundlich, hilfsbereit und in der Nachbarschaft beliebt beschreibt ihn Georgios Liolios, der direkt neben dem Schlüsselladen die "Taverna Hellas" betreibt. Theodorous Boulgarides ging hier jeden Mittag zum Essen hin. Kurz vor dem Mord hatte der Gastwirt noch eine Zigarette mit "Theo" geraucht.

Mord ohne Zeugen

Bislang gibt es keine Zeugen, die den Mörder gesehen haben. Der 41-Jährige hatte erst am 1. Juni den Laden aufgemacht, gemeinsam mit einem deutschen Kompagnon.

Zuvor hatte er drei Monate den Laden renoviert, ebenso die Wohnung im selben Haus, in die Boulgarides umgezogen war. Das Opfer, das zwei Töchter im Alter von 16 und 18 Jahren hat, hatte sich gerade von seiner Frau scheiden lassen und war frisch verliebt.

Am Mittwoch um 18.10 Uhr wurde Boulgarides noch vor dem Laden gesehen. Er saß, wild gestikulierend, mit einem Mann vor dem Laden. Um 19 Uhr fand sein Kompagnon den Griechen tot hinter dem Verkaufstresen, in einer Blutlache liegend.

Die Polizei hofft, dass sich Zeugen melden, vor allem der Mann, der mit Boulgarides zuletzt gesprochen hat. Auch, dass die Buslinien 53 und 133 direkt vor dem Laden halten, könnte bei den Ermittlungen helfen. "Vielleicht ist einem Fahrgast ja etwas aufgefallen", sagt der Leiter der Mordkommission, Harald Pickert.

Zunächst hatten die Ermittler vermutet, dass der Mord an dem Griechen mit zwei Überfällen vom Mittwochabend zusammenhängt. Gegen 18 Uhr hatte ein Mann im Pascha-Club an der Hansa-Straße eine Bardame mit einer Waffe bedroht und Geld gefordert.

Die Thailänderin konnte jedoch fliehen. Etwa 20 Minuten später betrat derselbe Mann einen Getränkemarkt in der Zschokkestraße, nahm zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank und reichte der Verkäuferin Geld.

Als diese die Kasse öffnete, zog er plötzlich eine Pistole und zielte auf den Kopf der Frau. Dann nahm er Geld, rund 500 Euro, aus der Kasse und rannte Richtung Friedenheimer Straße davon.

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Quelle:
SZ vom 17.6.2005
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