Der Fall Dominik Brunner:Ein Zeichen von Augenmaß

Die Entlassung des "dritten Täters" von Solln aus der U-Haft ist ein mutiger Schritt der Münchner Justiz - in Zeiten, in denen der Öffentlichkeit nicht nach Milde zumute ist.

Bernd Kastner

Die öffentliche Meinung ist nicht danach, Milde gegenüber jugendlichen Gewalttätern zu demonstrieren. Die Zeiten sind geprägt von Entsetzen. Da läuft seit Montag der Prozess gegen die drei Schweizer Schüler, die mehrere Menschen in der Stadt ohne Grund schwerst verletzt haben sollen. Da wird bekannt, dass zwei 13-jährige Buben eine 83-jährige Frau schwer misshandelt haben sollen. Und wieder einmal gibt es den politischen Reflex, die Gesetze zu ändern, diesmal von der Jungen Union. Sie will die Strafmündigkeit von Kindern auf zwölf Jahre heruntersetzen.

Just in dieser Woche nun lässt das Amtsgericht Christoph T. aus der Untersuchungshaft frei. Das ist jener junge Mann, der als "dritter Täter" von Solln gilt, obwohl er gar nicht in Solln war, als Dominik Brunner dort von T.s Kumpels getötet wurde. Es ist ein mutiger Schritt der Münchner Justiz. Er ist aber kein Ausdruck von Milde, sondern ein Zeichen von Augenmaß.

Christoph T., zur Tatzeit 17 Jahre alt, saß ein halbes Jahr in Haft für eine Tat, die, wenn die Vorwürfe zutreffen, verwerflich ist und zu verurteilen. Was man ihm zur Last legt, ist aber weit entfernt vom Vorwurf des Mordes. Längst nicht jeder Jugendliche, der andere bedroht und geschlagen hat, wurde deshalb eingesperrt. Es konnte der Eindruck entstehen, Christoph T. müsse für seine Freunde mitbüßen.

In der Therapie hat T. nun bessere Chancen als im Gefängnis, endgültig wegzukommen von Alkohol und Drogen und zurückzufinden in ein Leben ohne Gewalt. Es ist gut, dass das Amtsgericht ihm diesen Weg öffnet. Jetzt ist es an ihm, ihn zu gehen.

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