Denning:Bauwagen müssen reisen

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Wenn die Arbeiten für den neuen Pühnpark starten, soll der Naturkindergarten Bogenhausen umziehen. Ein Ausweichquartier gibt es noch nicht

Von Ulrike Steinbacher, Denning

Es sieht überhaupt nicht nach Stadt aus am Rand der Schwarzwaldsiedlung: blühende Büsche, zwitschernde Vögel, die große Schafswiese, auf der wirklich immer wieder Schafe weiden, das Bienenwäldchen, wo ein Imker seine Stöcke aufgestellt hat und weit, weit weg die Hochhäuser des Arabellaparks. Eine Idylle - für den Naturkindergarten Bogenhausen (Nakibo) allerdings eine akut gefährdete. Denn damit dieses Stück Natur zwischen Denning und der Schwarzwaldsiedlung bewahrt werden kann, muss der Naturkindergarten weichen, genauso wie das Wohnprojekt "Hin und weg", das seine Wagenburg ein Stück weiter nördlich aufgebaut hat. Wo Kinder und Erwachsene hin sollen, wann sie fort müssen, wie lange die Auslagerung dauert und ob sie später an ihren alten Standort zurückkehren dürfen - all das sind Fragen, die die Stadtverwaltung bisher nicht beantwortet hat. Dabei drängt die Zeit, denn das Gelände soll auf Altlasten untersucht werden.

Doch der Reihe nach: Zwischen Denninger Anger und Zamilapark liegen Freiflächen, aus denen im Lauf der nächsten Jahre ein zusammenhängender Erholungsraum werden soll, der Pühnpark. Der größte Teil der Grundstücke ist in Privateigentum, etwa 30 Prozent gehören der Stadt. Sie ist vertraglich verpflichtet, spätestens Ende dieses Jahres mit dem Ausbau zu beginnen und fängt im westlichen Zipfel des Areals damit an. Das ist der Bereich zwischen Schwarzwaldsiedlung im Süden, Weltenburger Straße im Westen, Denninger Straße im Norden und Pühnstraße im Osten.

In der Südostecke dieses Gebiets, an der Neckarstraße, hat der Waldkindergarten sein Domizil. Eine Elterninitiative eröffnete ihn 2003, inzwischen tollen 17 Kindergartenkinder und an zwei Tagen die Woche auch zwölf Zwergerl auf den Wiesen herum, gießen im Sommer die Pflanzen im kleinen Kräutergarten, gehen im Herbst Kastanien sammeln und wärmen sich im Winter in den beiden gelbroten Bauwagen auf. Das Grundstück ist vom Kommunalreferat gepachtet, die Eltern kümmern sich um alles, Abwasch zu Hause inklusive, denn fließendes Wasser gibt es nicht. "Es ist schon viel Arbeit", sagt Christopher Hamacher vom Nakibo-Vorstand.

Er und seine Mitstreiter wurden im April von einer E-Mail des Kommunalreferats aufgeschreckt: Der Boden sei "stark kontaminiert", das Spielen für die Kinder dort "nicht ungefährlich". Der Kindergarten müsse wegen der Bodenuntersuchungen umziehen. "Sollten wir keine Ausweichfläche finden, müssten Sie den Kindergarten . . . vorübergehend schließen", heißt es in dem Schreiben lapidar.

Einen Tag später entschuldigte sich das Kommunalreferat, "dass die bisherige Korrespondenz zu Irritationen" geführt habe und entschärfte seine Aussagen. Die punktuellen Bodenuntersuchungen, die zur Vorbereitung des Park-Ausbaus gemacht worden seien, seien noch "wenig aussagekräftig". Erst wenn Oberbodenmischproben vorlägen, könne man die Bodenbeschaffenheit richtig einschätzen. In jedem Fall aber seien "auf dem gesamten Gelände umfassende Boden- und Kampfmitteluntersuchungen erforderlich", die mindestens bis April 2019 dauern würden. Ein Umzug des Kindergartens sei also unvermeidlich.

Seitdem ringen die Leute von Nakibo mit den Vertretern der Stadtverwaltung um einen Ausweichstandort. Das Kommunalreferat schlug ein Grundstück um die Ecke an der Spessartstraße vor, das sowohl dem Kindergartenvorstand als auch dem Referat für Bildung und Sport (RBS) als Fachaufsicht zu nah an der Straße liegt. Den Nakibo-Verantwortlichen wäre ein Standort auf dem Gelände des Ökologischen Bildungszentrums (ÖBZ) weiter nördlich an der Englschalkinger Straße viel lieber gewesen, doch da reagierte wiederum die ÖBZ-Leitung zurückhaltend. Sie hatte in den vergangenen Jahren immer wieder mit Anwohner-Beschwerden zu kämpfen. Solche Konflikte befürchtet der Kindergartenvorstand auch für die Alternativvorschläge Pachmayrplatz und Tucheler-Heide-Straße. Den Eltern wäre es am liebsten, sagt Hamacher, wenn die Kinder und ihre Bauwagen einfach auf die benachbarte Schafweide ausweichen und mit dem Fortschritt der Bauarbeiten dann weiterziehen könnten. Nach den Pfingstferien ist nun ein weiterer Ortstermin mit der Stadtverwaltung geplant.

Besonders unglücklich sind die Verantwortlichen aber, "dass die Stadt uns bislang weder einen genauen Zeitplan (unter anderem Baubeginn mit Zeitrahmen) noch eine Zusicherung, dass wir überhaupt wieder zurück zum jetzigen Standort können, abgegeben hat", wie es in einer E-Mail heißt, die den Bezirksausschuss Bogenhausen erreichte. Das Kommunalreferat habe erklärt, es sei nur zuständig, solange am Pühnpark gearbeitet werde, danach übernehme das Baureferat.

Die Stadtviertelvertreter griffen das Anliegen von Nakibo auf. In einem von der CSU formulierten Dringlichkeitsantrag forderten sie in der jüngsten Sitzung für den Naturkindergarten einen Baustellen-Zeitplan und einen Ersatzstandort für die gesamte Bauzeit möglichst nahe am jetzigen Grundstück. Und wenn der Park fertig sei, müsse die Rückkehr an die Neckarstraße gesichert sein. "Die beiden Referate werden sich doch bitte zusammensetzen und eine Zukunftsperspektive für den Verein entwickeln können", forderte Xaver Finkenzeller (CSU).

© SZ vom 04.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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