Der Polizei-Einsatz:"Wir haben alles alarmiert, was man kriegen kann"

Bayern erlebte einen der größten Polizei-Einsätze seiner Geschichte: Binnen einer Stunde waren am Freitag 2300 Beamte im Einsatz.

Von Susi Wimmer

Blaulichter, Martinshörner, bewaffnete Polizisten: Innerhalb weniger Minuten glich München am Freitagabend einer Polizei-Hochburg. Fast aus dem Stand konnte die Münchner Polizei nach den Schüssen am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) etwa 1000 Beamte mobilisieren, innerhalb einer Stunde fanden sich insgesamt gut 2300 Polizeikräfte in der Landeshauptstadt ein, auch aus anderen Bundesländern und aus Österreich. "Es gibt da vielschichtige Kommunikationswege", erklärt Polizeisprecher Sven Müller.

Und die haben am Freitag reibungslos funktioniert. Als um 17.52 Uhr die ersten Notrufe mit der Meldung "Schüsse am OEZ" eingingen, lief bei der Münchner Polizei sofort die große Alarmierungskette an: Zivile Kräfte fuhren zum Einsatzort, alle Streifen aus den drei Einsatzabschnitten Ost, West und Mitte wurden an den Tatort beordert und auf einen Funkkanal geschaltet, die Feuerwehr wurde eingebunden, die Bereitschaftspolizei, die Bundespolizei mit Einsatzkräften und Hubschrauberstaffel. Und nach drei Minuten noch die interne Warnung hinterher geschickt: "Bitte alle Schutzwesten anziehen und auf Eigensicherung achten."

Vermutlich waren Zivilstreifen mit als erste vor Ort. Was auch erklären würde, warum viele Zeugen am OEZ von mehreren bewaffneten Männern sprachen: Die sogenannten ZEGler (Zivile Einsatzgruppe) tragen keine Uniform. Das heißt, Männer in Alltagskleidung entsteigen einem normalen Pkw - und sie tragen Waffen, die sie aufgrund der Einsatzlage auch gezogen haben dürften. Zeitgleich wurde auch schon das Spezialeinsatzkommando (SEK) informiert. "Das macht dann der Leiter der Einsatzzentrale oder der Höhere Beamte vom Dienst (HVD), der draußen das Kommando übernimmt", erklärt Sven Müller. Der sogenannte HVD war gegen 18.10 Uhr am OEZ angekommen und übernahm die Koordination aller Einsatzkräfte. Die SEK-Einheiten der einzelnen Länder, sagt Müller, seien auch untereinander vernetzt, nach Bedarf könne der Kommandoführer via Handy seine Kollegen verständigen. So war es auch am Freitagabend. SEK-Kräfte aus Hessen und Baden-Württemberg wurden angefordert. Zudem wurden das Landeskriminalamt sowie die Präsidien Oberbayern Nord und Süd verständigt. Gleichzeitig setzte sich das Lagezentrum im Innenministerium mit weiteren Partnern in Verbindung.

Die Anti-Terroreinheit GSG9 der Bundespolizei wurde ebenso eingeschaltet wie das Einsatzkommando Cobra aus Österreich. Gegen 18.15 Uhr wurden die Krankenhäuser, zusätzliche Rettungsdienst-Kräfte und eine Schnelleinsatzgruppe Transport mit bis zu 20 Rettungsfahrzeugen alarmiert.

Am OEZ richtete der Einsatzleiter Rettungsdienst eine Verletzten-Sammelstelle ein, die auch von Kräften des SEK geschützt wurde. "Es kam ja bei Anschlägen schon vor, dass die Täter im zweiten Anlauf Rettungskräfte angegriffen haben", sagt Sven Müller. Nach etwa 15 bis 20 Minuten hatten die Münchner "alles alarmiert, was man kriegen kann", so Müller. Binnen einer Stunde waren alle da: rund 2300 Einsatzkräfte. Deren erstes Ziel sei es gewesen, den Attentäter zu bekämpfen, gleichzeitig seien Fahndungsmaßnahmen gelaufen. Auch die Pressestelle der Polizei aktivierte ihre interne Alarmierungskette per SMS, und auch diese Beamten gingen - so wie alle Beamten am Freitag in München - bewaffnet aus dem Haus.

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