Den Landtag als Ziel (6):Politiker mit Doppelrolle

Seine Analysen zu Gabriele Pauli sind gefragt: Als Politikprofessor und Landtagskandidat hat Michael Piazolo bei den Freien Wählern gleich zwei Aufgaben.

Julia Häglsperger

In einer Serie porträtiert sueddeutsche.de nicht die aussichtsreichsten Kandidaten für die bayerische Landtagswahl, sondern die, die ein gewisses Etwas haben.

Den Landtag als Ziel (6): Von der Theorie zur Praxis: Politikprofessor Michael Piazolo kandidiert für die Freien Wähler

Von der Theorie zur Praxis: Politikprofessor Michael Piazolo kandidiert für die Freien Wähler

(Foto: Foto: Knoblach/oh)

So politisch wie Michael Piazolo ist kaum jemand. Piazolo sitzt im "Wirtshaus am Färbergraben", nippt an seiner Kirschsaftschorle und wirkt eher wie der nette Nachbar von nebenan. Sympathisch, aber ein wenig unscheinbar. Politiker sehen anders aus.

Der 49-Jährige arbeitet als Professor für europäische Studien an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München und hat zudem noch einen Lehrauftrag an der Hochschule für Politik München. Seit sieben Jahren engagiert er sich bei den Freien Wählern. Er ist Stadtvorsitzender und zugleich Spitzenkandidat für die Landtagswahlen im September. Auf den Wahlplakaten steht: Prof. Dr. Michael Piazolo. Ein Leben, das der Politik gewidmet ist.

Pauli als Chance

Einen, der Politik auch professionell analysieren kann, können sie bei den Freien Wählern derzeit gut gebrauchen. Die ehemalige CSU- Rebellin Gabriele Pauli hat sich den Freien Wählern angeschlossen - und damit mächtig für Wirbel gesorgt, natürlich auch in der Partei.

Piazolo sieht Pauli als große Chance für die Freien Wähler. "Das Medieninteresse ist sicherlich gut für uns", sagt er. Inhaltlich passe Frau Pauli gut zu den Freien Wählern. Auch sie fordert bürgernahe und verständliche Politik, denkt, dass sich die Parteien mehr öffnen sollten. Die Analyse vieler anderer Poltikprofessoren würde sicherlich anders ausfallen.

"Lediglich die Verpackung hat eben so maches Mitglied der Freien Wähler gestört", sagt Piazolo. Ihn können Fotos von einer Landrätin im Latex-Outfit aber nicht schockieren. "Nicht nach 30 Jahren in einer Großstadt wie München." Für ihn zählt, dass Pauli die Aufmerksamkeit auf die Freien Wähler lenkt. Vor den Landtagswahlen ist dies viel wert, damit die Bürger auf die Gruppe aufmerksam werden und auch das Programm kennen lernen.

Politik ist seine Leidenschaft

Politik ist Piazolos Leidenschaft. Bereits als er acht Jahre alt war, begann er, sich für politische Themen zu interessieren. Damals machte sein Vater zu jeder anstehenden Wahl ein familieninternes Quiz. Jeder musste tippen, wer gewinnen würde. Mit einem Schmunzeln erinnert Piazolo sich, dass sein Vater oftmals verlor, weil er nach seinen eigenen Erwartungen wählte. So sah er die CDU immer vorne.

Auch für die Nachrichten im Fernsehen interessierte Piazolo sich schon als Kind. Bilder und Meldungen vom Vietnamkrieg sind noch immer in seiner Erinnerung wach, so intensiv war die Wirkung auf ihn. In der siebten Klasse war er begeistert bei den Diskussionsrunden dabei, in denen er mit seinen Mitschülern über Politik sprach.

Politiker mit Doppelrolle

Nach dem Abitur fiel seine Studienwahl dann jedoch auf Jura. Zum Studieren ging es nach München, da er aus Stuttgart weg wollte. "Das Beste an Stuttgart ist schließlich die Autobahn nach München", erzählt er. Schon während des Jura-Studium gefielen ihm die Vorlesungen, die sich mit Politik beschäftigten, am besten und so beschloss er, nach dem ersten Staatsexamen nun noch Politikwissenschaft zu studieren.

Von der Theorie zur Praxis

Seit sieben Jahren ist er nun Mitglied der Freien Wähler und macht Kommunalpolitik. "So ergänzen sich Theorie und Praxis", sagt Piazolo. Er proftitiert von dieser Wechselbeziehung. Zu den Freien Wählern kam Piazolo zufällig über einen Bekannten. Mittlerweile fühlt er sich aber gut aufgehoben und hat Spaß.

"Die Freien Wähler sind offener als andere Parteien. Es gibt nicht diesen Einheitsbrei", sagt Piazolo. Die Wählergruppe gibt es erst seit zehn Jahren und in München umfasst sie etwa 80 Mitglieder. Dadurch ist es möglich nach kurzer Zeit etwas zu bewirken, man kann schnell etwas neu gestalten. "Man muss sich also nicht erst nach oben plakatieren wie in der CSU."

Bei der Landtagswahl im September wollen die Freien Wähler an die vorangegangenen Erfolge anknüpfen. So hat man bereits das erste Mandat bei einer Stadtratswahl bekommen und auch mit dem Ergebnis bei der OB-Wahl ist man zufrieden. Solche Erfolge beflügeln Piazolo und lassen ihn über die knapp gewordene Freizeit hinwegsehen. Der Beruf und die ehrenamtliche Tätigkeit als Kommunalpolitiker lassen freie Stunden immer weniger werden. "Du mit deinen Freien Wählern", muss sich Piazolo oft von seiner Freundin anhören.

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