Tag des offenen Denkmals:Zu Besuch in der Brunnenstube – wo die Münchner sonst ausgesperrt sind

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Wie man sich als römischer Legionär früher fühlte, war in der Alten Münze sehr anschaulich zu erfahren. (Foto: Robert Haas)

Einmal im Jahr öffnen sich für Interessierte meist verschlossene Türen. Am Tag des offenen Denkmals nutzen viele Münchner die Chance auf Einblicke, die sonst nicht zu gewinnen sind.

Von Sabine Buchwald

Ein etwa ein Quadratmeter großes Stück der Steinoberfläche vor dem Schalenbrunnen am Geschwister-Scholl-Platz lässt sich nach oben klappen. Von hier aus geht es in die Tiefe, in die Brunnenstube. Das klingt gemütlicher, als es ist. Denn darunter verbergen sich modernste Technik ebenso wie alte, niedrige Tunnelgänge. Erst im Mai waren die beiden viel fotografierten Wahrzeichen rechts und links der Ludwigstraße nach aufwendigen Restaurierungsarbeiten von ihrer vorübergehenden Behausung befreit worden. Ein Grund, in diesem Jahr die Begehung der Brunnenstube am Tag des offenen Denkmals möglich zu machen.

Jährlich findet dieser Tag bundesweit am zweiten Sonntag im September statt, gut 8000 Denkmäler in ganz Deutschland stehen dann für ein paar Stunden offen. In München sind das viele kirchliche Gebäude. Heuer waren etwa auf dem Gelände der erzbischöflichen Maria-Ward-Schule in Berg am Laim der frisch renovierte Kreuzweg zu sehen oder die alte St.-Martins-Kirche in Moosach. Besonders Familien zog es aber in die Alte Münze im Hofgraben, mitten in der Münchner Altstadt, wo Bayerns Denkmalpfleger ihren Sitz haben. In der königlichen Münzprägeanstalt gab es eine Schnitzeljagd, und in der Restaurierungswerkstatt profunde Antworten auf Fragen wie: Wie geht man heute mit archäologischen Funden um? Wie wird nach neuesten Methoden restauriert?

Wie es in der feuchten Unterwelt der grünen Wasserspender vor der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) aussieht, wissen nun gut 150 Leute. Etwa so viele, schätzt Alfons Lenz, Bereichsleiter im Staatlichen Bauamt München, hat er in den viereinhalb Stunden von halb elf bis 15 Uhr durch die hochgestellte steinerne Klappe gelotst. Vielleicht eine Gelegenheit, die so bald nicht wiederkommt: „Das muss die Universitätsverwaltung entscheiden, denn die Brunnen gehören zur LMU“, sagt er.

Über eine fest verankerte, dennoch wackelige Metallleiter geht es hinab. Zuerst steht man mitten im Technikraum, wo Gerhard Huber neben blitzblanken Rohren und Zylindern wartet. Er hat dort als Fachplaner die technische Erneuerung vorangebracht. Alles ist ausgetauscht, kein erodiertes oder verkalktes Rohr stört mehr den Wasserfluss. 125 Kubikmeter Wasser werden pro Brunnen über Pumpen pro Stunde umgewälzt. Eine Filteranlage, von der zwei Zylinder in Betrieb sind und eine bei Verschmutzung dazugeschaltet werden kann, sorgen für die gewünschte Wasserqualität. Aus Denkmalschutzgründen darf keine Chemie verwendet werden. Bakterien werden mit ultraviolettem Licht minimiert. Das Wasser habe zwar keine Trinkwasserqualität, sagt Huber, aber es sei so sauber wie in den Münchner Schwimmbädern. „Es darf keine Gefährdung davon ausgehen. In der Umgebung der Brunnen atmet man die feinen Tröpfchen ja ein.“

Hannah und Philippa (rechts) konnten unter den Brunnen an der Universität aufrecht stehen. (Foto: Robert Haas)

Ziemlich sinnvoll ist es, dass jeder Brunneninteressierte einen Helm auf den Kopf bekommt. Die Schächte sind eng. Grundschülerinnen wie Hannah und Philippa können aufrecht über den festen Lehmboden gehen, ihre Eltern aber nicht. Die Backsteinwände aus dem Jahr 1840 fühlen sich feucht an. Würde das Mauerwerk austrocknen, schrumpften die Fundamente, erklärt Huber. Die aus Eisen gegossenen Schalenbrunnen, deren Vorbilder auf dem Petersplatz in Rom stehen, kämen womöglich ins Wanken. Die kühlen Wände sind also ein gutes Zeichen, die Mädchen müssen sich nicht fürchten, dass die Brunnen, deren Farbe und geprägte Muster sie „sehr schön finden“, einstürzen. Ja, das Grünspan-Grün. Das ist ein Diskussionsthema der Besucher. Es gefällt nicht jedem: zu leuchtend, zu auffällig, sagen manche.

Unter anderem ums Farbkonzept ging es bei der Führung durch das ehemalige Olympische Dorf. (Foto: Robert Haas)

Über die prägnanten Olympia-Farben von 1972 wird auch bei den Führungen im Olympischen Dorf gesprochen, zu denen sich zwei Ehrenamtliche der dortigen Einwohner-Interessen-Gemeinschaft bereiterklärt haben. Stadtbaurätin Elisabeth Merk und Harald Scharrer, seit 1. Juli der neue Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde, sind gekommen. Sie sei hier, um den engagierten Bewohnern zu danken – und um Scharrer vorzustellen. Er arbeitet bereits seit 2006 für die Behörde, kennt sich bestens aus mit dem Olympiapark und dem Olympischen Dorf. Gut 7300 Menschen, darunter 1500 Studenten, leben hier. Park und Dorf sollen Weltkulturerbe-Stätte werden. Eben nicht nur die Sportorte, sondern das Gesamtkonzept, das immer wieder im Ausland auf Interesse stoße, betont Merk. Die Idee der Wiederverwendung und Nachhaltigkeit habe die Macher der Olympischen Spiele in Paris inspiriert.

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