Demografiebericht:München wächst langsamer als gedacht

Demografiebericht: In München wird wegen des Zuzugs viel gebaut.

In München wird wegen des Zuzugs viel gebaut.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Die Stadt München wächst - aber nicht mehr so rasant wie gedacht. Das zeigt der neue Demografiebericht.
  • Demnach erwarten die Statistiker, dass München im Jahr 2040 die Zahl von 1,85 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern erreicht.
  • Der Demografiebericht dient den Behörden als Grundlage, etwa bei der Planung der Infrastruktur.

Von Sebastian Krass

München wächst, allerdings nicht ganz so rasant wie noch vor zwei Jahren prognostiziert: Das ist die wesentliche Erkenntnis aus dem neuen Demografiebericht, den Stadtbaurätin Elisabeth Merk am Donnerstag dem Planungsausschuss des Stadtrats vorgelegt hat. Demnach erwarten die Statistiker, dass München im Jahr 2040 die Zahl von 1,85 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern erreicht.

Im vorangegangen Bericht war diese Marke schon für das Jahr 2035 vorhergesagt worden. Pro Jahr soll die Stadt im Schnitt 0,75 Prozent wachsen, zuletzt war man von 0,89 Prozent ausgegangen. Das Wachstum liegt an zwei Faktoren: der steigenden Geburtenrate und dem nach wie vor starken Zuzug, von dem knapp die Hälfte aus dem Ausland kommt.

Der alle zwei Jahre erscheinende Demografiebericht basiert auf dem Stand der Einwohnerzahl Ende 2017 (1,56 Millionen Menschen) und trifft Prognosen bis zum Jahr 2040. Er dient den Behörden als Grundlage, etwa bei der Planung der Infrastruktur. Der nun vorgelegte Bericht ist der erste Teil, der zweite mit den Prognosen für die Stadtbezirke soll im Sommer erscheinen.

Neben dem Demografiebericht der Stadt gibt es auch die "Regionalisierte Bevölkerungsprognose für Bayern bis 2037" des Landesamtes für Statistik, die auf einer anderen Methodik und Datenbasis beruht. Sie geht für ihren Zeitraum von einem Wachstum von 11,6 Prozent für München aus und liegt damit etwas unter den Prognosen der kommunalen Statistik, deren Prognose bis 2040 ein Wachstum von 18,8 Prozent gegenüber 2017 bedeutet.

Die Prognosen fallen etwas niedriger aus als vor zwei Jahren, weil die Stadt schon zuletzt weniger schnell gewachsen ist. Es gibt aber auch einen Sondereffekt: Im Jahr 2017 hat die Stadt das Melderegister bereinigt, es gab 30 000 "Ausbuchungen", wie es im Bericht heißt. Dadurch war die Einwohnerzahl im Vergleich zu 2016 um 1,1 Prozent gesunken. Die Wachstumsfaktoren wirkten aber gleichzeitig fort.

Die höheren Geburtenzahlen erklären sich dadurch, dass es mehr Münchner in den Altersgruppen gibt, die Familien gründen. Außerdem steigt die Anzahl der Kinder pro Frau. Der Wert liegt bei 1,34. Allerdings rechnen die Statistiker in den nächsten Jahren bei den Geburten mit einer geringeren Steigerung als bisher.

Bei der Zuwanderung aus dem Ausland zeichnet sich ein Wandel ab. Die Zahl der Flüchtlinge aus dem Nahen Osten nimmt ab, "aufgrund veränderter politischer Rahmenbedingungen und nicht, weil sich die Ursachen in den Herkunftsländern geändert hätten", wie es in der Vorlage heißt. Zudem sieht die Stadt bei der Migration aus Ländern mit Eurokrise und den Ländern der EU-Osterweiterung eine "Normalisierung".

Einen leichten Anstieg der Zuzüge habe es wegen der Brexit-Debatte aus Großbritannien gegeben. Größere Wanderungsgewinne erwarten die Statistiker aus Indien und China. Die "Migrationsdynamik" werde zur "maßgebenden Komponente für die zukünftige Entwicklung München", heißt es.

Ein München mit 1,85 Millionen Einwohnern, eine solche Perspektive fand der planungspolitische Sprecher der CSU, Walter Zöller, in der Debatte bemerkenswert, "aber dann lebe ich eh nicht mehr." Zöller ist 79 Jahre alt, 2040 hätte er seinen 100. Geburtstag. Michael Mattar (FDP) wies auf ein Kuriosum in den Prognosen zur Altersstruktur der Stadt hin: "2030 soll es mehr 100-Jährige geben als 2035." Hoffentlich stoße all den Menschen über 90 in diesem Zeitraum nichts zu. Auch Zöller solle sich in Acht nehmen, ergänzte Mattar.

Etwas ernsthafter sprach Mattar dann auch über die aus seiner Sicht direkten Auswirkungen politischer Entscheidungen: etwa den Wegfall der Visumspflicht für Bürger aus Bosnien-Herzegowina. "Von dort kommen inzwischen mehr Menschen als aus Polen." Auch die Zuwanderung aus den Nicht-EU-Staaten Serbien und Ukraine hat zugenommen, seit die Visumspflicht weggefallen ist. Insgesamt hat München einen Ausländeranteil von 27,2 Prozent.

Für Grünen-Fraktionschef Florian Roth zeigt der Bericht vor allem, "dass die Struktur sich ändert: München wird jünger und internationaler. Darauf muss die Stadt sich noch mehr einstellen, das wird noch zu spannenden Debatten führen". Für Brigitte Wolf (Linke) hingegen bedeutet dieser Trend vor allem, "dass Rentner und Familien mit mehreren Kindern wegziehen müssen, weil sie sich München nicht mehr leisten können".

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