Der Petuelpark:Die Wüste lebt

Nach dem Tunnelbau: Wo einst der Verkehr tobte, wächst eine Oase der Ruhe.

Von Alfred Dürr

Diese unglaubliche Stille. Kaum mehr vorstellbar, das hier einst der tosende Verkehr des Petuelrings für enormen Lärm und schlechte Luft gesorgt hat. Die Autos rollen seit Juli vergangenen Jahres im Tunnel, auf dessen Deckel gerade Münchens erster grüner Kunst-Park entsteht. Ganz schwach sind die Geräusche des Oberflächenverkehrs, irgendwo in der Ferne.

Ruhe herrscht zur Zeit auch auf der Baustelle, die meisten Firmen haben noch Betriebsferien. Aber dort hinten brummt ein kleiner Bagger. Die kleine Gruppe von schwitzenden Arbeitern ist dabei, den Platz für das "Rhetorische Wäldchen" mit Steinquadern einzufassen.

Später werden hier Bäume Schatten spenden und die "sprechenden Rednerpulte" des Bildhauers Harald Klingelhöller, die auch Wasser spenden, Parkbesucher überraschen.

Grober Kies, hohe Sandberge, Wege mit tief eingegrabenen Spuren der Baustellenfahrzeuge - das prägt zur Zeit das Bild der künftigen Parklandschaft mit ihren vielen Kunstwerken. Nein, eine richtige Idylle ist am Übergang von Schwabing nach Milbertshofen noch nicht entstanden. Aber erahnen kann man sie bereits. Auf zwei großen Flächen zwischen den künftigen Promenaden und Fahrradwegen sprießen schon die Grashalme.

Deutlich erkennbar sind die Stufen, Rampen und Wege, die hinunter zu den Ufern des Nymphenburg-Biedersteiner-Kanals führen. Fehlen nur noch das frische Grün und die blühenden Blumen.

Auf der Nordseite des Tunnel-Deckels ist der große Wasser-Spielplatz im Bau. Der städtische Gartenbau-Chef Ulrich Schneider erklärt, dass nebenan auch noch ein riesiges Klettergerüst gebaut und ein Bolzplatz abgelegt wird. Dann deutet er auf eine Stelle und schmunzelt: "Hier ist das Eingangstor zum Spielplatz. Wer durchgeht, wird mit einem Wassernebel eingesprüht."

Früher hat sich das am Rand des Parks gelegene Lion-Feuchtwanger-Gymnasium wie eine Festung gegen den Mittleren Ring angeschottet. Jetzt öffnet sich diese ehemalige Burg mit einem eigenen Zugang zum Park. Ein schön gestalteter Pausenhof ist entstanden, mit Bänken, Bäumen und Pflanzen.

Schräg gegenüber der Schule, in Höhe der Klopstockstraße, ist der Bauplatz für das Park-Café vorgesehen. Entworfen hat es das Münchner Architekturbüro Kiessler und Partner. Baubeginn ist voraussichtlich im kommenden Frühjahr. Lange hat die Stadt nach Betreibern gesucht. Seit kurzem ist klar, wer zum Zug kommt: die Chefs des Café Mozart an der Pettenkoferstraße, Alex Vulic (unter anderem Atomic Café und Spiegelzelt) und Chris Dengler. Die beiden wollen im Petuelpark nicht nur ein besonderes gastronomisches Konzept verwirklichen - konkrete Auskünfte gibt es allerdings noch nicht -, sondern auch kulturelle Schwerpunkte setzen.

Dies vor allem mit Lesungen, Ausstellungen und anderen Kunst-Veranstaltungen. Neu ist nämlich, dass das Lenbachhaus mit seiner Dependance nicht - wie ursprünglich geplant - einen eigenen Pavillon im Park beziehen wird, sondern im Café-Gebäude mit seinen Aktivitäten unterkommt. Um Kosten zu sparen, habe man dies beschlossen, sagt Baureferent Horst Haffner.

Am westlichen Endpunkt des Petuelparks, wo der Nymphenburg-Biedersteiner-Kanal eine Biegung in Richtung Leopoldstraße macht, haben die Gärtner eine Wasserlandschaft gestaltet. "Auf der Insel sind ja nur Steine", bemerkt der Baureferent erstaunt. Das werde aber kein Dauerszustand sein, erklärt Gartenbau-Chef Schneider: "Das begrünt sich bald alles von selbst, die Insel bleibt nicht so kahl."

Mitte nächsten Jahres soll der Park auf der Tunneldecke weitgehend fertig sein. Er gilt er als ein städtisches Vorzeigeprojekt im Zusammenhang mit der Bundesgartenschau im Jahr 2005. Und er wird auch einiges zu bieten haben. Kunst, Kultur, Gastronomie zeichnen ihn besonders aus.

Bemerkenswert ist auch die strenge Ordnung der Landschaftsarchitektur (Stefanie Jühling und Otto A. Bertram), die die unterschiedlichen Ebenen mit gerader Geometrie verbindet und damit voll im Trend moderner Gartenbaukunst liegt. Aus technischen Gründen liegt der Tunnel nämlich zwei bis drei Meter über dem sonstigen Straßenniveau. "Oben" im Park sind damit die Wege, Spielplätze und Rasenflächen. "Man spaziert quasi im ersten Stock und sieht auf die Baumkronen am Rand des Petuelparks", schwärmt Haffner. Im Bereich hinunter zum Kanal sind lauschige Gärten, ruhige Sitzbereiche und Brunnen.

Vieles davon kann man heute nur erahnen, deutlich erkennbar aber ist schon jetzt die eindrucksvolle Perspektive aus dem Park auf die Stadtsilhouette im Münchner Norden: Einmal ist hier die Skyline mit dem Fernsehturm, dem BMW-Hochhaus und dem künftig höchsten Büroturm der Stadt "Uptown München." In die andere Richtung geht der Blick auf die drei Wohnhochhäuser, die sich entlang des Parks staffeln. Ganz im Hintergrund ragt das neue Hochhaus der Münchner Rückversicherung heraus.

Die Zeit von Steinen, Sand und Staub auf der Baustelle wird bald vorbei sein. Dann haben die Bürger endlich ihre neue Oase in der früheren Straßenwüste. Dass sie ein Erfolg wird, steht für Baureferent Horst Haffner außer Frage. "Die Welt wird jeden Tag schöner", sinniert er am Ende der Besichtigungstour, "jedenfalls hier bei uns am Petuelpark".

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