Den Landtag als Ziel (2):Ohne Scham, aber mit Willi

Als Gerd Bruckner Der PARTEI beitrat, war er betrunken. Nun ist er Landesvorsitzender und will, dass Roberto Blanco Bundespräsident wird.

Lisa Sonnabend

Noch sechs Wochen bis zu den bayerischen Landtagswahlen. In einer Serie porträtiert sueddeutsche.de nicht die aussichtsreichsten Kandidaten, sondern die, die ein gewisses Etwas haben.

Den Landtag als Ziel (2): "Zacki zacki": Gerd Bruckner hat keine Zeit zu verlieren.

"Zacki zacki": Gerd Bruckner hat keine Zeit zu verlieren.

(Foto: Foto: Sonnabend)

Bevor Gerd Bruckner zu Tagesordnungspunkt elf "Prost und Sonstiges" kommt, müssen erst noch die Formalien erledigt werden. Sechs Mitglieder von Der PARTEI sitzen im Haidhausener Johannis Café. In sieben Wochen bei den Landtagswahlen in Bayern wird Die PARTEI zum ersten Mal antreten. Gerd Bruckner ist Landesvorsitzender und Landtagskandidat.

Mit Kugelschreiber füllt der 50-Jährige ein Formular nach dem anderen aus. Alle Anwesenden haben ein Weißbier oder ein Helles vor sich stehen und reißen Witze, doch Bruckner achtet penibel darauf, dass alles mit rechten Dingen zugeht.

An diesem Abend werden bereits Kandidaten für die Bundestagswahl 2009 bestimmt. "Hast du auch deine zwei Vollmachten mitgebracht, Stefan?", fragt Bruckner streng. "Ok, dann fülle ich das hier noch aus und schon bist du der Bundestagskandidat für Dachau." Schnell noch dem Gekürten eine Deutschlandfahne umgehängt und dann macht Bruckner "zacki zacki" weiter. Es scheint, als gebe es für ihn keine Zeit zu verlieren, damit Die PARTEI nach vorne kommt oder damit endlich Tagesordnungspunkt elf erreicht ist.

Die PARTEI, die 2004 von den Redakteuren des Satire-Magazins Titanic gegründet wurde, wird gerne als Spaßpartei bezeichnet. Bruckner passt wunderbar hier hinein. Er brüllt, läuft im Lokal auf und ab, bezieht die anwesenden Kneipengäste mit ein. "Sie wollen doch schließlich auch nicht, dass man in Deutschland bald fürs Spucken in der Öffentlichkeit mit 15 Jahren Zuchthaus bestraft wird, oder?" Die Antwort eines älteren Mannes: "15 Jahre, so ein Schmarrn." Was bei Der PARTEI Satire und was ernst ist, ist nicht immer leicht zu trennen.

Im Lokal hat Bruckner, der hauptberuflich das Online-Magazin German News herausgibt, einst Plakate aufgehängt, auf denen steht: "Südafrika 2010: Mit zwei Teams zur WM!" Darunter ein Fußballspieler mit Deutschland-Trikot und einer mit dem der DDR. Oder: "Niemand hat die Absicht, das Rauchen zu erlauben! Außer uns."

Bruckner wird nicht müde zu betonen, dass Die PARTEI die einzige Partei in Deutschland gewesen sei, die von Anfang an konsequent gegen ein Rauchverbot war. "Die Grünen dagegen sind fürs Kiffen und gegen das Rauchen", sagt Bruckner. "Die haben doch inzwischen keine Visionen mehr." Für Bruckner sind sie genauso unwählbar geworden wie alle anderen Parteien auch.

Gründe für Die PARTEI dagegen kennt er genug. Auf der Homepage hat er Argumente gesammelt, warum es sich seiner Meinung nach lohnt, Die PARTEI zu unterstützen: Weil Die PARTEI Du sage, wo andere Sie sagen, weil man in keiner Partei einfacher an Titel wie Generalsekretär oder agrarpolitischer Sprecher komme, oder weil die PARTEI "Ja" sage zu Stopp von Atomkraftwerken, Reform des Gesundheitswesens und Roberto Blanco als Bundespräsidenten. PARTEI steht für "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative".

Ohne Scham, aber mit Willi

Bruckner glaubt fest an einen Erfolg Der PARTEI. Fast hat man den Eindruck, er überschätze seine Partei und wird am 28. September um 18 Uhr nur eines sein: enttäuscht.

Nichts deutet mehr darauf hin, dass Bruckner in seiner Jugend CSU-Mitglied war. Nur die Parteifreunde necken ihn noch damit. "Jetzt wollen wir noch eine Rede hören", ruft einer. "Aber nicht wieder drei Stunden wie dein Vorbild Strauß." Und so erhebt sich Bruckner. Den einen Fuß stellt er auf den Stuhl, die Hand stützt er auf einen Pappkarton, auf dem das Konterfei des Schlagersängers Roberto Blanco abgebildet ist. Seine Augen funkeln. Er brüllt fast. "Die Partei hat keine Scham: Wir legen uns nackt an den Flaucher, das traut sich sonst niemand."

An seinem 50. Geburtstag trat Bruckner Der PARTEI bei. Ein Freund hatte ihm eine Anzeige in der Titanic hingelegt: "Mitglieder gesucht, Landesparteitag im Schloss." Bruckner verlegte kurzerhand seine Geburtstagsfeier ins Schloss. "Natürlich war ich beim Parteieintritt ziemlich betrunken", sagt Bruckner. Danach organisierte er den Landesparteitag und wurde zum Landesvorsitzenden gewählt. "Wer etwas macht, wird sofort wer", erklärt Bruckner seinen raschen Aufstieg innerhalb von wenigen Wochen. Fast täglich telefoniert er inzwischen mit Martin Sonneborn, Titanic-Chefredakteur und Bundesvorsitzender.

Und sogar ein Buch hat er geschrieben, mit dem er Leute ermutigen will, politisch aktiv zu werden. "Ich erkläre darin, auf was man achten muss, wenn man eine politische Partei gründet", sagt Bruckner. "Es gibt ja so viele Bürokratiefallen, in die man tappen kann." Das Buch ist 200 Seiten dick, gebraucht hat Brückner dafür zwei Wochen.

Dann ist endlich Zeit für Tagesordnungspunkt elf. "Jetzt gibt es Willi für alle - egal ob Parteimitglied oder nicht", ruft Bruckner und eilt zur Theke. Fünf Minuten später kommt er zurück. "Wir brauchen einen Mitgliedsantrag", sagt Bruckner. Olaf, der Wirt, ist der Partei beigetreten. "Ein echtes Zugpferd, ein richtiger Multiplikator", freut sich Bruckner. "Solche Leute brauchen wir in Der PARTEI."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: