Am Ende macht "Der Stein der Weisen oder die Zauberinsel" im wunderschönen Parktheater Göggingen von 1886 mit seiner luftigen Gusseisenkonstruktion einen Quantensprung. 1790 im Theater an der Wieden in Wien uraufgeführt und bis 1996 verschollen, wird das Singspiel, dessen Manuskript die Stadt- und Staatsbibliothek Hamburg aufbewahrt, nach Aufführungen in verschiedenen Städten nun schon zum zweiten Mal nach 2001 in Augsburg gegeben.
Doch während das Gemeinschaftswerk nach Motiven von Christoph Martin Wieland auf ein Libretto von Emanuel Schikaneder, bekanntlich erster Papageno und Textdichter der "Zauberflöte", bis zum zweiten Finale Musik von Johann Baptist Henneberg, Benedikt Schack und Franz Xaver Gerl enthält, stammt der Schluss von Wolfgang Amadé Mozart!
Ein Jahr vor der Uraufführung der "Zauberflöte" versammeln sich hier deren Protagonisten
Ein Jahr vor der Uraufführung der "Zauberflöte", ebenfalls im Theater an der Wieden, versammeln sich hier schon die späteren Protagonisten: Henneberg war ihr Dirigent, Schack der erste Tamino und verkörpert hier Astromonte, den guten Geisterkönig; Gerl sang den ersten Sarastro und ist hier Eutifronte, der böse Bruder Astromontes als Gott der Unterwelt. Im "Stein der Weisen" haben sie sich sozusagen die Arien auf den Leib geschrieben.
Anders als "Die Zauberflöte" mäandert dieses Singspiel mit seiner etwas umständlichen Handlung um Könige des Lichts und der Nacht, die um zwei Paare, Nadir/Nadine sowie Lubano/Lubanara, streiten über weite Strecken trotz schöner Musik etwas. Den gesprochenen Texten hätten sowohl noch mehr Kürzungen wie ein Dialog-Regisseur wohlgetan. Aber gesungen wurde ansprechend bis hervorragend: Michael Schade gab den Luft-Gott Astromente als jovialen Gutsherrn mit Lodencape und Hut, der junge Tenor Kai Kluge kämpfte erfolgreich mit feinem lyrischem Tenor um seine Nadine (mit prägnantem, gehaltvollem Sopran: Leonor Amaral). Jonas Müller konnte auf seine Erfahrungen als Papageno in der Rolle von Lubano zurückgreifen, die ganz ähnlich angelegt ist, und füllte sie mit herrlich entspanntem Bariton und viel trockenem Witz in den Dialogen. Immer wenn Elena Harsányi als seine aufmüpfige Gattin Lubanara ihr kokettes Dauerlächeln aufgab, beeindruckte ihr leichter Sopran umso mehr. Bassist Martin Summer brillierte als Eutifronte nicht zuletzt in den Dialogen mit tiefer, facettenreicher Stimme. Der hier durchaus viel beschäftigte Chor der Klang Verwaltung (Einstudierung: Christiane Büttig) machte seine Sache im Lauf des Abends immer besser.
Die Hofkapelle München hat ein paar Nummern des Singspiels mit Konstantin Krimmel schon auf CD eingespielt und ist nun, wieder unter Leitung von Rüdiger Lotter, der Garant für eine gelungene konzertante Aufführung, auch wenn manches Tempo etwas mehr Lebendigkeit vertragen hätte.